Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx/Friedrich Engels - Werke, (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 12, Berlin/DDR 1961. S. 129-136.

Karl Marx

Das neue englische Budget

Aus dem Englischen.


["New-York Daily Tribune" Nr. 4956 vom 9. März 1857]

<129> London, 20. Februar 1857

Die Schauspieler der Finanzbühne haben durch Sir George Lewis, den gegenwärtigen Schatzkanzler, einen schweren Schock erlitten. Bei Sir Robert Peel war die Verlesung des Finanzberichts zu einer Art religiösen Handlung geworden, die mit all den Feierlichkeiten der Staatsetikette zu vollziehen war und durch großartige Leistungen rhetorischer Überzeugungskraft die höhere Weihe erhielt und niemals weniger als fünf Stunden dauern durfte. Herr Disraeli imitierte Sir Roberts zeremonielles Verhalten gegenüber der nationalen Geldbörse, und Herr Gladstone übertrieb es fast. Sir George Lewis wagte es nicht, die Tradition zu verletzen. So hielt er eine vierstündige Rede, brabbelnd, schleppend und um den Kern herumgehend, bis er plötzlich von schallendem Gelächter unterbrochen wurde, in das einige Dutzend ehrenwerte Abgeordnete ausbrachen, die zu ihren Hüten griffen und aus dem Hause stürzten.

"Es tut mir leid", rief der unglückliche Schauspieler aus, "daß ich meine Rede vor einer zahlenmäßig verringerten Zuhörerschaft fortsetzen muß, doch ich muß denen, die bleiben, erklären, welches die Wirkung der vorgeschlagenen Änderungen sein würde."

Als Sir George Lewis noch zu den Weisen der "Edinburgh Review" gehörte, war er mehr wegen der Schwerfälligkeit seiner Argumentation als wegen gediegener Beweisführung oder Lebhaftigkeit der Diktion bekannt. Seine persönlichen Unzulänglichkeiten sind sicherlich zu einem großen Teil der Grund für sein Scheitern vor dem Parlament. Doch gab es auch noch andere Umstände, die völlig außerhalb seiner Macht lagen, und die sogar einen regelrechten parlamentarischen Preisredner aus dem Konzept gebracht hätten. Nach Sir William Clays indiskreten Feststellungen vor seinen Wäh- <130> lern in Hull hatte sich Lord Palmerston ursprünglich zu einer Fortführung der Kriegsbesteuerung in der Friedenszeit entschlossen, als ihn der drohende Antrag auf die Einkommensteuer, der in der Sitzung des Unterhauses von Herrn Disraeli bekanntgegeben und von Herrn Gladstone unterstützt wurde, sofort zwang, zum Rückzug zu blasen und seine finanzielle Taktik plötzlich zu ändern. Daher mußte der arme Sir George Lewis in kürzester Frist alle seine Voranschläge, all seine Zahlen, seinen gesamten Plan ändern, während seine Rede, die für ein Kriegsbudget ausgearbeitet war, nun quasi für ein Friedensbudget aufgetischt werden mußte, ein quid pro quo <Auswechseln>, das unterhaltsam hätte sein können, wenn es nicht einschläfernd gewesen wäre. Das ist aber noch nicht alles. Die Budgets von Sir Robert Peel während seiner Amtszeit von 1841 bis 1846 gewannen ein außerordentliches Interesse wegen des erbitterten Kampfes, der damals zwischen den Freihändlern und den Protektionisten <1>, zwischen Profit und Rente, Stadt und Land tobte. Das Budget von Herrn Disraeli wurde als Kuriosität angesehen, da es die Wiederbelebung oder auch die endgültige Abdankung der Schutzzollpolitik in sich schloß; und Herrn Gladstones Budget wurde eine übertriebene Bedeutung beigemessen, weil es den triumphierenden Freihandel in den Staatsfinanzen verankerte - wenigstens für eine siebenjährige Periode. Die sozialen Konflikte, die sich in diesen Budgets widerspiegelten, verliehen ihnen ein positives Interesse, während das Budget von Sir George Lewis am Anfang nur das negative Interesse für sich beanspruchen konnte, den gemeinsamen Angriffspunkt für die Feinde des Kabinetts zu bilden.

Das Budget von Sir G. Lewis kann, soweit es seine ursprünglich vorgesehenen Einnahmen betrifft, in sehr wenigen Worten zusammengefaßt werden. Lewis streicht die neun zusätzlichen Pence der für den Krieg auferlegten Einkommensteuer und reduziert sie somit von 1 sh. 4 d. je Pfund Einkommen auf 7 d., in welchem Verhältnis sie bis 1860 bestehen soll. Andererseits sollen die ganze Kriegssteuer auf Spirituosen und ein Teil der Kriegssteuer auf Zucker und Tee beibehalten werden. Das ist alles.

Die Einkommensteuer des laufenden Finanzjahres bringt einschließlich der zusätzlichen 9 d. der Kriegsbesteuerung eine Einnahme von mehr als 16.000.000 Pfd.St., die von den verschiedenen Klassen der Gesellschaft auf etwa folgende Weise erhoben werden:

Tabelle A - Grundbesitz

8.000.000 Pfd.St.

Tabelle B - Farmer

1.000.000 Pfd.St.

<131> Tabelle C - Staatspapiere

2.000.000 Pfd.St.

Tabelle D - Gewerbe und freie Berufe

4.000.000 Pfd.St.

Tabelle E - Gehälter und Löhne

  1.000.000 Pfd.St.

Insgesamt

16.000.000 Pfd.St.

Aus dieser tabellarischen Aufstellung geht offensichtlich hervor, daß die Einkommensteuer ausschließlich auf den oberen und mittleren Klassen lastet; in der Tat, mehr als zwei Drittel davon werden aus den Einkommen dar Aristokratie und der Großbourgeoisie aufgebracht. Doch teils durch die anderen Kriegssteuern, teils durch die hohen Lebensmittelpreise und den ansteigenden Diskontosatz belastet, sind die unteren Schichten der englischen Bourgeoisie durch die Einkommensteuer ernstlich gezwickt worden, und daher sehnen sie sich höchst ungeduldig danach, sie abzuwerfen. Dennoch hätte das Geschrei, das sie erhoben, kaum in der Presse und gewiß nicht im Unterhaus ein Echo gefunden, wenn die Aristokratie und die Großbourgeoisie nicht die Führung der Agitation übernommen hätten, damit begierig die Gelegenheit ergreifend, ihre engstirnige Selbstsucht unter der allgemeinen Maske der Philanthropie zu verbergen und eine Abgabe loszuwerden, deren Last sie nicht auf die Schultern der Massen abwälzen können. Während in Frankreich zur Zeit der République honnête et modérée <biederen und gemäßigten Republik> die Auferlegung einer Einkommensteuer dadurch abgewehrt wurde, daß man sie als eingeschmuggelten Sozialismus stempelte, wird die Abschaffung derselben Steuer in England jetzt dadurch versucht, daß man Mitgefühl mit den Leiden des Volkes vorgibt. Das Spiel ist sehr schlau betrieben worden. Bei Wiederherstellung des Friedens richteten die Sprecher der Kleinbourgeoisie ihren Angriff nicht auf die Einkommensteuer selbst, sondern nur auf ihren Kriegszuschlag und auf ihre ungleiche Verteilung. Die oberen Klassen taten so, als teilten sie die Klage des Volkes, aber lediglich, um ihre ursprüngliche Bedeutung zu verdrehen und einen Ruf nach verminderter Besteuerung kleiner Einkommen in einen Ruf nach Aufhebung der Besteuerung großer Einkommen umzuwandeln. In der Hitze des Kampfes und in ungeduldiger Erwartung unverzüglicher Erleichterung wurde sich die Kleinbourgeoisie weder des falschen Spiels bewußt, das mit ihr betrieben wurde, noch kümmerte sie sich um Bedingungen, die die Unterstützung mächtiger Verbündeter sichern könnten. Was die Arbeiterklasse angeht, die keine Presseorgane und keine Stimme in den gewählten Körperschaften besitzt, so standen ihre Forderungen ganz außer Frage.

Die Basis von Sir Robert Peels Freihandelsmaßnahmen war bekanntlich <132> die Einkommensteuer. Man wird ohne Mühe verstehen, daß eine direkte Besteuerung der finanzielle Ausdruck des Freihandels ist. Wenn Freihandel überhaupt etwas bedeutet, dann bedeutet er die Beseitigung von Zöllen, Akzisen und allen Abgaben, die unmittelbar in die Produktion und den Austausch eingreifen.

Wenn nun die Steuern nicht durch Zölle und Akzisen aufgebracht werden sollen, dann müssen sie direkt von dem Besitz und dem Einkommen erhoben werden. Bei einem bestimmten Steueraufkommen kann keine Verringerung einer Art der Besteuerung eintreten, ohne daß es zu einer entsprechenden Erhöhung der anderen kommt. Sie müssen in umgekehrtem Verhältnis steigen und fallen. Wenn also die englische Öffentlichkeit den größeren Teil der direkten Besteuerung abschaffen will, muß sie bereit sein, höhere Steuern auf Verbrauchsgüter und Rohstoffe zu legen - mit einem Wort, auf das Freihandelssystem zu verzichten. So ist tatsächlich auf dem europäischen Kontinent die gegenwärtige Entwicklung interpretiert worden. Ein belgisches Blatt schreibt, daß

"auf einer Versammlung, die in Gent abgehalten wurde, um über Freihandels- oder Schutzzollpolitik zu diskutieren, einer der Sprecher die neuerliche Opposition in England gegen die Einkommensteuer als Beweis für einen Umschwung der nationalen Meinung zugunsten der Schutzzollpolitik anführte".

So äußern die Finanzreformer von Liverpool in einer ihrer kürzlichen Adressen die Befürchtung, daß Großbritannien zu den Grundsätzen der Restriktion zurückkehren würde.

"Wir können", sagen sie, "kaum an die Möglichkeit einer solch offenen Bekundung nationaler Verblendung glauben; doch jeder denkende Mensch von normaler Geisteskraft muß erkennen, daß die gegenwärtigen Bemühungen auf dieses Ziel und auf nichts anderes hinauslaufen."

Da der Freihandel, und folglich auch die direkte Besteuerung, in Großbritannien offensive Waffen in den Händen des industriellen Kapitalisten gegen den aristokratischen Großgrundbesitzer sind, zeugt ihr gemeinsamer Kreuzzug gegen die Einkommensteuer in ökonomischer Hinsicht von derselben Tatsache, die durch das Koalitionskabinett politisch demonstriert wurde - von der Mattheit der britischen Bourgeoisie und ihrer Sehnsucht nach Kompromissen mit den Oligarchen, um Zugeständnissen an die Proletarier vorzubeugen.

Indem er die Segel vor der Liga gegen die Einkommensteuer strich, zeigte Sir George Lewis sofort die Kehrseite der Medaille. Keine Aufhebung des Papierzolls, keine Abschaffung der Feuerversicherungssteuer, keine Herab- <133> setzung der Weinzölle, sondern im Gegenteil Erhöhung der Einfuhrzölle auf Tee und Zucker. Nach Herrn Gladstones Projekt <2> sollte der Zoll auf Tee <3> von 1 sh. 6 d. je Pfund zunächst auf 1 sh. 3 d., dann auf 1 sh., und der Zuckerzoll von einem Pfd.St. je Zentner zunächst auf 15 sh., dann auf 13 sh. 4 d. <4> reduziert werden. Dies bezieht sich nur auf Raffinadezucker. Weißzucker sollte von 17 sh. 6 d. nacheinander auf 13 sh. 2 d. und 11 sh. 8 d., gelber Zucker von 15 sh. auf 11 sh. 8 d. und 10 sh. 6 d., brauner Zucker von 13 sh. 9d. auf 10 sh. 7d. und 9 sh. 6 d., Melasse von 5 sh. 4 d. auf 3 sh. 9 d. reduziert werden. Der Krieg verzögerte die Ausführung dieses Projekts, aber nach dem 1855 erlassenen Gesetz sollte es nacheinander 1857 und 1858 ausgeführt werden. Sir G. Lewis, der am 19. April 1855 den Teezoll von 1 sh. 6 d. auf 1 sh. 9 d. je Pfund erhöht hatte, schlägt vor, dessen Reduzierung im Laufe von vier Jahren durchzuführen, indem man ihn 1857/1858 auf 1 sh. 7d., 1858/1859 auf 1 sh. 5 d., 1859/1860 auf 1 sh. 3 d. und schließlich auf 1 sh. vermindert. Er schlägt vor, mit dem Zuckerzoll auf ähnliche Weise zu verfahren. Es ist bekannt, daß das Zuckerangebot unter den Stand der Nachfrage gefallen ist, und daß sich seine Vorräte auf den Weltmärkten verringert haben; in London z.B. befinden sich gegenwärtig nur 43.700 t gegenüber 73.400 t vor zwei Jahren. Daher steigen natürlich die Preise für Zucker. In bezug auf Tee ist es Palmerstons chinesischer Expedition gelungen, eine künstliche Begrenzung des Angebots und folglich ein Ansteigen der Preise zu erzeugen. Nun gibt es keinen Ökonomen, der Ihnen nicht sagen wird, daß jede Reduzierung der Zölle in Zeiten von Mangel und steigenden Preisen plötzlich und durchschlagend sein muß, wenn sie nicht nur dem Importeur, sondern auch dem Durchschnittsverbraucher nützen soll. Umgekehrt behauptet Sir G. Lewis, daß Zollreduzierungen bei steigenden Preisen um so sicherer dem Nutzen des Verbrauchers dienen, je weniger sie spürbar sind. Diese Behauptung befindet sich auf der gleichen Ebene wie seine seltsame Doktrin, daß Postgebühren eine direkte Steuer sind und daß Kompliziertheit den mildernden Zug der Besteuerung ausmacht.

Wird die Verringerung der Einkommensteuer durch eine Erhöhung der Zölle auf Tee und Zucker ausgeglichen - diese sind beim britischen Volk allgemeine Lebensnotwendigkeiten -, so heißt das offensichtlich, daß die Steuern der Reichen vermindert werden, indem man die Steuern der Armen erhöht. Solch eine Überlegung hätte indessen die Abstimmung im Unterhaus nicht beeinträchtigt. Aber da sind die Teehändler, die ausgedehnte <134> Verträge und Abmachungen eingegangen sind, wie sie sagen, in dem ausdrücklichen Glauben an die Erklärung, die Sir George Lewis am 19. April 1856 im Unterhaus abgegeben hat, eine Erklärung, die ihnen am 11 November 1856 durch das Zollamt noch einmal gegeben wurde, des Inhalts, daß "der Zoll auf Tee am 6. April 1857 auf 1 sh. 3 d. reduziert werden würde". Da habt ihr sie, auf ihre Verpflichtung und die Budgetmoral pochend. Und da ist Herr Gladstone, der froh ist, sich an Palmerston rächen zu können, der völlig treulos die Peeliten hinauswarf, nachdem er sie dazu benutzt hatte, um zuerst die Derby-Regierung, dann Russell und schließlich ihren eigenen Patriarchen, den alten Aberdeen, zu stürzen. Außerdem mußte natürlich Herr Gladstone als Verfasser des Finanzprojekts von 1853 sein eigenes Standardbudget gegen Sir G. Lewis' respektlose Überschreitungen verteidigen. Demgemäß kündigte er an, er würde folgende Resolution beantragen: <5>

"Daß das Haus keiner Erhöhung der Sätze auf Tee und Zucker, wie sie laut der Zollgebührgesetze von 1855 zu zahlen sind, zustimmen wird."

Ich habe bisher nur eine Seite des Budgets berührt, seine Einnahmen. Betrachten wir nun die andere Seite des Bilanzbogens - die veranschlagten Ausgaben. Wenn die vorgeschlagenen Mittel und Wege der Staatseinkünfte für den gegenwärtigen Stand der offiziellen englischen Gesellschaft charakteristisch sind, so sind die beabsichtigten Ausgaben noch charakteristischer für ihre gegenwärtige Regierung. Palmerston braucht Geld, und zwar viel Geld, nicht nur, um seine Diktatur fest zu begründen, sondern auch, um seiner Lust an Kantoner Bombardements, persischen Kriegen, Neapel-Expeditionen und so weiter zu frönen. Dementsprechend schlägt er ein Friedensbudget vor, das die höchsten Ausgaben seit dem Frieden von 1815 um etwa 8.000.000 Pfd.St. übersteigt. Er verlangt 65.474.000 Pfd.St., während sich Herr Disraeli mit 55.613.379 Pfd.St. und Herr Gladstone mit 56.683.000 Pfd.St. zufriedengaben. Natürlich mußte John Bull es voraussehen, daß das Streben nach orientalischem Kriegsruhm sich zur gegebenen Zeit in lästige Rechnungen der Steuereinnehmer auflösen würde.

Aber die jährliche Zusatzbesteuerung, die aus dem Krieg herrührt, darf man nicht auf mehr als 3.600.000 Pfd.St. veranschlagen, nämlich: 2.000.000 Pfd.St. für Schatzanweisungen, die im Mai 1857 fällig werden, 1.200.000 Pfd.St. als Zinsen für 26.000.000 Pfd.St. neu fundierter Staats- <135> schulden und für 8.000.000 Pfd.St. nicht fundierter Staatsschulden; schließlich etwa 400.000 Pfd.St. für den neuen Tilgungsfonds, der den neuen Schulden entspricht. Demnach machen die zusätzlichen Kriegssteuern tatsächlich nicht die Hälfte der zusätzlichen Ausgaben aus, die von Lord Palmerston beansprucht werden. Dafür machen es die Militäretats. Die gesamten Armee- und Marine-Etats von 1830 bis 1840 betrugen im Durchschnitt weniger als 13.000.000 Pfd.St., doch im Budget von Lewis belaufen sie sich auf 20.699.000 Pfd.St. Wenn wir sie mit den gesamten Militäretats der letzten fünf Jahre vor dem Kriege vergleichen, dann finden wir, daß diese 1849 - 15.823.537 Pfd.St. erreichten, 1850 - 15.320.944 Pfd.St.; 1851 - 15.565.171 Pfd.St.; 1852 - 15.771.893 Pfd.St.; 1853/1854 - 17.802.000 Pfd.St., wobei die Etats von 1853/1854 schon in Hinblick auf einen unmittelbar bevorstehenden Krieg festgelegt worden waren.

An der orthodoxen Whig-Doktrin festhaltend, daß das Mark des Stammes dazu bestimmt ist, das Futter für die Würmer zu liefern, führt Sir G. Lewis den erhöhten nationalen Reichtum, wie er in den Export- und Importtabellen von 1856 dargestellt wird, als Grund für die erhöhten Regierungsausgaben an. Wenn auch die Schlußfolgerung richtig wäre, müßte die Voraussetzung dennoch falsch bleiben. Es genügt, auf die vielen Tausende notleidender Arbeiter hinzuweisen, die jetzt durch die Straßen Londons ziehen und in Arbeitshäusern Unterstützung suchen; weiterhin auf die allgemeine, sich aus den amtlichen Einnahmestatistiken ergebende Tatsache, daß während des Jahres 1856 der britische Verbrauch an Tee, Zucker und Kaffee beträchtlich zurückgegangen ist, bei einem gleichzeitigen leichten Ansteigen des Verbrauchs an Spirituosen; des weiteren ist hinzuweisen auf die Handelszirkulare des vergangenen Jahres, die, wie selbst Herr Wilson, der jetzige Secretary of the Treasury <Sekretär des Schatzamtes>, zugegeben hat, eindeutig beweisen, daß die Profite des britischen Handels 1856 in umgekehrtem Verhältnis zu dessen Ausdehnung stehen. Es möchte scheinen, daß die natürliche Taktik eines Oppositionsführers darin bestände, seine Hauptbatterien gegen diese überspannten Ausgaben zu richten. Wenn aber Herr Disraeli das täte und direkt gegen diese aristokratische Verschwendung Front machen sollte, würde er Gefahr laufen, von seinen eigenen Gefolgsleuten den Dolchstoß in den Rücken zu erhalten.<6> Er ist daher zu dem höchst raffinierten Manöver <7> gezwungen, seinen Antrag gegen das Palmerston-Budget nicht auf dessen übermäßige Ausgaben für 1857 <136> und 1858 zu basieren, sondern auf sein voraussichtliches Defizit an Einnahmen in den Jahren 1858/1859 und 1859/1860.

Auf jeden Fall werden die Unterhausdebatten über das Budget hochinteressant werden; nicht nur, daß das Schicksal der gegenwärtigen Regierung von ihnen abhängt und daß sie das seltsame Schauspiel einer Koalition Disraeli-Gladstone-Russell gegen Palmerston bieten werden, sondern weil gerade die dialektischen Widersprüche einer finanziellen Opposition, die die Abschaffung der Einkommensteuer verlangt, die Erhöhung der Zucker- und Teezölle verbietet und es nicht wagt, das Übermaß der Ausgaben offen anzugreifen, sich durchaus als etwas Neues erweisen müssen.


Textvarianten

<1> In der Handschrift folgt hier: zwischen dem Industriekapitalisten und dem Landeigentümer <=

<2> In der Handschrift folgt hier: das das Jahr 1853 betrifft <=

<3> In der Handschrift folgt hier: im Jahre 1857 <=

<4> In der Handschrift folgt hier: im Jahre 1858 <=

<5> In der Handschrift: Demgemäß kündigte er am Donnerstag, dem 19. Februar, an, daß er am Freitag vor dem Parlament, das laut Beschluß als Ausschuß für Staatseinkünfte tagen wird, folgende Resolution beantragen würde: <=

<6> In der Handschrift: Wenn aber Herr Disraeli ernstlich gegen die aristokratischen Steuerfresser (tax-eaters) Front machen sollte, würde er das Risiko laufen, von seiner eigenen Partei im Rücken angegriffen zu werden. <=

<7> In der Handschrift: zu dem jämmerlichsten Winkelzug <=