Inhaltsverzeichnis Aufsätze für "The New American Cyclopædia"

Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx/Friedrich Engels - Werke, (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 14, 4. Auflage 1972, unveränderter Nachdruck der 1. Auflage 1961, Berlin/DDR. S. 57-59.

1. Korrektur.
Erstellt am 22.08.1998.

Friedrich Engels

Arkebuse

Geschrieben zwischen 11. Juli und 10. August 1857.
Aus dem Englischen.


["The New American Cyclopædia", Band II]

<57> Arkebuse (aus dem französischen arquebuse, manchmal fälschlich "harquebuse" geschrieben, und im Englischen, besonders an der schottischen Grenze, zu "hagbut" oder "hackbut" verfälscht) - die früheste Form der Muskete, die wirklich im Felde für militärische Zwecke nutzbar wurde. Schon 1485, in der Schlacht bei Bosworth, kam sie unter der Bezeichnung Handbüchse in Gebrauch, was nichts anderes war als ein kurzer Eisenzylinder, der an einem Ende wie bei einem Hinterlader verschlossen und mit einem Zündloch versehen war; er wurde am Ende eines starken Holzschaftes befestigt, der dem Griff eines Speers oder einer Hellebarde glich. Diese Handbüchse oder Miniaturkanone wurde mit Hackblei oder kleinen Kugeln sowie grobkörnigem Schießpulver geladen und mit Hilfe einer Lunte, die an das Zündloch geführt wurde, abgefeuert. Dabei ruhte die Waffe auf der Schulter des Mannes im ersten Glied eines Pikeniers oder Hellebardiers - und wurde vom Soldaten des zweiten Gliedes mit Hilfe des Handgriffs gerichtet und abgefeuert, natürlich aber ohne zu zielen. Sogar noch früher, in der Schlacht von Azincourt, waren die Briten nach Halls Chronik "mit feurigen Handbüchsen" bewaffnet. Diese altertümlichen Feuerwaffen waren indessen so unbeholfen und langsam im Gebrauch, daß sie trotz ihres gewaltigen Knalls und ungewohnten Aussehens wenig oder gar keine Wirkung hervorriefen. Obwohl in den ersten Jahren der Herrschaft Heinrichs VIII. das Feuer der spanischen Arkebusiere den Sieg in der Schlacht bei Pavia errang, behauptete sich der Langbogen noch immer als die überlegene Waffe vermöge seiner Treffsicherheit, seiner Reichweite und Durchschlagskraft; und sogar noch unter der Regierung von Elisabeth spricht man vom Langbogen als "der Königin der Waffen", obwohl sie Musketiere in ihrer Armee hatte und Heinrich IV. von Frank- <58> reich mit einer Truppe von berittenen Arkebusieren unterstützte, die von Oberst James, einem Vorfahren des bekannten Romanschriftstellers <James, George Payne Rainsford>, befehligt wurde. Unter ihrer Regierung wurde diese Waffe wesentlich verbessert, obwohl sie noch immer so lang und unhandlich war, daß sie nur von einem gegabelten Auflagegestell aus abgefeuert werden konnte, das vor dem Schützen in die Erde gestoßen wurde; dieses unerläßliche Instrument war manchmal mit einer Pike oder einem Hellebardenkopf versehen, so daß es, schräg in die Erde gestemmt, auch als Palisade dienen konnte. Die Läufe dieser alten Stücke sind äußerst lang, aus sehr dickem Metall, gewöhnlich mit kleiner Bohrung und manchmal schon gezogen, wie im Falle des Stückes, das noch im Hamilton-Palast in Schottland aufbewahrt wird und mit dem Hamilton of Bothwellhaugh 1570 den Regenten Murray erschoß. Sie wurden gezündet mit Hilfe einer Lunten- oder Dochtrolle aus präpariertem Hanf, die wie bei einem modernen Luntenschloß durch einen Hammer gezogen war; dabei schlug der Hammer, wenn er durch das Ziehen des Abzugs freigelassen war, die entzündete Lunte in die Pfanne und brachte das Stück zur Entladung. Zur gegebenen Zeit wich das Luntenschloß dem Radschloß, in dem der Feuerstein über der Pfanne so angebracht war, daß er feststand und ein Zahnrad mit Hilfe einer Feder gegen seinen Rand in schnelle Bewegung gesetzt wurde, um einen Funkenregen in das darunterliegende Pulver zu schicken. Auf das Radschloß folgte das sogenannte Schnappschloß. Das war der erste unförmige Ansatz zu dem Steinschloß, das durch Joseph Manton zu solcher Vollendung gebracht wurde und das erst seit wenigen Jahren durch das Zündhütchen endgültig verdrängt worden ist; eine schnellere und unfehlbarere Zündvorrichtung als diese ist schwer vorstellbar. Das Schnappschloß erlangte Verwendung für kostbare Pistolen, Schrotflinten und erlesene Musketons während der englischen Bürgerkriege, doch ihre Seltenheit und ihr hoher Preis verhinderten ihre allgemeine Verwendung außer als Waffen von Edelleuten und Offizieren von Rang, während das Luntenschloß noch immer die Waffe der Mannschaften blieb. Es ist bemerkenswert, daß von der Erfindung der verbesserten Arkebuse bis in die jüngste Zeit hinein hinsichtlich der bloßen Ausführung des Laufs und des genauen Fluges der Kugel weit weniger Fortschritte erzielt worden sind als man sich vorgestellt hätte. Die Schwierigkeit des richtigen Zielens scheint allein aus der mangelhaften Methode des Feuerns, der Schwerfälligkeit des Stückes und der äußerst langsamen Zündung entstanden zu sein, denn es zeigt sich, daß viele Arkebusenläufe, <59> besonders die aus spanischer Produktion, mit großer Genauigkeit und sogar ungewöhnlicher Durchschlagskraft auf weite Entfernungen schossen, nachdem sie entsprechend dem Perkussionsprinzip umgearbeitet, neu geschäftet und richtig ausbalanciert worden waren.