Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Band 9, S. 252-264
Dietz Verlag, Berlin/DDR 1960

Karl Marx

Die Kriegsfrage -
Britische Bevölkerungs- und Handelsstatistiken -
Parlamentarisches

Aus dem Englischen.


["New-York Daily Tribune" Nr. 3854 vom 24. August 1853]

<252> London, Freitag, 12. August 1853

Bonaparte entschädigt die französische Marine für die demütigende Lage, in die sie in der Besikabai geraten ist, mit einer Herabsetzung des Tabakpreises für Matrosen, wie wir aus dem heutigen "Moniteur" erfahren. Bonaparte gewann seinen Thron mit Würsten. Warum sollte er nicht versuchen, ihn mit Tabak zu halten? Auf alle Fälle wird die Komplikation im Osten in den Augen der französischen Bauern und der Armee die Demonetisation Louis Bonapartes hervorgerufen haben. Sie haben gelernt, daß der Verlust der Freiheit im eigenen Land nicht durch Gewinn an Ruhm im Ausland wettgemacht wird. Das "Reich aller Ruhmestaten" ist sogar noch tiefer gesunken als das "Kabinett aller Talente".

Den Zeitungen von Konstantinopel, die gerade eingetroffen sind, entnehmen wir, daß das Manifest des Sultans an seine Untertanen am 1. August erschien, daß der russische Konsul in Adrianopel von St. Petersburg die Order erhalten hat, sich aus der Türkei zurückzuziehen, daß die anderen russischen Konsuln gleichartige Befehle erwarten und daß die Zeitungen aus Konstantinopel in den Donaufürstentümern verboten sind. Im "Impartial" von Smyrna vom 1. August steht folgende Meldung über Persien:

"Der Schah von Persien hat, nachdem man ihm auf seine Bitte hin die Korrespondenz zugeleitet hatte, die zwischen der Pforte und dem russischen Kabinett anläßlich der schwebenden Auseinandersetzungen geführt worden war, offiziell erklärt, daß das ganze Recht auf Seiten der Pforte sei und daß er ihr im Falle eines Krieges treu zur Seite stehen werde. Diese Nachricht hat einen großen Eindruck auf den russischen Botschafter in Teheran gemacht, von dem man sagt, daß er seine Pässe verlangen will."

<253> Der Inhalt des Vorschlags, den Rußland gemacht und der der mysteriösen Petersburger Depesche zufolge vom Zaren angenommen wurde, ist Gegenstand von Mutmaßungen in der gesamten europäischen Presse. Die Palmerstonsche "Morning Post" behauptet:

"Am 25. Juli übersandte Herr von Meyendorf seinem kaiserlichen Gebieter nicht etwa die formellen Vorschläge (die auf der Wiener Konferenz angenommen worden waren), sondern einen Bericht über das, was auf der Konferenz vom 24. vor sich gegangen war. Wir haben sicher nicht ganz Unrecht, wenn wir zuversichtlich versichern, daß die Affäre in einer solchen Weise geregelt worden ist, daß die Unabhängigkeit und Integrität des Ottomanischen Reichs unversehrt bleiben. Das Übereinkommen sieht folgendes vor: Reschid Pascha wird an den Grafen Nesselrode eine Note richten, der er die Fermane beilegen wird, in welchen den griechisch-orthodoxen Christen, Untertanen des Sultans, mehr Privilegien gewährt werden, als selbst Rußland für sie erbeten hat. Er wird dem Zaren viele höfliche Dinge sagen und ihn der ausgezeichneten Gesinnung des Sultans gegenüber seinen Untertanen versichern, denen der Sultan gewisse Rechte gewährt hat. Diese Note wird durch einen türkischen Botschafter überreicht werden, und damit wird die Sache erledigt sein. Am 10. September wird der letzte russische Soldat den Pruth überquert haben!"

Andererseits bestätigen private Briefe aus Wien, die auf das Auftauchen von russischen Kanonenbooten oberhalb des Zusammenflusses von Pruth und Donau anspielen, die in meinem letzten Artikel gemachte Feststellung, daß die nach St. Petersburg gesandten Vorschläge überhaupt nicht den Rückzug der russischen Armeen aus den Donaufürstentümern enthalten, daß sie vom österreichischen Kabinett herrühren, um dessen Intervention der britische Botschafter in Wien <Westmoreland> "jener wahre Liebhaber der Harmonie", ersucht hatte, nachdem die englischen und französischen Vorschläge vom Zaren abgelehnt worden waren, und daß sie Rußland die gewünschte Gelegenheit bieten, die Verhandlungen in infinitum <bis ins Endlose> zu verschleppen. Nach der offiziösen Frankfurter "Oberpostamts-Zeitung" hat Rußland Österreich nur erlaubt, die Türkei hinsichtlich seiner eigenen Interessen aufzuklären.

Die kürzlich veröffentlichten Bevölkerungsstatistiken bestätigen den langsamen, aber stetigen Rückgang der Bevölkerung von Großbritannien.

Im zweiten Quartal 1853 betrug

die Anzahl der Todesfälle

107.861

und die Anzahl der Geburten

158.718

Geburtenzunahme in den registrierten Gebieten

50.857

<254> Der Überschuß an Geburten gegenüber den Todesfällen im ganzen Vereinigten Königreich beträgt schätzungsweise

79.800

Anzahl der Auswanderer während dieses Quartals

115.959

Überschuß an Auswanderern gegenüber Geburtenzunahme

36.159

In der letzten Statistik überstieg die Zahl der Auswanderer die der Geburten um nur 30000.

Der Rückgang der Bevölkerung, der durch die Auswanderung hervorgerufen ist, fällt zusammen mit dem beispiellosen Wachstum der Produktivkräfte und des Kapitals. Wenn wir daran denken, daß Pfarrer Malthus der Auswanderung einen solchen Einfluß abspricht und daß er glaubt, mit Hilfe ausgeklügeltster Berechnungen festgestellt zu haben, daß alle Flotten der Welt niemals ausreichen würden für eine Auswanderung solchen Ausmaßes, die die Übervölkerung wesentlich beeinflussen könnte, dann enthüllt sich unseren Augen das ganze Geheimnis der modernen politischen Ökonomie. Es besteht einfach in der Umwandlung veränderlicher gesellschaftlicher Verhältnisse, die einer bestimmten historischen Epoche angehören und einem gegebenen Stand der materiellen Produktion entsprechen, in ewige, allgemeine, unveränderliche Gesetze, in Naturgesetze, wie sie auch von den Ökonomen bezeichnet werden. Die völlige Umwandlung der gesellschaftlichen Verhältnisse, die sich aus den Revolutionen und Evolutionen im Prozeß der materiellen Produktion ergibt, wird von den Vertretern der politischen Ökonomie als bloße Utopie angesehen. Sie sehen die ökonomischen Grenzen einer gegebenen Epoche, aber sie begreifen nicht, daß diese Grenzen selbst begrenzt sind und im Verlauf der geschichtlichen Entwicklung ebenso verschwinden müssen, wie sie von ihr geschaffen wurden.

Der vom Handelsministerium veröffentlichte Bericht über Handel und Schiffahrt für das erste Halbjahr 1853, endend mit dem 5. Juli 1853, zeigt im allgemeinen einen starken Anstieg im Vergleich zu den Angaben über Export, Import und über die Schiffahrt im entsprechenden Zeitraum des Jahres 1852. Der Import von Ochsen, Bullen, Kühen, Kälbern, Schafen und Lämmern ist beträchtlich gestiegen.

Die Gesamteinfuhr an Getreide belief sich im ersten Halbjahr 1852, endend mit dem 5. Juli 1852

auf

2.604.201

Quarter

und in dem entsprechenden Zeitraum von 1853 auf

3.984.374

Quarter

Die Gesamteinfuhr an Mehl und Grütze belief sich im ersten Halbjahr 1852 auf

1.931.363

Quarter

und in dem entsprechenden Zeitraum von 1853 auf

2.577.340

Quarter

<255> Gesamteinfuhr an Kaffee 1852

19.397.185

Pfund

Gesamteinfuhr an Kaffee 1853

21.908.954

Pfund

Gesamteinfuhr an Wein 1852

2.850.862

Gallonen

Gesamteinfuhr an Wein 1853

4.581.300

Gallonen

Gesamteinfuhr an Eiern 1852

64.418.591

Stück

Gesamteinfuhr an Eiern 1853

67.631.380

Stück

Gesamteinfuhr an Kartoffeln 1852

189.410

Zentner

Gesamteinfuhr an Kartoffeln 1853

713.941

Zentner

Gesamteinfuhr an Flachs 1852

410.876

Zentner

Gesamteinfuhr an Flachs 1853

627.173

Zentner

Gesamteinfuhr an Rohseide 1852

2.354.690

Pfund

Gesamteinfuhr an Rohseide 1853

2.909.733

Pfund

Gesamteinfuhr an Baumwolle 1852

4.935.317

Zentner

Gesamteinfuhr an Baumwolle 1853

5.134.680

Zentner

Gesamteinfuhr an Wolle (Schaf und Lamm) 1852

26.916.002

Pfund

Gesamteinfuhr an Wolle (Schaf und Lamm) 1853

40.189.398

Pfund

Gesamteinfuhr an Häuten (gegerbt) 1852

1.075.207

Pfund

Gesamteinfuhr an Häuten (gegerbt) 1853

3.604.769

Pfund

Ein Rückgang ist zu verzeichnen bei Kakao, Guano, Rohzucker, Tee etc.

An Exporten finden wir:

Baumwollwaren im ersten Halbjahr 1852 für

11.386.491

Pfd.St.

Baumwollwaren in der gleichen Periode 1853 für

13.155.679

Pfd.St.

Was Baumwollgarn betrifft - und dasselbe gilt für Leinen- und Seidengarn -, so ist festzustellen, daß die ausgeführte Menge zurückgegangen, daß aber der verzollte Wert beträchtlich angestiegen ist.

Leinenwaren 1852

2.006.951

Pfd.St.

Leinenwaren 1853

2.251.260

Pfd.St.

Seidenwaren 1852

467.838

Pfd.St.

Seidenwaren 1853

806.419

Pfd.St.

Wollwaren 1852

3.894.506

Pfd.St.

Wollwaren 1853

4.941.357

Pfd.St.

Steingutwaren 1852

590.663

Pfd.St.

Steingutwaren 1853

627.218

Pfd.St.

Glaswaren 1852

187.470

Pfd.St.

Glaswaren 1853

236.797

Pfd.St.

Kurz- und Modewaren 1852

884.324

Pfd.St.

Kurz- und Modewaren 1853

1.806.007

Pfd.St.

Eisenwaren und Messerschmiedewaren 1852

1.246.639

Pfd.St.

Eisenwaren und Messerschmiedewaren 1853

1.663.302

Pfd.St.

<256> Maschinen 1852

476.078

Pfd.St.

Maschinen 1853

760.288

Pfd.St.

Eisenbarren, -bolzen und -stangen 1852

1.455.952

Pfd.St.

Eisenbarren, -bolzen und -stangen 1853

2.730.479

Pfd.St.

Schmiedeeisen 1852

696.089

Pfd.St.

Schmiedeeisen 1853

1.187.059

Pfd.St.

Draht 1852

42.979

Pfd.St.

Draht 1853

106.610

Pfd.St.

Hinsichtlich der Einfuhr von Fertigwaren ist der stärkste Anstieg bei Schuhen, Stiefeln und Handschuhen zu verzeichnen, der stärkste Rückgang bei Glaswaren, Uhren, Wollstoffen und indischen Seidenwaren. Hinsichtlich der Ausfuhr ist der Anstieg am stärksten bei Leinen, Seide, Wolle und Metall. Was die Einfuhr von Verbrauchsgütern betrifft, so kann man feststellen, daß, außer bei Getreide und Vieh, der Anstieg in fast allen Artikeln Zeugnis davon ablegt, daß der Verbrauch der höheren und mittleren Klassen in England in viel stärkerem Maße zugenommen hat als der der arbeitenden Klassen. Während sich z.B. der Weinverbrauch verdoppelt hat, ist der Verbrauch an Kakao, Rohzucker und Tee entschieden zurückgegangen.

Von 260 Berichten über die Weizenernten im ganzen Vereinigten Königreich bezeichnen nur 25 die Ernte als gut und reichlich, 30 als durchschnittlich und über 200 Berichte bezeichnen sie als schlecht und unzureichend. Man erwartet, daß die Hafer-, Gersten- und Bohnenernte weniger ungünstig sein wird, da die vielen Niederschläge für sie vorteilhaft waren; aber die Kartoffeln sind in allen Teilen des Landes verdorben. Die Firma J. C. Sturge & Co. äußert in ihrem letzten Zirkular über die Weizenernte:

"Die Weizenernte wird wahrscheinlich insgesamt die am wenigsten ertragreiche seit 1816 überhaupt sein, und wenn die Ernte 1854 keine sehr frühe sein wird, werden wir einen größeren Import an Korn und Brotgetreide aller Arten benötigen als sogar im Jahre 1847 - wahrscheinlich nicht weniger als 1.5000.000 Quarter. Allerdings sind unsere augenblicklichen Preise hoch genug, um Importe in diesem Ausmaße zu veranlassen, wenn nicht Frankreich auf den Getreidemärkten mit uns konkurriert."

Was nun eine sehr frühe Ernte 1854 betrifft, so scheint sehr wenig Aussicht darauf zu bestehen, um so mehr, da die Erfahrung gezeigt hat, daß im allgemeinen schlechte Ernten genauso wie gute Ernten aufeinanderfolgen, und die Aufeinanderfolge von guten Ernten seit 1848 dauerte schon ungewöhnlich lange an. Daß England ein genügendes Angebot an Korn aus dem Ausland haben wird, scheint ziemlich sicher; aber daß die Ausfuhr seiner Industriewaren mit der Einfuhr von Getreide Schritt halten wird, wie die Freihändler <257> hoffen, damit ist nicht zu rechnen. Das wahrscheinliche Überwiegen der Einfuhr über die Ausfuhr wird außerdem von einem Absinken des Verbrauchs von Industriewaren im Inland begleitet sein. Schon jetzt nimmt die Metallreserve in der Bank von England Woche für Woche ab und ist auf 17.739.07 Pfd.St. gesunken.

Das Oberhaus hat in seiner Sitzung vom vergangenen Freitag die Combination of Workmen Bill abgelehnt, die vom Unterhaus angenommen worden war. Diese Bill war nur eine neue Auslegung des alten Combination Act von 1825 und sollte dazu dienen, durch Beseitigung seiner schwerfälligen und doppeldeutigen Terminologie, die Arbeiter auf eine mehr gleichberechtigte Grundlage mit ihren Unternehmern zu stellen, soweit es die Gesetzlichkeit ihres Zusammenschlusses betrifft. Die gefühlvollen Lords, die sich darin gefallen, die Arbeiter als ihre ergebenen Diener zu betrachten, sind immer dann aufgebracht, wenn jener Mob für sich Rechte verlangt anstatt Mitgefühl. Die sogenannten radikalen Blätter haben natürlich eifrigst diese Gelegenheit ergriffen, um die Lords als "Erbfeinde" der Proletarier zu brandmarken. Ich bin weit davon entfernt, das in Abrede zu stellen. Aber schauen wir uns diese Radikalen einmal an, diese "natürlichen Freunde" der Arbeiter. Ich erwähnte in einem früheren Artikel, daß die Spinnmeister und Fabrikanten von Manchester eine Vereinigung zustande brachten, um den Forderungen ihrer Arbeiter Widerstand zu bieten. Diese Vereinigung nennt sich selbst eine "Assoziation zum Zwecke der Unterstützung der Industrie bei der Regulierung der Bewegung unter den Arbeitern im Distrikt von Manchester". Sie gibt vor, für die folgenden Zwecke gebildet worden zu sein.

"1. Für die Festsetzung von Löhnen für verschiedene Tätigkeiten, die mit Spinnen und Weben verbunden sind, ähnlich denen, die in anderen Bezirken der Baumwollindustrie gezahlt werden.

2. Um ihren Mitgliedern bei der Zahlung dieser Löhne gegenseitigen Schutz zu gewähren, wenn ihnen seitens der von ihnen beschäftigten Arbeiter Widerstand gebeten wird.

3. Um den Arbeitern selbst den Vorteil einheitlicher angemessener Löhne zu sichern, die ihnen entsprechend den Löhnen in der ganzen Stadt und ihrer Umgebung zu zahlen sind."

Um diese Ziele zu erreichen, haben sie beschlossen, durch die Bildung von örtlichen Assoziationen der Spinnmeister und Fabrikanten eine vollständige Organisation mit einem zentralen Komitee aufzubauen.

<258> "Sie werden sich allen Forderungen, die von Assoziationen der Fabrikarbeiter gestellt werden, widersetzen, da jegliches ihnen gemachte Zugeständnis den Interessen der Arbeitgeber, der Arbeiter und der Industrie überhaupt schaden würde."

Sie werden nicht zulassen, daß die von ihnen selbst und für sie selbst errichtete Organisation durch eine ähnliche Organisation, die ihre Arbeiter geschaffen haben, unwirksam wird. Sie beabsichtigen, das Monopol des Kapitals durch das Monopol auf Zusammenschluß zu verstärken. Sie wollen als eine Assoziation ihre Bedingungen diktieren, die Arbeiter aber sollen ihnen nur als Einzelperson entgegentreten können. Sie wollen in einer geschlossenen Schlachtordnung angreifen, andererseits soll man ihnen nur im Einzelgefecht gegenübertreten. Das ist "fairer Wettstreit", wie er von den Manchester Radikalen und den so musterhaften Freihändlern verstanden wird.

In seiner Sitzung vom 9. August hatte das Oberhaus über das Schicksal der drei Irlandgesetze zu entscheiden, die das Unterhaus nach zehnmonatiger Beratung angenommen hatte, nämlich die Landlord and Tenant Bill <Gesetz zur Regelung des Verhältnisses zwischen Grundherren und Pächtern>, welche die Gesetze über die Hypotheken beseitigt, die gegenwärtig eine unüberwindliche Schranke für den wirksamen Verkauf der kleineren Grundstücke bilden, die nicht unter den Encumbered Estates Act <Gesetz über die belasteten Grundstücke> fallen; die Leasing Powers <Gesetz über die Verpachtungsbefugnisse>, die mehr als 60 Parlamentsbeschlüsse ergänzt und zusammenfaßt, welche verbieten, Pachtverhältnisse für die Dauer von 21 Jahren einzugehen, die die Entschädigung von Pächtern für von ihnen vorgenommene Verbesserungen in allen Fällen regelt, in denen entsprechende Verträge bestehen, und die das System der Weiterverpachtung verbietet; und schließlich die Tenant's Improvement Compensation Bill <Pächterentschädigungsgesetz>, die die Auszahlung einer Entschädigung für Verbesserungen in solchen Fällen vorsieht, wenn sie der Pächter ohne einen entsprechenden Vertrag mit dem Grundbesitzer vorgenommen hat, und die eine Klausel für die rückwirkende Anwendung dieses Gesetzes enthält. Das Oberhaus konnte natürlich nichts gegen eine Einmischung des Parlaments in die Verhältnisse von Grundbesitz und Pächter einwenden, da es selbst seit der Zeit Eduards IV. bis auf den heutigen Tag die Gesetzessammlungen mit gesetzgebenden Akten, die die Beziehungen zwischen Grundbesitzer und Pächter regeln, belastet hat und da überhaupt seine ganze Existenz sich auf Gesetze gründet, die sich mit dem Grundbesitz befassen, wie z.B. das Gesetz über den Erbbesitz. Diesmal ließen sich die <259> edlen Lords, die als Richter in eigener Sache berieten, zu einer Leidenschaftlichkeit hinreißen, die für dieses Invalidenhospital ganz erstaunlich ist.

"Solch ein Gesetz", rief der Earl von Clanricarde aus, "wie die Pächterentschädigungsbill, solch eine völlige Verletzung und Mißachtung aller Verträge sei niemals zuvor - so glaube er - dem Parlament unterbreitet worden, noch habe er je von einer Regierung gehört, die sich erlaubt habe, solch eine Maßnahme vorzuschlagen wie die in der Rückwirkungsklausel des Gesetzes enthaltene."

Die Lords gingen so weit, der Krone mit dem Bruch ihres feudalen Treueids zu drohen und ihr eine Gutsbesitzerrebellion in Irland in Aussicht zu stellen.

"Die Frage", bemerkte der gleiche Edelmann, "berühre fast die ganze Frage der Loyalität und des Vertrauens der Grundeigentümer in Irland zur Regierung Englands. Wenn sie den Grundbesitz in Irland in einer solchen Weise behandelt sähen, möchte er gern wissen, was ihre Treue zur Krone und ihre Ergebenheit in ihre Oberhoheit sichern solle."

Sachte, Mylord, sachte! Was kann denn ihre Ergebenheit in die Oberhoheit der Krone sichern? Ein Friedensrichter und zwei Gendarmen. Eine Rebellion der Gutsbesitzer in Großbritannien! Ist jemals ein ungeheuerlicherer Anachronismus geäußert worden? Aber die armen Lords leben seit langem nur von Anachronismen. Sie müssen sich natürlich gegenseitig ermutigen, um sich dem Unterhaus und der öffentlichen Meinung zu widersetzen.

"Mögen ihre Lordschaften", sagte der alte Lord St. Leonards, "nicht unvollkommene Maßnahmen wie diese beschließen, um das zu vermeiden, was ein Zusammenstoß mit dem anderen Haus genannt wurde, oder um sich beliebt zu machen, oder auf Grund eines Druckes von außen."

"Ich gehöre keiner Partei an", rief der Earl of Roden aus, "aber ich bin am Wohlergehen Irlands außerordentlich interessiert."

Mit andern Worten, seine Lordschaft nimmt an, daß Irland am Wohlergehen des Earl of Roden höchst interessiert ist. "Das ist kein Anliegen einer Partei, sondern ein Anliegen aller Lords", lautete der einstimmige Ruf des Hauses. Und das stimmt. Aber zwischen beiden Parteien, den Whig-Lords und Tory-Lords, den Koalitions-Lords und den Oppositions-Lords, hat von Anfang an ein stillschweigendes Einvernehmen bestanden, besagte Gesetzesvorlagen durchfallen zu lassen, und die ganze stürmische Debatte war lediglich eine Farce, die für die Zeitungsreporter aufgeführt wurde.

Das wird offensichtlich, wenn wir uns daran erinnern, daß die Gesetzesvorlagen, die Gegenstand so heftiger Debatten waren, nicht vom Koalitionskabinett stammen, sondern vom Kronanwalt für Irland im Kabinett Derby, <260> Herrn Napier, und daß die Tories bei den letzten Wahlen in Irland sich auf die Gesetzesvorlagen beriefen, die von ihnen eingebracht worden waren. Die einzige wesentliche Änderung, die vom Unterhaus an den von der Tory-Regierung eingeführten Maßnahmen vorgenommen wurde, bestand darin, daß die Ernte auf dem Halm von einer Verpfändung ausgenommen wurde. "Die Gesetze sind nicht die gleichen", rief der Earl of Malmesbury aus und fragte den Herzog von Newcastle, ob er ihm nicht glaube. "Natürlich nicht", antwortete der Herzog. "Aber wessen Worten würden Sie dann glauben?" "Denen des Herrn Napier", erwiderte der Herzog. "Nun gut", sagte der Earl, "hier ist ein Brief von Herrn Napier, der besagt, daß die Gesetze nicht die gleichen sind." "Aber hier ist ein anderer Brief von Herrn Napier", entgegnete der Herzog, "in dem steht, daß es doch die gleichen sind."

Wenn die Tories an der Macht geblieben wären, hätten die Koalitions-Lords gegen die Irlandgesetze gestimmt. Da aber die Koalition an der Macht war, fiel den Tories die Aufgabe zu, gegen ihre eigenen Maßnahmen aufzutreten. Die Koalition, die diese Gesetzentwürfe von den Tories übernommen und die irische Partei in ihr eigenes Kabinett eingeführt hatte, konnte natürlich nicht im Unterhaus gegen die Gesetze stimmen, aber sie war überzeugt davon, daß sie im Oberhaus zu Fall kommen würden. Der Herzog von Newcastle leistete schwachen Widerstand, aber Lord Aberdeen erklärte sich damit einverstanden, daß die Gesetze formal in zweiter Lesung durchgingen, d.h. faktisch für diese Session unbeachtet blieben. So geschah es auch. Lord Derby, Chef des vorherigen Ministeriums, und Lord Lansdowne, dem Namen nach Präsident des gegenwärtigen Ministeriums, gleichzeitig auch einer der größten Grundeigentümer in Irland, richteten es klugerweise so ein, daß sie infolge Unpäßlichkeit nicht anwesend sein konnten.

Am selben Tage brachte das Unterhaus das Gesetz über die Mietdroschkensteuer durch die dritte Lesung, wobei es die offiziellen Preisbestimmungen vom 14. Jahrhundert erneuerte und die von Herrn F. Scully eingebrachte Klausel annahm, die Streiks von Droschkenbesitzern gesetzlichen Strafen unterwirft. Wir wollen jetzt nicht die Frage der staatlichen Einmischung in private Belange entscheiden. Wir wollen nur feststellen, daß dies in einem Freihandelsparlament vor sich ging. Allerdings heißt es, daß es im Mietdroschkengewerbe ein Monopol gibt und keine freie Konkurrenz. Das ist eine merkwürdige Logik. Zuerst unterwirft man ein bestimmtes Gewerbe einer Steuer, die Lizenz genannt wird, und besonderen Polizeiverordnungen, und dann stellt man fest, daß infolge gerade dieser ihm auferlegten Lasten das Gewerbe seinen Freihandelscharakter verliert und in ein Staatsmonopol umgewandelt wird.

<261> Das Deportationsgesetz ist ebenfalls durch die Ausschußsitzung gegangen. Abgesehen von einer geringen Anzahl von Sträflingen, die weiterhin nach Westaustralien deportiert werden sollen, wird durch dieses Gesetz die Strafdeportation abgeschafft. Nach einer gewissen Zeit anfänglicher Inhaftierung sollen die Straffälligen in Großbritannien vorzeitig bedingungsweise entlassen werden, was allerdings widerrufen werden kann, und sollen dann bei öffentlichen Arbeiten beschäftigt werden zu Löhnen, die von der Regierung festzusetzen sind. Der menschenfreundliche Zweck der letzteren Klausel ist die Schaffung eines künstlichen Überschusses auf dem Arbeitsmarkt, indem man Zwangsarbeit und freie Arbeit miteinander konkurrieren läßt; die gleichen Philanthropen verbieten den Paupern aus den Arbeitshäusern jegliche produktive Arbeit aus Furcht, dadurch dem privaten Kapital eine Konkurrenz zu schaffen.

Die Londoner "Press", eine Wochenschrift, von Herrn Disraeli gelenkt, und sicherlich das bestinformierte Blatt soweit es um ministerielle Geheimnisse geht, stellte am vergangenen Sonnabend, und folglich vor dem Eintreffen der Petersburger Depesche, folgende kuriose Behauptung auf:

"Wir wissen, daß die Minister in ihren privaten und vertraulichen Kreisen erklären, es bestehe nicht nur jetzt keine Kriegsgefahr, sondern diese Gefahr sei, wenn sie überhaupt jemals existiert habe, schon seit langem beseitigt. Es scheint, daß die formell nach St. Petersburg gesandten Vorschläge vorher vom Kaiser gebilligt worden waren; und während die britische Regierung der Öffentlichkeit gegenüber einen Ton anschlägt, der auf den Handel des Landes einen verderblichen Einfluß ausübt, tut sie im vertrauten Kreise die Panik als eine Finte ab, gießt sie ihren Spott über jeden aus, der auch nur den Gedanken hegt, daß jemals irgendeine Macht den Krieg ernstlich in Erwägung gezogen hat, und spricht von dem in Frage stehenden Mißverständnis, als einer Angelegenheit, die in diesen drei Wochen geregelt worden sei. Was bedeutet das alles, wo steckt das Geheimnis dieses ganzen Verhaltens? ... Die Vorschläge, die jetzt in St. Petersburg sind und die vom Kaiser gebilligt worden waren, bevor sie nach St. Petersburg geschickt wurden, enthalten ein völliges Zugeständnis der Türkei an Rußland bezüglich all jener Forderungen, deren bisherige Ablehnung den gegenwärtigen Krieg zwischen diesen beiden Ländern verursacht hatte. Die Pforte hatte sich jenen Forderungen widersetzt auf den Rat und das spezielle Betreiben von England und Frankreich hin. Auf den Rat und das spezielle Betreiben Englands und Frankreichs soll die Pforte jetzt, entsprechend diesem Plan, jenen Forderungen nachkommen. Der Form nach bestehen zwar einige Änderungen, aber im wesentlichen bleibt alles beim alten. Der Kaiser von Rußland, der faktisch sein Protektorat über die große Masse der Bevölkerung der europäischen Türkei errichtet, soll erklären, daß er mit dieser Handlungsweise die souveränen Rechte des Sultans nicht anzufechten beabsichtige. Welch großmütiges Zugeständnis!"

<262> Die Königswürde wird in Großbritannien für eine lediglich nominelle Macht gehalten, eine Annahme, die den Frieden erklärt, den alle Parteien mit ihr halten. Fragte man einen Radikalen, warum seine Partei davon Abstand nehme, die Vorrechte der Krone anzugreifen, so würde er antworten: sie ist ein bloßes Staatsdekorum, um das wir uns nicht kümmern. Er würde einem erzählen, daß Königin Victoria es nur einmal gewagt habe, einen eigenen Willen zu haben, bei der berühmten Kammerzofen-Katastrophe, als sie darauf bestand, ihre weibliche Whig-Entourage zu behalten, aber gezwungen wurde, Sir Robert Peel nachzugeben und sie zu entlassen. Verschiedene Umstände jedoch, die mit der orientalischen Frage zusammenhängen - die unbegreifliche Politik des Ministeriums, die Enthüllungen der ausländischen Presse und die ununterbrochene Ankunft von russischen Großfürsten und Fürstinnen zu einem Zeitpunkt, da man England am Vorabend eines Krieges mit dem russischen Autokraten wähnte -, haben das Gerücht bestätigt, daß während der ganzen Krise im Osten eine Hofverschwörung mit Rußland bestanden habe, die den guten alten Aberdeen im Amt unterstützte, das prahlerische Bündnis mit Frankreich unwirksam machte und die die Maßnahmen vereitelte, die man offiziell gegen die russischen Eingriffe eingeleitet hatte. Es wird auf die portugiesische Konterrevolution hingewiesen, die ausschließlich im Interesse der Coburger durch eine englische Flotte unterstützt wurde. Es wird wiederholt, daß auch Lord Palmerston als Folge von Hofintrigen aus dem Ministerium des Auswärtigen entlassen wurde. Es wird auf die berüchtigte Freundschaft zwischen der Königin Victoria und der Herzogin von Orléans angespielt. Man erinnert sich, daß der Prinzgemahl <Prinz Albert> ein Coburger ist, daß der Onkel der Königin <Leopold I.> ein weiterer Coburger ist, der als König von Belgien und als Schwiegersohn von Louis-Philippe an dem Sturz Bonapartes höchst interessiert ist und der durch die Heirat seines Sohnes mit einer österreichischen Erzherzogin offiziell in den Kreis der Heiligen Allianz aufgenommen wurde. Schließlich wird der Empfang, den man den russischen Gästen in England bereitete, der Inhaftierung und den Schikanen gegenübergestellt, die englischen Reisenden kürzlich in Rußland widerfuhren.

Vor einigen Wochen brandmarkte das Pariser "Siècle" den englischen Hof. Eine deutsche Zeitung widmete sich der Verschwörung Coburg-Orléans, die wegen der Dynastie-Interessen von König Leopold und Prinz Albert dem englischen Kabinett eine Richtung in der Politik aufgezwungen hat, die den westlichen Nationen gefährlich ist, und die die geheimen Absichten Rußlands <263> begünstigt. Die Brüsseler "Nation" enthielt einen langen Bericht über eine Kabinettsberatung in London, auf der die Königin offiziell erklärt hatte, daß Bonaparte durch seine Ansprüche auf die Heiligen Stätten der einzige Anlaß zu den gegenwärtigen Komplikationen gewesen sei, daß der Kaiser von Rußland weniger die Türkei demütigen wolle als vielmehr seinen französischen Rivalen und daß sie niemals einem Kriege mit Rußland für die Interessen eines Bonaparte ihre königliche Zustimmung geben werde.

Auf diese Gerüchte ist vorsichtig im "Morning Advertiser" angespielt worden, und sie haben in der Öffentlichkeit ein lautes, in den Wochenschriften ein vorsichtiges Echo gefunden.

"Ohne zu ausführliche Mutmaßungen anzustellen", heißt es im "Leader", "wollen wir einfach die Tatsachen betrachten. Großfürstin Olga ist mit ihrem Gatten und ihrer Schwester, der Herzogin von Leuchtenberg, der diplomatischsten Tochter des Kaisers, nach England gekommen. Sie wurde von Baron Brunnow empfangen, bei Hof sofort willkommen geheißen und ist von den Repräsentanten der vornehmsten englischen Gesellschaft, unter ihnen Lord Aberdeen, umgeben."

Selbst der "Examiner", die beste der erstklassigen Wochenzeitungen Londons, gibt die Ankunft dieser Gäste unter der lakonischen Überschrift "Noch mehr Russen" bekannt. In einem seiner Leitartikel finden wir die Bemerkung:

"Es gibt heute nicht den geringsten Grund, warum die Friedensgesellschaft nicht wieder in der Öffentlichkeit erscheinen sollte, und zwar in der bewährtesten Form, unter der Schirmherrschaft seiner Königlichen Hoheit, des Prinzen Albert."

Eine unmittelbarere Anspielung ist in einer Zeitschrift vom Range des "Examiner" nicht möglich. Sie beschließt den Artikel, aus dem ich zitiere, mit einer Gegenüberstellung der englischen Monarchie mit der transatlantischen Republik:

"Wenn die Amerikaner danach streben sollten, den Platz einzunehmen, den wir einst in Europa einnahmen, so ist das nicht unsere Sache. Mögen sie augenblicklich die Ehre und schließlich den Vorteil Einheimsen, das Völkerrecht durchgesetzt zu haben, und als Beschützer der Schwachen gegenüber den Starken geehrt werden. England ist zufrieden, vorausgesetzt, daß die Konsols pari stehen und daß seine eigenen Küsten gegen jeden plötzlichen Angriff einer ausländischen Armee gesichert sind."

Bei einer Abstimmung um die Bewilligung von 5.820 Pfd.St. für das laufende Jahr, das mit dem 31. März 1854 endet, zur Deckung der Ausgaben für Anlagen, Instandsetzungen, Einrichtung etc. in der Residenz des britischen Botschafters in Paris, fragte Herr Wise an, was aus den 1.100 Pfd.St. geworden sei, die in den letzten 30 Jahren jährlich bewilligt worden waren, <264> um die Residenz des britischen Botschafters in Paris instand zu halten. Sir William Molesworth war gezwungen, zuzugeben, daß die staatlichen Mittel mißbraucht worden seien und daß nach Meinung des von der Regierung nach Paris gesandten Architekten Albano die Residenz des britischen Botschafters in einem völlig verwahrlosten Zustand sei. Die Veranda um das Haus sei eingefallen; die Mauern seien im Verfall begriffen; das Haus sei seit mehreren Jahren nicht gestrichen worden; die Treppen seien unsicher; die Senkgruben strömten einen äußerst widerwärtigen Geruch aus; die Zimmer seien voller Ungeziefer, das über die Tische liefe, und die Möbel und Vorhänge seien voller Maden, während die Teppiche von Hunden und Katzen verunreinigt seien.

Lord Palmerstons Bill zur Beseitigung der Rauchplage ist durch eine zweite Lesung gegangen. Wenn diese Maßnahme erst einmal durchgeführt ist, wird die Hauptstadt ein neues Aussehen gewinnen, und in London wird es, abgesehen vom Oberhaus und Unterhaus, keine schmutzigen Häuser mehr geben.

Karl Marx