Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Band 9, S. 302-311
Dietz Verlag, Berlin/DDR 1960

Karl Marx

[Die Wiener Note -
USA und Europa -
Briefe aus Schumla -
Robert Peels Bank Act]

Aus dem Englischen.


["New-York Daily Tribune" Nr. 3881 vom 24. September 1853]

<302> London, Freitag, 9. September 1853

Als ich Ihnen in meinem Artikel vom 30. August mitteilte, daß die Wiener Note von der Pforte deshalb "zurückgewiesen" worden sei, weil die von ihr geforderten Abänderungen und die Bedingung der sofortigen und vorausgehenden Räumung nicht anders verstanden werden können als eine Zurückweisung der Anmaßungen Rußlands, befand ich mich im Gegensatz zu der gesamten Presse, die versicherte, daß die Änderungen unbedeutend und nicht der Rede wert seien und daß man die ganze Angelegenheit als beigelegt betrachten könne. Einige Tage später erschreckte der "Morning Chronicle" die vertrauensvollen Börsenmakler mit der Verkündigung, daß die von der Pforte vorgeschlagenen Abänderungen sehr ernsthafter Natur und keineswegs leicht zu nehmen wären. In diesem Augenblick gibt es nur eine Ansicht, nämlich die, daß die ganze orientalische Frage wieder bei ihrem Ausgangspunkt angelangt sei. Dieser Eindruck kann in keiner Weise durch die in der gestrigen Presse erfolgte Veröffentlichung des vollen Wortlauts der offiziellen Note Reschid Paschas an die Vertreter Österreichs, Frankreichs, Großbritanniens und Preußens vom 19. August 1853 abgeschwächt werden.

Es besteht nicht der geringste Zweifel, daß der russische Kaiser die türkischen "Abänderungen" ablehnen wird. Wir sind durch die "Assemblée nationale", diesen Pariser "Moniteur" des russischen Kaisers, bereits informiert, daß

<303> "nach der heute in Paris eingegangenen Korrespondenz die ersten Eindrücke, welche die von der Pforte vorgeschlagenen Modifikationen beim Kabinett in St. Petersburg hervorriefen, keineswegs günstig waren. Welchen Beschluß dieses Kabinett auch fassen sollte, wir müssen darauf vorbereitet sein, ihn gelassen aufzunehmen und unsere Befürchtungen zu unterdrücken. Wir müssen in Betracht ziehen, daß, selbst wenn das russische Kabinett die vorgeschlagenen Abänderungen der Note ablehnen sollte, die Möglichkeit neuer Verhandlungen in Konstantinopel bleibt."

Die in diesem letzten Wink enthaltene Andeutung, daß Rußland versuchen wird, einen neuen Aufschub für die Entscheidung dieses Streites zu erlangen, wird durch die Berliner "Litographische Correspondenz" bestätigt:

"Die österreichische Regierung hat Kaiser Nikolaus ein Memorandum vorgelegt, das neue Änderungsvorschläge enthält, und es übernommen, die Krise auf eine Weise zu beenden, die von allen bisherigen Versuchen völlig abweicht."

In einem von dem Wiener "Wanderer" veröffentlichten Artikel aus Odessa vom 26. August wird erklärt, daß die Lösung der orientalischen Frage "nicht so naheliegend sei, wie es einige Leute erwartet hätten; die Rüstungen wären nicht einen Tag eingestellt worden, und die Armee in den Donaufürstentümern erhalte fortwährend neuen Zuwachs". Der Kronstädter "Satellit" bestätigt ausdrücklich, daß die russischen Truppen ihre Winterquartiere in den Donaufürstentümern aufschlagen werden.

Eine aus Washington kommende Note hätte in Europa kaum eine größere Sensation hervorrufen können als Ihre redaktionellen Bemerkungen über Hauptmann Ingraham. Sie haben mit und ohne Kommentar ihren Weg fast in die gesamte Wochenpresse Londons gefunden, in viele französische Zeitungen, in die Brüsseler "Nation", den Turiner "Parlamento", die "Basler Zeitung" und in jedes liberale Blatt Deutschlands. Da Ihr Artikel über das schweizerisch-amerikanische Bündnis gleichzeitig in einer Anzahl deutscher Blätter wiedergegeben wurde, können Sie den folgenden Auszug aus einem Artikel der Berliner "Litographischen Correspondenz" als teilweise an Sie adressiert betrachten:

"Seit einiger Zeit hat die Presse verschiedentlich Anlaß gehabt, sich über die Theorie der Vereinigten Staaten in bezug auf Intervention zu äußern. Erst vor kurzem hat die Koszta-Affäre in Smyrna die Diskussion erneuert, und diese Affäre ist noch nicht beigelegt, da stellen bereits ausländische und inländische Journale eine Intervention der Vereinigten Staaten zugunsten der Schweiz in Aussicht, wenn ihr ein Angriff drohen sollte. Wir erfahren heute, daß einige Mächte die Absicht haben, eine gemeinsame Erklärung gegen die von den Vereinigten Staaten vorgebrachte Doktrin des <304> Völkerrechts abzugeben, und wir dürfen hoffen, daß diese Kabinette zu einem völligen Einverständnis kommen werden. Wenn die amerikanische Interventionstheorie nicht entschlossen widerlegt wird, würde die Ausrottung des revolutionären Geistes in Europa auf ein unüberwindliches Hindernis stoßen. Wir können als wichtige Tatsache hinzufügen, daß Frankreich zu den Mächten gehört, die bereit sind, sich an dieser Remonstration zu beteiligen."

Der "Constitutionnel" vom vergangenen Dienstag bemüht sich sehr, keinen Zweifel über diesen letzterwähnten Punkt zu lassen, wenn er sagt:

"Man muß in allen Dingen offen sein. Koszta wird nicht als ein Bürger der Vereinigten Staaten von den Vertretern der amerikanischen Republik gegen Österreich verteidigt, sondern als ein Revolutionär. Doch wird keine europäische Macht es jemals als ein Prinzip des Völkerrechts anerkennen, daß die Regierung der Vereinigten Staaten dazu berechtigt sei, die Revolution in Europa mit Waffengewalt zu verteidigen. Auf keinen Fall würde geduldet werden, einer Regierung bei der Ausübung ihrer Rechtsprechung Hindernisse in den Weg zu legen, unter dem lächerlichen Vorwand, daß die Rechtsverletzer ihre Staatsangehörigkeit aufgegeben haben, in Wirklichkeit aber, weil diese gegen die politische Ordnung ihres Landes revoltieren. Die Flotte der Vereinigten Staaten würde nicht immer einen so leichten Triumph erringen, und ein so halsstarriges Verhalten, wie das des Kapitäns der St. Louis, könnte bei anderen Anlässen sehr unheilvolle Folgen haben."

Der "Impartial" aus Smyrna, der heute eintraf, veröffentlicht die folgenden interessanten Briefe aus Schumla:

"Schumla, 8. August 1853

Der Oberbefehlshaber Omer Pascha hat seine Truppen so geschickt aufgestellt, daß er bei der ersten Notwendigkeit innerhalb von 24 Stunden an jeder Stelle der Donau ein Heer von 65.000 Mann Infanterie und Kavallerie und 180 Geschützen konzentrieren kann. Ein Brief, den ich aus der Walachei erhalten habe, berichtet, daß der Typhus in der russischen Armee furchtbare Verheerungen anrichtet und daß sie seit Beginn der Kampagne nicht weniger als 13.000 Mann verloren hat. Man ist bemüht, die Toten nachts zu begraben. Auch unter den Pferden ist die Sterblichkeit sehr groß. Unsere Armee erfreut sich bester Gesundheit. Russische Abteilungen von 30 bis 60 Soldaten, in moldauische Uniformen gekleidet, erscheinen von Zeit zu Zeit auf dem gegenüberliegenden Ufer der Donau. Unser General ist über alle ihre Bewegungen informiert. Gestern sind 1.000 römisch-katholische Albanier eingetroffen. Sie bilden den Vortrupp eines 13.000 Mann starken Korps, das umgehend erwartet wird. Es sind Scharfschützen. Gestern sind auch 3.000 Reiter eingetroffen, alles alte Soldaten, ausgezeichnet bewaffnet und ausgerüstet. Die Anzahl unserer Truppen wächst mit jedem Tage.

Achmed Pascha ist gestern nach Varna abgereist; dort will er auf die ägyptischen Kräfte warten, um sie an die Stellen zu weisen, die sie besetzen sollen."

<305> "Schumla, Freitag, 12. August 1853

Am 9. August sind zwei Regimenter Infanterie und eine Batterie leichter Artillerie, zu den Garden des Sultans gehörend, nach Rasgrad aufgebrochen. Am 10. August bekamen wir die Nachricht, daß 5.600 Russen am Ufer der Donau in der Nähe des Hafens von Turtukai ihr Lager aufgeschlagen haben, wodurch die Vorposten der beiden Armeen nur auf Gewehrschußweite voneinander entfernt sind. Der tapfere Oberst Iskender Beg hat sich mit mehreren Offizieren nach jener Stelle begeben. Omer Pascha hat telegraphische Verbindung hergestellt, um jederzeit bei Tag und Nacht in der Lage zu sein, dem Hauptquartier übermitteln zu können, was an jedem Punkte des Flusses vor sich geht.

Wir haben einige Tage anhaltendes Regenwetter gehabt, doch die Befestigungsarbeiten wurden nichtsdestoweniger mit großer Aktivität fortgesetzt. Zweimal am Tag, bei Sonnenaufgang und bei Sonnenuntergang, wird ein Kanonensalut abgefeuert. Nichts dergleichen hören wir vom gegenüberliegenden Ufer des Flusses.

Nachdem ihre Quarantänezeit in Konstantinopel beendet ist, werden die ägyptischen Truppen nach Varna verschifft, von wo sie nach Babedag geleitet werden. Der Brigadegeneral Izzet Pascha erwartet sie dort. In dem Gebiet von Dobrudscha-Ovasi haben sich 20.000 Tataren versammelt, um an dem Krieg gegen die Russen teilzunehmen. Es handelt sich zum größten Teil um ehemalige Emigranten, welche die Krim verlassen hatten, als sie von den Russen erobert wurde. Die ottomanische Armee, deren Stärke durch die Ankunft neuer regulärer und irregulärer Truppen von Tag zu Tag zunimmt, ist der Untätigkeit müde und brennt darauf, in den Krieg zu ziehen. Es ist zu befürchten, daß wir an einem der nächsten Tage, ohne höheren Befehl, einen Übergang über die Donau erleben werden, besonders jetzt, da die Gegenwart der Russen, die sich auf dem anderen Ufer zeigen, zu der Erregung beiträgt. Mehrere Ärzte, Muselmanen und Christen, sind vor einigen Tagen aufgebrochen, um nach europäischem Muster Militärlazarette in Plewna, Rasgrad, Widdin und Silistria einzurichten. Am 11. trafen aus Varna zwei höhere englische Offiziere ein. Sie hatten eine lange Audienz bei Omer Pascha und besichtigten, von mehreren türkischen Offizieren begleitet, die Befestigungen. Sie haben sie in einem ausgezeichneten Verteidigungszustand vorgefunden, mit ausreichenden Pulverkammern, Backöfen, Frischwasserreservoiren usw. versorgt. Alle diese Befestigungen sind sehr stabil angelegt. Unter unseren Truppen herrscht strengste Disziplin."

"Schumla, Montag, 15. August 1853

Am 13. traf der englische General O'Donnell aus Konstantinopel ein. Er hatte eine zweistündige Unterredung mit Omer Pascha und ging am nächsten Tage mit einem Adjutanten des Oberkommandierenden fort, um die Befestigungen zu inspizieren. Gestern trafen aus Varna drei Batterien und ein gewaltiger Munitionstrain ein. Morgen wird eine Verstärkung, bestehend aus einer Batterie, zwei Bataillonen Infanterie und 1.000 Reitern, nach dem Hafen Rasowa abgehen. Die Pioniere sind an diesem Orte eifrig dabei, die von den Russen 1828 zerstörten Befestigungen wiederherzustellen. Die Türkei kann volles Vertrauen zu ihrer Armee haben."

<306> Der Earl of Fitzwilliam richtete am vergangenen Donnerstag einen Brief an die Versammlung der Sheffielder Messerschmiede, in dem er gegen die ungeheuerliche Auffassung protestierte, daß man "der Ehre und dem Charakter des russischen Kaisers vertrauen solle", mit der das Parlament durch den heldenmütigen Palmerston geschlossen wurde.

Herr Disraeli hat seine Wählerschaft für eine Versammlung in Aylesbury am 14. September zusammengerufen. Die gestrige "Daily News" versuchte in einem langen und langweiligen Artikel das zu bekämpfen, was Herr Disraeli ihrer Meinung nach wahrscheinlich seinen Wählern sagen wird. Solch ein Unterfangen, glaube ich, hätte die "Daily News" mit größerer Berechtigung ihrem ehrwürdigen Ahnherrn, dem "Londoner Punch", überlassen sollen.

Es ist jetzt seit Januar das vierte Mal, daß die Bank von England den Zinsfuß erhöhte. Am 4. September wurde er auf 4% festgelegt.

"Es wurde ein neuer Versuch unternommen, die Zirkulationsmittel des Landes zu reduzieren - ein neuer Versuch die Flut des nationalen Wohlstandes aufzuhalten", ruft die Londoner "Sun" aus.

Sie beruhigt sich andrerseits mit der Erwägung, daß die Bank von England viel von ihrer unheilvollen Macht durch Peels Bank Act von 1844 verloren hat.

Die "Sun" irrt sich in ihren Befürchtungen und ihren Hoffnungen. Die Bank von England hat so wenig wie irgendeine andere Bank die Macht, den Geldumlauf des Landes zu vermehren oder zu vermindern. Die wirklich unheilvollen Kräfte, die sie besitzt, sind in keiner Weise durch Peels Bank Act von 1844 geschwächt, sondern im Gegenteil gestärkt worden.

Da der Bank Act von 1844 im allgemeinen falsch verstanden wird und da seine Wirkung in der herannahenden Krise nicht nur für England, sondern für die gesamte Geschäftswelt von überragender Bedeutung sein wird, beabsichtige ich, die Tendenz dieses Acts kurz zu erklären.

Peels Bank Act von 1844 geht von der Annahme aus, daß die Metallzirkulation die normale wäre; daß der Betrag der Umlaufmittel die Preise reguliere; daß im Falle einer reinen Metallzirkulation die Umlaufmittel sich durch einen günstigen Wechselkurs und einen Zufluß von Edelmetallen vermehren würden, während sie durch einen ungünstigen Wechselkurs und einen Abfluß des Edelmetalls vermindert würden; daß eine Banknotenzirkulation der Metallzirkulation genau entsprechen muß; daß demzufolge ein gewisser Grad der Übereinstimmung zwischen den Veränderungen der Edelmetallvorräte in den Kellern der Bank von England und den Veränderungen in der Menge der im Publikum zirkulierenden Banknoten bestehen muß; <307> daß die Notenausgabe bei günstigem Wechselkurs vermehrt und bei ungünstigem Wechselkurs verringert werden muß; schließlich, daß die Bank von England die Kontrolle über die Menge ihrer zirkulierenden Noten habe.

Aber alle diese Voraussetzungen sind völlig irreführend und stehen im Gegensatz zu den Tatsachen. Selbst wenn wir eine reine Metallzirkulation annehmen, könnte der Betrag der Umlaufmittel nicht die Preise bestimmen, ebensowenig wie sie den Umfang der kommerziellen und industriellen Transaktionen bestimmen könnte; dagegen würden die Preise den Betrag des zirkulierenden Geldes bestimmen. Ungünstiger Wechselkurs und ein Abfluß der Edelmetalle würden selbst eine reine Metallzirkulation nicht vermindern, da sie die im Umlauf befindliche Menge der Zahlungsmittel nicht beeinflussen würden, sondern die Menge der in Reserve gehaltenen Zahlungsmittel, die in den Banken als Depositen oder in Privatschätzen schlummern. Andererseits würde ein günstiger Wechselkurs und ein dementsprechender Zustrom der Edelmetalle nicht die umlaufenden Zahlungsmittel vergrößern, sondern die bei den Bankiers deponierten oder von privaten Personen gehorteten Zahlungsmittel. Da also der Peel Act von der falschen Konzeption einer reinen Metallzirkulation ausgeht, muß er natürlich zu einer falschen Nachahmung derselben durch eine Papierzirkulation kommen. Der Gedanke allein, daß eine Notenbank eine Kontrolle über die Menge ihrer in Umlauf befindlichen Noten habe, ist völlig widersinnig. Eine Bank, die konvertible Noten herausbringt oder überhaupt Noten auf kommerzielle Sicherheiten vorschießt, hat weder die Macht, das Durchschnittsniveau der Zirkulation zu erhöhen, noch die Macht, es um eine einzige Note zu verringern. Eine Bank kann gewiß Noten in jeglicher Menge herausgeben, die ihre Kunden akzeptieren, doch wenn sie für die Zirkulation nicht gebraucht werden, so werden die Noten in Form von Depositen oder als Zahlung für Schulden, oder im Austausch für Metallgeld zu ihr zurückgelangen. Wenn andrerseits eine Bank beabsichtigte, ihre Notenausgabe willkürlich zu beschränken, würden ihre Depositen bis zu einer Summe abgezogen werden, die zur Auffüllung des Vakuums gebraucht wird, das in der Zirkulation entstanden ist. Somit hat eine Bank nicht die geringste Macht über den Umfang der Zirkulation, wie groß auch immer ihre Macht zum Mißbrauch des Kapitals anderer Leute sein mag. Obwohl das Bankwesen in Schottland vor 1845 praktisch unbeschränkt war und die Anzahl der Banken seit 1825 bedeutend zunahm, ist die Zirkulation zurückgegangen, und es kam nur 1 Pfd.St. (Papiergeld) auf den Kopf der Bevölkerung, während es in England 2 Pfd.St. pro Kopf waren, ungeachtet dessen, daß das gesamte in der Zirkulation befindliche Geld unter 5 Pfd.St. in England Metall und in Schottland Papier war.

<308> Es ist eine Illusion, anzunehmen, daß der Betrag des zirkulierenden Geldes mit dem Betrag des Metallschatzes übereinstimmen muß. Wenn sich der Metallschatz in den Kellern einer Bank vermehrt, so versucht diese Bank gewiß ihre Zirkulation mit allen Mitteln zu vergrößern, doch, wie die Erfahrung lehrt, vergeblich. Der Metallschatz in der Bank von England vermehrte sich in den Jahren 1841 bis 1843 von 3.965.000 Pfd.St. auf 11.054.000 Pfd.St., doch fiel seine Gesamtzirkulation von 35.660.000 Pfd.St. auf 34.049.000 Pfd.St. So hatte die Bank von Frankreich am 25. März 1845 eine außergewöhnliche Zirkulation von 256.000.000 frs. mit einer Metallreserve von 234.000.000 frs., doch am 25. März 1846 betrug die Zirkulation 249.404.000 frs. mit einer Metallreserve von nur 9.535.000 frs.

Eine nicht weniger falsche Annahme ist es, daß die innere Zirkulation im Falle eines Abflusses von Edelmetallen abnehmen muß. Zum Beispiel wurden gerade jetzt, wo der Abfluß der Edelmetalle weiter vor sich geht, 3.000.000 Dollar zur Münze gebracht und dem im Lande zirkulierenden Gelde hinzugefügt.

Doch der Hauptfehler liegt in der Annahme, daß die Nachfrage nach Geldakkommodation, d.h. Kapitalanleihen, mit der Nachfrage nach zusätzlichen Zirkulationsmitteln gleichlaufen muß, als ob die größere Anzahl kommerzieller Transaktionen nicht durch Wechsel, Schecks, Buchkredite, Clearing-Houses <Verrechnungsstellen> und andere Kreditformen, die mit der sogenannten Zirkulation gar nicht zusammenhängen, getätigt würde. Es kann keine besseren Beweise für die Vorteile der Bankakkommodation geben als die Marktrate des Zinses und kein besseres Mittel, die Höhe der von einer Bank wirklich getätigten Geschäfte festzustellen als die Rückkehr der diskontierten Wechsel. Betrachten wir weiterhin die Dinge von zwei Seiten. Zwischen März und September 1845, als das fiktive Kapital durch das Spekulationsfieber seinen Höhepunkt erreicht hatte und das Land von allen möglichen Unternehmungen gewaltigen Ausmaßes überschwemmt wurde und der Zinsfuß nahezu 21/2% betrug, blieb der Banknotenumlauf beinahe unverändert, während zu einer späteren Zeit, im Jahre 1847, als der Zinsfuß 41/2% betrug, der Preis der Aktien seinen Tiefpunkt erreichte und sich überallhin eine Diskreditierung ausbreitete, die Zirkulation der Banknoten ihren Höhepunkt erreichte.

Die Notenzirkulation der Bank von England betrug 21.152.853 Pfd.St. am 17. April, 19.998.227 Pfd.St. am 15. Mai und 18.943.079 Pfd.St. am 21 August 1847. Doch während dieser Rückgang in der Zirkulation vor sich ging, war die Marktrate des Zinses von 7 und 8 auf 5% gefallen. Seit dem <309> 21. August 1847 stiegen die Umlaufmittel von 18.943.079 Pfd.St. auf 21.265.188 Pfd.St. am 23. Oktober. Zu gleicher Zeit stieg die Marktrate des Zinses von 5 auf 8%. Am 30. Oktober betrug die Zirkulation 21.764.085 Pfd.St., der in Lombard-Street gezahlte Zins betrug 10%. Nehmen wir ein anderes Beispiel:

Bank von England

Diskontowechsel

Zirkulierende Noten

18. September 1846

12.323.816 Pfd.St.

20.922.232 Pfd.St.

5. April 1847

18.627.116 Pfd.St.

20.815.234 Pfd.St.

Somit war die Bankakkommodation im April 1847 um 6.000.000 Pfd.St. höher als im September 1846 und wurde mit einem geringeren Betrag zirkulierenden Geldes getätigt.

Nach der Darlegung der allgemeinen Grundsätze von Peels Bank Act komme ich jetzt zu seinen praktischen Einzelheiten. Er setzt voraus, daß 14.000.000 Pfd.St. in Banknoten das notwendige Minimum der Zirkulationssumme bilden. Alle über diese Summe hinausgehenden von der Bank von England herausgegebenen Noten müssen Metalldeckung haben. Sir Robert Peel glaubte, daß er ein selbstwirkendes Prinzip für die Banknotenemission entdeckt habe, das mit mechanischer Genauigkeit den Betrag der Zirkulation bestimme und das diesen in genau dem gleichen Verhältnis sich vermehren oder vermindern ließe, in der sich der Metallschatz vermehrt oder vermindert. Um diesen Grundsatz in die Praxis umzusetzen, wurde die Bank in zwei Departments geteilt, das Notenausgabe-Department und das Bank-Department. Das erstere eine reine Notenfabrik, das letztere die wirkliche Bank, welche die Depositen des Staates und des Publikums übernimmt, die Dividenden auszahlt, die Wechsel diskontiert, Darlehen gewährt und hauptsächlich Geschäfte mit dem Publikum nach den Grundsätzen jedes anderen Bankunternehmens tätigt. Das Ausgabe-Department übergibt seine Noten dem Bank-Department bis zu der Summe von 14.000.000 Pfd.St. plus die Summe des Metallschatzes in den Kellern der Bank. Das Bank-Department bringt diese Noten unter das Publikum. Die Menge Edelmetall, die erforderlich ist, um die über 14.000.000 Pfd.St. hinaus in Umlauf gesetzten Noten zu decken, bleibt im Ausgabe-Department, der Rest wird dem Bank-Department übergeben. Wenn die Summe des Metallschatzes unter die Summe des über 14.000.000 Pfd.St. hinaus zirkulierenden Geldes sinkt, werden die zum Bank-Department zur Löschung der Darlehen oder in Form von Depositen zurück- <310> kehrenden Noten nicht wieder ausgegeben oder ersetzt, sondern vernichtet. Wenn eine Zirkulationssumme 20.000.000 Pfd.St. betrüge bei einer Metallreserve von 7.000.000 Pfd.St. und wenn weiterhin 1.000.000 Pfd.St. von der Bank abflössen, würde das Ausgabe-Department alles Edelmetall anfordern und nicht ein Sovereign würde im Bank-Department verbleiben.

Nun wird jedermann verstehen, daß diese ganze Maschinerie einerseits illusorischen und andererseits höchst gefährlichen Charakters ist.

Nehmen wir z.B. den Bankausweis in der "Gazette" vom vergangenen Freitag. Dort findet man unter der Rubrik des Ausgabe-Departments die Summe der in Umlauf befindlichen Noten mit 30.531.650 Pfd.St., d.h. 14.000.000 Pfd.St. + 16.531.650 Pfd.St. - wobei die letztere Summe der Metallreserve der letzten Woche entspricht. Doch wenn wir uns der Rubrik Bank-Department zuwenden, findet man 7.755.345 Pfd.St. in Noten in seinen Aktiva. Das ist jener Teil der 30.531.650 Pfd.St., der vom Publikum nicht akzeptiert wurde. So bestimmt das selbstwirkende Prinzip nur, daß die 30.531.650 Pfd.St. in Noten vom Ausgabe-Department auf das Bank-Department übertragen werden. Aber dort bleiben sie. Sobald das Bank-Department mit dem Publikum in Berührung kommt, wird die Zirkulationssumme nicht durch den Peel Act, sondern durch die Geschäftsbedürfnisse reguliert. Demzufolge erstreckt sich die Wirksamkeit des selbstwirkenden Prinzips nicht über die Keller des Bankgebäudes hinaus.

Andererseits gibt es Momente, da die Bank von England, durch ihre außergewöhnliche Position, einen wirklichen Einfluß nicht nur auf den englischen Handel, sondern auf den Welthandel ausübt. Das geschieht in Zeiten einer allgemeinen Diskreditierung. In solchen Momenten kann in Übereinstimmung mit dem Peel Act die Bank durch eine Erhöhung ihres Minimalzinsfußes entsprechend dem Abfluß von Edelmetallen, und indem sie Akkommodation verweigert, die Staatspapiere herabsetzen, die Preise aller Waren senken und die Gefahren einer Geschäftskrise gewaltig vergrößern. Sie kann, um dem Abfluß des Edelmetalls Einhalt zu gebieten und die Wechselkurse zu verändern, jede Geschäftsstockung zu einer Gefahr für die Geldzirkulation werden lassen. Und so hat die Bank von England gehandelt und war 1847 durch den Peel Act gezwungen, so zu handeln.

Das ist jedoch nicht alles. Für jedes Bankunternehmen stellt nicht die Menge der zirkulierenden Noten die schwersten Verpflichtungen dar, sondern die Menge an Noten und Metallen in deposito. Die Banken von Holland hatten z.B. vor 1845, wie Herr Anderson vor einem Ausschuß des Unterhauses erklärte, 30.000.000 Pfd.St. in deposito und nur 3.000.000 Pfd.St. in der Zirkulation.

<311> "In allen Geschäftskrisen", sagte Herr Alex. Baring, "z.B. 1825, waren nicht die Forderungen der Banknoteninhaber sondern die der Depositäre am schrecklichsten."

Während nun der Peel Act die Edelmetallmenge reguliert, die zur Konvertierung von Banknoten in Reserve gehalten wird, überläßt er den Direktoren die Macht, mit den Depositen nach ihrem Wunsch zu verfahren. Ja, noch mehr. Dieselben Bestimmungen dieses Acts können, wie ich gezeigt habe, das Bank-Department zwingen, die Auszahlung der Depositen und Dividenden einzustellen, während Edelmetalle jeder Menge in den Kellern des Ausgabe-Departments liegen können. So geschah es tatsächlich 1847. Obwohl das Ausgabe-Department noch im Besitz von 61.000.000 Pfd.St. Edelmetallen war, wurde das Bank-Department nur durch das Eingreifen der Regierung, die auf ihre Verantwortung den Peel Act am 25. Oktober 1847 suspendierte, vor dem Bankrott gerettet.

So war es das Ergebnis des Peel Acts, daß die Bank von England ihren Zinsfuß während der Krise von 1847 dreizehnmal und während der Krise von 1825 nur zweimal geändert hatte; daß er inmitten der wirklichen Krise im April und Oktober 1847 eine Reihe von Geldpaniken verursachte und daß das Bank-Department zum Aufgeben gezwungen gewesen wäre, wenn nicht der Act selbst aufgegeben worden wäre. Es kann deshalb kein Zweifel darüber bestehen, daß der Peel Act die Umstände und die Härte der herannahenden Krise verschärfen wird.