Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx/Friedrich Engels - Werke, (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 14, 4. Auflage 1972, unveränderter Nachdruck der 1. Auflage 1961, Berlin/DDR. S. 398-407.

1. Korrektur
Erstellt am 31.08.1998.

I. Die Schwefelbande | Inhalt | III. Polizistisches

II. Die Bürstenheimer


"But, sirrah, there’s no room for faith, truth,
nor honesty, in this bosom of thine; it is all
filled up with guts and midriff,"
<"Aber zum Henker, es ist kein Platz für Glauben,
Treu' und Redlichkeit in dem Leibe da: er ist
ganz mit Därmen und Netzhaut ausgestopft".>
(Shakespeare)

<398> "Bürstenheimer" oder "Schwefelbande", heißt es im Bieler Urevangelium (S. 31 des "Hauptbuchs", Dokumente). "Schwefelbande" oder auch "Bürstenheimer" heißt es im "Hauptbuch" (S. 136).

Nach beiden Lesarten sind "Schwefelbande" und "Bürstenheimer" eine und dieselbe identische Bande. Die "Schwefelbande", wie wir sahen, war gestorben, verdorben Mitte 1850. Also auch die "Bürstenheimer"? Die "abgerundete Natur" ist der Dezemberbande attachierter Zivilisator, und Zivilisation, wie Fourier sagt, unterscheidet sich dadurch von der Barbarei, daß sie die einfache Lüge verdrängt durch die zusammengesetzte Lüge.

Der "zusammengesetzte" Reichsfalstaff erzählt uns (S. 198, "Hauptbuch"), daß ein gewisser Abt der "Gemeinste der Gemeinen" sei. Bewunderungswerte Bescheidenheit, womit Vogt sich selbst in den Positivus, seinen Abt aber in den Superlativ setzt, ihn gewissermaßen zu seinem Feldmarschall Ney ernennt. Als Vogts Urevangelium im Bieler Commis voyageur erschien, ersuchte ich die Redaktion des "Volk", den Urwisch ohne weitern Kommentar abzudrucken. Die Redaktion fügte jedoch hinter den Abdruck die Bemerkung:

"Obiger Wisch rührt von einem verbummelten Subjekt namens Abt her, der vor acht Jahren zu Genf von einem Ehrengericht deutscher Flüchtlinge einstimmig verschiedner ehrloser Handlungen schuldig befunden ward." (Nr. 6 des "Volk" vom l l. Juni 1859.)

<399> Die Redaktion des "Volk" hielt Abt für den Verfasser von Vogts Urwisch; sie vergaß, daß die Schweiz zwei Richmonds im Felde hatte, neben einem Abt einen Vogt.

Der "Gemeinste der Gemeinen" also erfand im Frühjahr 1851 die "Bürstenheimer", die Vogt seinem Feldmarschall im Herbst 1859 abmaust. Die süße Gewohnheit des Plagiats verfolgt ihn instinktiv aus der naturhistorischen Buchmacherei in die polizistische hinüber. Der Genfer Arbeiterverein war eine Zeitlang präsidiert von dem Bürstenmacher Sauernheimer. Abt halbiert Stand und Namen Sauernheimers, den einen von vorn, den andern von hinten, und aus beiden Hälften komponierte er sinnig den ganzen "Bürstenheimer". Mit dieser Titulatur bezeichnete er ursprünglich außer Sauernheimer dessen nächsten Umgang, Kamm aus Bonn, Bürstenmacher seines Gewerbes, und Ranickel aus Bingen, Buchbindergesellen. Den Sauernheimer ernannte er zum General, den Ranickel zum Adjutanten der Bürstenheimer und Kamm zum Bürstenheimer sans phrase. Später, als zwei dem Genfer Arbeiterverein angehörige Flüchtlinge, Imandt (jetzt Professor am Seminar zu Dundee) und Schily (früher Advokat zu Trier, jetzt zu Paris), Abts Ausstoßung vor einem Ehrengericht des Vereins bewirkten, publizierte Abt ein Schimpfpamphlet, worin er den ganzen Genfer Arbeiterverein zum Rang der "Bürstenheimer" erhob. Man sieht also: Es gab Bürstenheimer im allgemeinen und Bürstenheimer im besondren. "Bürstenheimer" im allgemeinen umfaßte den Genfer Arbeiterverein, denselben Verein, von dem der in die Enge getriebene Vogt sich ein in der "Allgemeinen Zeitung" veröffentlichtes testimonium paupertatis erschlich und vor dem er auf allen vieren kroch bei der Schillerfeier und Robert-Blum-Feier (1859). "Bürstenheimer" im besondren waren, wie gesagt, der mir gänzlich unbekannte Sauernheimer, der nie nach London gekommen ist; Kamm, der, von Genf ausgewiesen, nach den Vereinigten Staaten über London reiste, wo er nicht mich, sondern Kinkel aufsuchte; endlich der oder das Ranickel, der als Bürstenheimer Adjutant zu Genf verblieb, wo er sich "versammelte" um die "abgerundete Natur". Er stellt in der Tat in eigner Person das Proletariat Vogt vor. Da ich später wieder auf das Ranickel zurückkommen muß, hier einiges Vorläufige über das Ungetüm. Ranickel gehörte zu der nach dem verunglückten Heckerzug von Willich kommandierten Flüchtlingskaserne in Besançon. Er machte unter ihm die Reichsverfassungskampagne mit und flüchtete später mit ihm nach der Schweiz. Willich war sein kommunistischer Mahomet, der mit Feuer und Schwert das Millennium stiften sollte. Eitler, schwatzschweifiger, zierbengelhafter Melodramatiker, übertyrannisierte das Ranickel den Tyrannen. <400> Zu Genf wütete es in rotem Grimme gegen die "Parlamentler" im allgemeinen und drohte im besondren, ein andrer Tell, den "Land-Vogt zu erwürgen". Als es jedoch durch Wallot, Flüchtling aus den 30er Jahren und Jugendfreund Vogts, bei letzterem eingeführt worden, gerann Ranickels blutrünstige Denkungsart in the milk of human kindness <die Milch der Menschenliebe>. "Der Bube war des Vogts", wie Schiller sagt.

Der Bürstenheimer Adjutant ward Adjutant von General Vogt, dessen Kriegsruhm nur unterblieben ist, weil Plon-Plon für die Aufgabe, die sein "Corps de Touristes" <"Korps der Touristen"> im italienischen Feldzug zu leisten hatte, den neapolitanischen Kapitän Ulloa (auch General by courtesy <mit Verlaub gesagt>) für schlecht genug hielt, seinen Parolles aber für das große Abenteuer mit "der verlorenen Trommel", das am Rhein spielen wird, in Reserve hält. Im Jahre 1859 versetzte Vogt sein Ranickel aus dem Proletarierstand in den Bürgerstand, vermittelte ihm ein Geschäft (Kunstsachen, Buchbinderei, Schreibmaterialien) und verschaffte ihm obendrein die Klientel der Genfer Regierung. Der Bürstenheimer Adjutant ward Vogts "maid of all work" <"Mädchen für alles">, Cicisbeo, Hausfreund, Leporello, Vertrauter, Korrespondent, Austräger, Zuträger, namentlich aber auch, seit dem Sündenfall des feisten Jack, sein Aushorcher und bonapartistischer Werber unter den Arbeitern. Ein Schweizer Blatt zeigte vor einiger Zeit die Entdeckung einer dritten Igel-Spezies an, des Ran- oder Rhein-Igels, welcher die Natur des Hunds- und Schwein-Igels verbinde und in einem Nest an der Arve, dem Landsitze von Humboldt-Vogt, gefunden worden sei. War dieser Ran-Igel gemünzt auf unser Ranickel?

Notabene, der einzige Flüchtling in Genf, mit dem ich in Verbindung stand, Dr. Ernst Dronke, früher Mitredakteur der "Neuen Rheinischen Zeitung", jetzt Kaufmann zu Liverpool, verhielt sich gegensätzlich zur "Bürstenheimerei".

Den nachfolgenden Briefen von Imandt und Schily will ich nur noch vorherschicken, daß Imandt beim Ausbruch der Revolution die Universität verließ, um sich als Freischärler am Krieg in Schleswig-Holstein zu beteiligen. 1849 leiteten Schily und Imandt den Zeughaussturm von Prüm, von wo beide mit den erbeuteten Waffen und ihrer Mannschaft sich den Weg nach der Pfalz bahnten, um dort in die Reihen der Reichsverfassungsarmee einzutreten. Im Frühsommer 1852 aus der Schweiz verjagt, kamen sie nach London.

<401> "Dundee, 5. Februar 1860

Lieber Marx!

Ich begreife nicht, wie Vogt Dich mit den Genfer Affären in Verbindung bringen kann. Es war in der dortigen Flüchtlingsschaft bekannt, daß von uns allen nur Dronke mit Dir in Verbindung stand. Die Schwefelbande existierte vor meiner Zeit, und der einzige dazugehörige Name, dessen ich mich erinnere, ist Borkheim. Die Bürstenheimer waren der Genfer Arbeiterverein. Der Name verdankt seinen Ursprung dem Abt. Der Verein war damals eine Pflanzschule des Willichschen Geheimbundes, in dem ich als Präses fungierte. Als Abt auf meinen Antrag vom Arbeiterverein, zu dem viele Flüchtlinge gehörten, als infam des Umgangs der Flüchtlinge und der Arbeiter unwürdig erklärt ward, veröffentlichte er kurz nachher ein Pasquill, worin er Schily und mich der absurdesten Verbrechen zieh. Daraufhin brachten wir die ganze Angelegenheit in einem andern Lokal und vor ganz andern Personen wieder vor. Zum Beweis der von ihm geschriebenen Verleumdungen aufgefordert, wies er unser Ansinnen ab, und ohne daß ich oder Schily nötig hatten, irgend etwas zu unsrer Verteidigung zu sagen, stellte Dentzer den Antrag, den Abt für einen infamen Verleumder zu erklären. Der Antrag ging zum zweiten Mal einstimmig durch, diesmal in einer Flüchtlingsversammlung, die fast ausschließlich aus Parlamentlern bestand. Es tut mir leid, daß mein Bericht so äußerst dürftig ist, aber es ist das erste Mal seit 8 Jahren, daß ich wieder an den Dreck denke. Ich möchte nicht dazu verurteilt sein, darüber zu schreiben, und ich werde mich höchlichst wundern, wenn es Dir möglich sein wird, in eine solche Sauce Deine Hand zu stecken.

Adieu

Dein Imandt"

Ein bekannter russischer Schriftsteller <Nikolai Iwanowitsch Sasonow>, während seines Aufenthalts zu Genf mit Herrn Vogt sehr befreundet, schrieb mir im Sinne der Schlußzeilen des obigen Briefes:

"Paris, 10 Mai 1860

Mon cher Marx!

J’ai appris avec la plus vive indignation les calomnies qui ont été répandues sur votre compte et dont j’ai eu connaissance par un article de la 'Revue contemporaine', signé Edouard Simon. Ce qui m’a particulièrement étonné c’est que Vogt, que je ne croyais ni bête, ni méchant, aît pu tomber dans l’abaissement moral que sa brochure révèle. Je n’avais besoin d’aucun témoignage pour être assuré, que vous étiez incapable de basses et sales intrigues, et il m’a été d’autant plus pénible de lire ces diffamations que dans le moment même où on les imprimait, vous donniez au monde savant la première partie du beau travail qui doit renouveler la science économique et la fonder sur des nouvelles et plus solides bases ... Mon cher Marx, ne vous occupez plus de toutes ces misères; tous les hommes sérieux, tous les hommes consciencieux sont pour vous, mais ils attendent de vous autre chose que des polémiques stériles; ils voudraient pouvoir <402> étudier le plus tôt possible la continuation de votre belle œuvre. - Votre succès est immense parmi les hommes pensants et s’il vous peut être agréable d’apprendre le retentissement que vos doctrines trouvent en Russie, je vous dirai qu’au commencement de cette année le professeur <I. K. Babst> - a fait à Moscovie un cours public d’économie politique dont la première leçon n’a pas été autre chose que la paraphrase de votre récente publication. Je vous adresse un numéro de la 'Gazette du Nord', où vous verrez cornbien votre nom est estimé dans mon pays. Adieu, mon cher Marx, conservez-vous en bonne santé et travaillez comme par le passé, à éclairer le monde, sans vous préoccuper des petites bêtises et des petites lâchetés. Croyez a l’amitié de votre dévoué ..."

<"Mein lieber Marx! Mit tiefster Entrüstung erfuhr ich von den Verleumdungen, die über Sie ausgestreut worden sind und von denen ich durch einen von Edouard Simon gezeichneten Artikel in der 'Revue contemporaine’ Kenntnis erlangt habe. Was mich besonders verwundert hat, ist, daß Vogt, den ich weder für dumm noch für boshaft hielt, moralisch so tief sinken konnte, wie seine Broschüre es offenbart. Es bedurfte für mich keines Beweises, um überzeugt zu sein, daß Sie niedriger, schmutziger Intrigen nicht fähig sind, und es war mir um so peinlicher, diese Verleumdungen lesen zu müssen, als Sie in dem gleichen Augenblick, in dem sie gedruckt wurden, der gelehrten Welt den ersten Teil der ausgezeichneten Arbeit schenkten, die die ökonomische Wissenschaft erneuern und sie auf neue, solidere Grundlagen stellen soll ... Mein lieber Marx, geben Sie sich mit all diesen elenden Nichtigkeiten nicht mehr ab; alle ernsthaften Menschen, alle gewissenhaften Menschen sind für Sie, aber sie erwarten von Ihnen etwas anderes als unfruchtbare Auseinandersetzungen; sie möchten so bald wie möglich die Fortsetzung Ihres schönen Werkes studieren können. Ihr Erfolg bei den denkenden Menschen ist ungeheuer, und falls es Ihnen angenehm sein sollte, den Widerhall kennenzulernen, den Ihre Lehren in Rußland finden, so will ich Ihnen sagen, daß Professor ... zu Beginn dieses Jahres in Moskau eine Reihe öffentlicher Vorlesungen über politische Ökonomie gehalten hat, deren erste nichts anderes war als eine Wiedergabe Ihrer jüngsten Veröffentlichung. Ich übermittle Ihnen eine Nummer der 'Gazette du Nord’, aus der Sie ersehen werden, welch hohe Wertschätzung Ihr Name in meiner Heimat genießt. Leben Sie wohl, lieber Marx, bleiben Sie gesund und arbeiten Sie wie bisher an der Aufklärung der Welt, ohne sich auf kleinliche Albernheiten und kleine Niederträchtigkeiten einzulassen. Seien Sie der Freundschaft versichert Ihres ergebenen ...">

Auch Szemere, der ungarische Exminister, schrieb mir: "Vaut-il la peine que vous vous occupiez de toutes ces bavardises?" <Ist es der Mühe wert, daß Sie sich mit diesem Gewäsch befassen?">

Warum ich trotz dieser und ähnlicher Abmahnungen meine Hand - um in Imandts Kraftsprache zu reden - in Vogts Sauce gesteckt habe, findet man in der Vorrede kurz angedeutet.

Also zu den Bürstenheimern zurück. Den folgenden Brief Schilys drucke ich wörtlich ab, auch das nicht auf den "Hammel" Bezügliche. Jedoch habe ich die schon durch Borkheims Brief vorweggenommenen Mitteilungen <403> über die Schwefelbande abgekürzt und andre Stellen für einen spätern Platz aufbewahrt, da ich "meinen angenehmen Gegenstand" einigermaßen artistisch behandeln muß und also nicht alle Geheimnisse auf einmal ausplaudern darf.

"Paris, den 8. Februar 1860
46, Rue Lafayette

Lieber Marx!

Sehr angenehm war es mir, durch Dein Schreiben vom 31. v.M. ein direktes Lebenszeichen von Dir zu erhalten, und findest Du mich um so mehr bereit, Dir die verlangte Auskunft über die fraglichen Genfereien zu erteilen, als ich Dir proprio motu darüber schreiben wollte. Daß Vogt Dich, wie Du schreibst, mit Dir gänzlich Unbekannten zusammenwirft, war nämlich nicht nur meine, sondern auch sämtlicher hiesigen Genfer Bekannten erste Betrachtung, als wir uns gelegentlich darüber besprachen, und so übernahm ich es denn zur Steuer der Wahrheit, Dir über 'Bürstenheimer’, 'Schwefelbande’ etc. das Geeignete mitzuteilen. Sonach wirst Du also begreifen, daß Deine beiden Fragen: '1. Wer waren die Bürstenheimer, was trieben sie? 2. Wer war die Schwefelbande, aus welchen Elementen bestand sie, was trieb sie?’ mir grade recht kamen. Zuerst muß ich Dir aber einen Verstoß gegen die chronologische Ordnung vorhalten, denn hiernach gebührt die Priorität der Schwefelbande. Wollte Vogt dem deutschen Philister den Teufel an die Wand malen oder gar mit Schwefel auf das Haupt brennen und sich 'gleichzeitig einen Jux machen’, so hätte er doch wahrlich teuflischere Gestalten zu Typen nehmen sollen als jene harmlosen, fidelen Kneipgenies, die wir Senioren der Emigration in Genf scherzweise und ohne jeden unliebsamen Nebengedanken unter dem Namen Schwefelbande begriffen und die diese Bezeichnung ebenso arglos hinnahmen. Es waren heitre Musensöhne, die ihre examina und exercitia practica in den verschiednen süddeutschen Putschen, zuletzt in der Reichskampagne, absolviert hatten und sich nun für den erlittenen Durchfall mit ihren Examinatoren und Exerziermeistern im Roten in Genf für spätere Reassumption des Geschäfts stärkten ... Namentlich bleibt selbstredend von der Bande ausgeschlossen, wer entweder gar nicht oder erst nach ihrer Sprengung in Genf ankam. Dieselbe war nämlich reinste Lokal- und Tagesblüte (Schwefelblüte wäre also das Sublimat eigentlich zu nennen), jedoch, und wahrscheinlich wegen ihres revolutionsduftigen 'Rummeltipuff', von zu starkem Geruch für die eidgenössischen Bundesnerven, denn: Druey blies und die Blume flog nach allen Winden. Erst geraume Zeit nachher kam Abt, und mehrere Jahre später Cherval, nach Genf, wo sie dufteten 'Ein jegliches nach seiner Art’, aber beileibe nicht, wie Vogt behauptet, in jenem längst zerrissenen, längst verdufteten, längst vergessenen Bukett.

Das Treiben der Bande resümiert sich so ziemlich in den Worten: Arbeiten im Weinberg des Herrn. Daneben betrieben sie die Redaktion des 'Rummeltipuff mit dem Motto: 'Bleibe im Lande und nähre Dich rötlich’, worin sie sich mit Geist und Humor über Gott und die Welt lustig machten, falsche Propheten signalisierten, Parlamenter geißel- <404> ten (inde irae <daher der Zorn>), dabei sich und uns, die Hospitanten, auch nicht schonten, sondern alle und alles, Freund und Feind mit anerkennenswerter Gewissenhaftigkeit und Unparteilichkeit karikierten.

Daß sie mit Dir in keiner Verbindung standen, daß sie Deinen Bundschuh nicht trugen, brauche ich Dir nicht zu sagen. Das kann ich Dir aber auch nicht verhehlen, daß diese Fußbekleidung nicht nach ihrem Geschmack gewesen sein würde. Landsknechte der Revolution, schlenderten sie einstweilen im Pantoffel des Waffenstillstands herum, bis jene sie wieder reaktivieren und sie mit ihrem eignen Kothurn (Meilenstiefel des entschiedenen Fortschritts) reequipieren würde; und der wäre ihnen übel angekommen, der ihnen die siesta mit Marxscher Staatsökonomie, mit Arbeiterdiktatur etc. hätte beeinträchtigen wollen. Du lieber Gott! Die Arbeit, die die taten, erheischte höchstens einen Kneippräses, und ihre ökonomischen Studien drehten sich um den pot und dessen rötliche Füllung. 'Das Recht der Arbeit’, meinte einmal Hospitant Backfisch, ein ehrsamer Hufschmied aus dem Odenwalde, 'sei schon ganz recht, aber mit der Pflicht zur Arbeit solle man ihm vom Leibe bleiben.’ ...

Lassen wir also den so freventlicherweise gelüfteten Grabstein der Schwefelbande wieder zurückfallen. Ein Hafis müßte eigentlich zur Bannung jeder weiteren Grabesschändung der Bande das Requiescat in pace <Sie ruhe in Frieden> singen. Mangels dessen empfange sie hiermit pro viatico et epitaphio <als letzte Ölung und Grabschrift> den Nachruf: 'Sie alle haben Pulver gerochen’, während ihr sakrileger Historiograph es nur bis zur Schwefelriecherei gebracht hat.

Die Bürstenheimer tauchten erst auf, als die Schwefelbanditen nur mehr in der Sage, in den Registern Genfer Philister und in den Herzen Genfer Schönen, traditionell fortlebten. Bürsten- und Buchbinder Sauernheimer, Kamm, Ranickel etc. gerieten in Streit mit Abt; für jene lebhaft Partei ergreifend, wurden Imandt, ich und andre auch von diesem angefeindet. Abt wurde demnach in einer Generalversammlung, zu welcher Flüchtlingsschaft und Arbeiterverein als cour des pairs <Adelsgericht>, resp. als haute cour de justice <Obergerichtshof> zusammengetreten waren, vorgeladen, wo er denn auch erschien und seine gegen diesen und jenen geschleuderten Anschuldigungen nicht nur nicht aufrechterhielt, sondern unumwunden erklärte, selbige rein aus der Luft gegriffen zu haben, als Repressalien gegen die aus demselben Element konstituierten Beschuldigungen seiner Gegner: 'Wurst wider Wurst, Repressalien halten die Welt zusammen!’ - meinte er. Nachdem er nun dieses Wurstsystem wacker durchplädiert und hohe Pairs von dessen praktischem Werte gründlich überzeugt hatte und hierauf betreffs der gegen ihn gerichteten Anklagen Beweise beigebracht worden, wurde er der böswilligen Verleumdung geständig, der ihm sonst imputierten Missetaten überführt erklärt und demnach in Acht und Bann getan. En revanche <Aus Rache> nannte er nun die hohen Pairs, ursprünglich nur die obengesagten Zunftgenossen, 'Bürstenheimer’, wie Du siehst, eine glückliche Kombination aus Namen und Stand des Erstgenannten derselben, den Du also als Ahnherrn derer von Bürstenheim zu verehren hast, ohne Dich jedoch diesem Geschlechte, möge es nun die Zunft oder die Pairie <den Adelsstand> in sich begreifen, ein- oder auch nur <405> anreihen zu dürfen; denn wisse, daß diejenigen unter ihnen, welche sich mit 'Organisation der Revolution’ beschäftigten, es nicht als Deine Anhänger, sondern als Deine Gegner taten; indem sie Willich als ihren Gott-Vater oder doch als ihren Papst verehrten, Dich aber als ihren Antichrist oder Gegenpapst verketzerten, so daß Dronke, der als Dein einziger Anhänger und legatus a latere <Kardinal-Beauftragter> im Diözesansitz Genf galt, von allen Konzilien, mit Ausnahme der önologischen <weinkundlichen>, wo er primus inter pares <der Erste unter Gleichen> war, ferngehalten wurde. Aber auch die Bürstenheimerei war wie die Schwefelbande reinste Ephemeride und zerstob vor dem gewaltigen Odem Drueys.

Daß nun ein Schüler Agassiz’ sich in diese Genfer Emigrations-Fossilien verrennen und so fabelhafte Naturhistörchen wie die in seiner Broschüre aufgetischten daraus zutage fördern konnte, muß in bezug auf die species Bürstenheimerana um so mehr verwundern, als er grade hiervon ein Prachtspecimen in Gestalt eines Mastodon aus der Ordnung der Wiederkäuer in der Person des Ur-Bürstenheimers Ranickel in seinem zoologischen Kabinett zur Verfügung hat. Die Rumination scheint also nicht richtig vor sich gegangen oder nicht richtig von besagtem Schüler studiert worden zu sein ...

Da hast Du nun alles, was Du verlangt hast, et au delà <und noch etwas mehr>. Nun möchte ich aber auch etwas von Dir verlangen, nämlich Deine Meinung über Einführung einer Erbquote pro patria, vulgo <für's Vaterland, mit anderen Worten> den Staat, als Hauptfinanzquelle. unter Beseitigung der auf den unbemittelten Klassen lastenden Steuern und natürlich nur gegen bedeutende Sukzessionen gerichtet ... Neben dieser Erbquote beschäftigen mich noch zwei deutsche Institute: 'Zusammenlegung der Grundstücke’ und 'Hypothekenversicherung’, die ich hierzulande zum Verständnis bringen möchte, woran es durchaus fehlt, wie denn überhaupt die Franzosen, mit wenigen Ausnahmen, jenseits des Rheins nur Nebulosen und Sauerkraut sehen. Eine Ausnahme machte vor einiger Zeit das 'Univers’, als es, über die Zerstückelung des Grundeigentums über die Gebühr lamentierend, richtig hinzufügte: 'Il serait désirable qu’on appliquât immédiatement les remèdes énergiques, dont une partie de l’Allemagne s’est servie avec avantage: le remaniement obligatoire des propriétés partout où les 7/10 des propriétaires d’une commune réclament cette mesure. La nouvelle répartition facilitera le drainage, l’irrigation, la culture rationnelle et la voirie des propriétés <Es wäre zu wünschen, daß sofort wirksame Mittel angewendet werden, wie man sich ihrer in einem Teile Deutschlands mit Erfolg bedient hat: die zwangsweise Neuordnung der Grundstücke überall da, wo 7/10 der Grundeigentümer einer Gemeinde diese Maßnahme verlangen. Die Neuverteilung wird die Entwässerung, die Bewässerung, den rationellen Ackerbau und die Anlage von Wegen auf den Grundstücken erleichtern.>’. Darauf kommt nun das 'Siecle’, schon im allgemeinen etwas kurzsichtig, in Betrachtung deutscher Zustände im besondren aber total starmätzig, vermöge seines selbstgefällig, à la Diogenes mit dem durchlöcherten Kleide, zur Schau getragenen Chauvinismus, welches Mus es tagtäglich seinen Abonnenten als Patriotismus aufwärmt; selbiger Chauvin nun, nachdem er dem 'Univers’, seiner bête noire <seinen schwarzen Mann>, den obligaten Morgengruß gebracht: 'Propriétaires ruraux, suivez ce conseil! Empressez- <406> vous de réclamer le remaniement obligatoire des propriétés; dépouillez les petits au profit des grands. O fortunatos nimium agricolas - trop heureux habitants des campagnes - Sua si bona - s’ils connaissaient l’avantage à remanier obligatoirement la propriété. <'Ländliche Eigentümer, folgt diesem Rat! Beeilt euch, die zwangsweise Neuordnung der Grundstücke zu fordern; plündert die Kleinen zum Vorteil der Großen aus. O fortunatos nimium agricolas - O ihr allzu glücklichen Landbewohner - Sua si bona - wenn sie wüßten, wie vorteilhaft es ist, das Grundeigentum zwangsweise neu zu ordnen!’> Als wenn bei einer Abstimmung der Eigentümer nach Köpfen die großen über die kleinen prävalierten.

Im übrigen lasse ich Gottes Wasser über Gottes Land laufen, gebe dem Kaiser was des Kaisers und Gott was Gottes ist, respektive selbst 'des Teufels Anteil’, und verbleibe somit in alter Freundschaft

Dein Schily"

Aus den bisherigen Mitteilungen folgt, daß, wenn zu Genf 1849/1850 eine "Schwefelbande", 1851/1852 "Bürstenheimer" existierten, zwei Gesellschaften, die nichts miteinander und nichts mit mir gemein hatten, dagegen die von unserm Parlamentsclown enthüllte Existenz der "Schwefelbande oder Bürstenheimer" Stoff von seinem Stoff ist, eine Lüge auf der 4ten Potenz, "bergdick wie der Vater, der sie gebar". Man denke sich einen Historiker, der die Schamlosigkeit hätte zu berichten: Zur Zeit der ersten französischen Revolution war eine Anzahl Leute bekannt unter dem Namen des "Cercle social" oder auch unter dem nicht weniger charakteristischen der "Jakobiner".

Was nun Leben und Taten seiner von ihm komponierten "Schwefelbande oder Bürstenheimer" betrifft, vermied unser Bruder Lustick allen Aufwand an Produktionskosten. Ich will ein einziges Beispiel anführen:

"Eine der Hauptbeschäftigungen der Schwefelbande", erzählt der Abgerundete seinem erstaunten Philisterpublikum, "war, Leute im Vaterlande so zu kompromittieren, daß sie den Ausbeutungsversuchen nicht mehr widerstehen und Geld zahlen mußten" (auch eine schöne Gegend, "sie mußten den Ausbeutungsversuchen nicht mehr widerstehen"), "damit die Bande das Geheimnis ihrer Kompromittierung bewahre. Nicht einer, Hunderte von Briefen sind von diesen Menschen" (nämlich den Vogtschen homunculis) "nach Deutschland geschrieben worden, welche die unverhüllte Losung enthielten, daß man die Beteiligung an diesem oder an jenem Akte der Revolution denunzieren werde, wenn nicht bis zu einem gewissen Zeitpunkte eine gewisse Summe an eine bezeichnete Adresse gelange." (p. 139 des "Hauptbuchs".)

Warum ließ Vogt nicht "einen" dieser Briefe drucken? Weil die "Schwefelbande" "Hunderte" schrieb. Wären Drohbriefe so wohlfeil wie Brom- <407> beeren, Vogt würde schwören, daß wir keinen Drohbrief haben sollen. Wenn morgen vor ein Ehrengericht des Grütlivereins geladen, um Aufschluß über die "Hunderte" von "Drohbriefen" zu geben, würde er statt eines Briefes eine Weinflasche aus dem Gürtel ziehen, die Zunge schnalzen, ein Schnippchen schlagen und unter baucherschüttern der Silenus-Lache mit seinem Abt ausrufen: "Wurst wider Wurst, Repressalien halten die Welt zusammen."