Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx/Friedrich Engels - Werke, (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 14, 4. Auflage 1972, unveränderter Nachdruck der 1. Auflage 1961, Berlin/DDR. S. 449-460.

1. Korrektur
Erstellt am 31.08.1998.

IV. Techows Brief| Inhalt | VI. Vogt und Die "Neue Rheinische Zeitung"

V. Reichsregent und Pfalzgraf


Vidi un col capo si di merda lordo,
Che non parea s’era laico o cherco,
Quei mi egridò; Perche se’ tu si ingordo
Di riguardar più me che gli altri brutti)
(Dante)
(1)

<459> Der heimgebürstete Vogt fühlt ein gewaltiges Bedürfnis, nachzuweisen, warum grade er als "bête noire" <"schwarzer Mann"> die Blicke der "Schwefelbande" anzog. Cherval und die "vereitelte Verschwörung" auf dem Lausanner Zentralfest werden daher ergänzt durch ein nicht minder in der Wirklichkeit sich ereignet habendes Abenteuer mit dem "flüchtigen Reichsregenten". Vogt, nicht zu vergessen, war nämlich seinerzeit Statthalter der parlamentarischen Insel Barataria. Er erzählt:

"Mit dem Beginn des Jahres 1850 erschien die 'Deutsche Monatsschrift’ von Kolatschek [...] Unmittelbar nach dem Erscheinen des ersten Hefts erließ die Schwefelbande durch einen ihrer Genossen, der sogleich nach Amerika abreiste, ein Pamphlet unter dem Titel 'Der flüchtige Reichsregent Vogt mit seinem Anhange und die Deutsche Monatsschrift von Adolph Kolatschek’, welches auch von der 'Allgemeinen Zeitung’ erwähnt wurde ... Das ganze System der Schwefelbande zeigt sich aufs neue in diesem Pamphlet." (p. l63, l.c.)

Es wird nun lang und breit erzählt, wie in besagtem Pamphlet ein anonymer Artikel über Gagern, verfaßt von Professor Hagen, dem flüchtigen Reichsregenten Vogt "zugeschrieben" ward, und zwar weil

"die Schwefelbande wußte", daß Hagen "damals in Deutschland lebte, von der badischen Polizei gemaßregelt wurde und damals nicht genannt werden konnte, ohne den empfindlichsten Vexationen ausgesetzt zu werden". (p. 163.)

<460> Schily in seinem Briefe d.d. Paris, 8. Februar, schreibt mir:

"Daß Greiner, der meines Wissens nie in Genf gewesen, in die Schwefelbande mit hineingeflochten worden, verdankt er seinem Nachruf an den 'flüchtigen Reichsregenten’, für dessen Verfasser parlamentarischerseits d’Ester gehalten und als solcher verfemt wurde, bis ich einen Freund und Kollegen Vogts correspondendo <brieflich> hierüber eines Bessern belehrte."

Greiner war Mitglied der provisorischen Regierung der Pfalz. Greiners Herrschaft war "ein Grauen" (siehe Vogts "Studien", p. 28), nämlich für meinen Freund Engels, den er unter falschen Vorwänden zu Kirchheim verhaften ließ. Das ganze tragikomische Ereignis hat Engels selbst ausführlich erzählt in der "Revue der Neuen Rheinischen Zeitung" (p. 53-55, Februarheft 1850). Und das ist alles, was mir von Herrn Greiner bekannt ist. Daß der flüchtige Reichsregent mich hineinlügt in seinen Konflikt mit dem "Pfalzgraf", zeigt "aufs neue" das "ganze System", wonach der Erfindungsreiche Leben und Taten "der Schwefelbande" komponiert hat.

Was mich aussöhnt, ist jedoch der echte Falstaff-Humor, womit er den Pfalzgraf "sogleich" nach Amerika abreisen läßt. Nachdem der Pfalzgraf das Pamphlet auf den "flüchtigen Reichsregenten" wie einen parthischen Pfeil abgeschnellt, umgrieselte den Greiner ein Grauen. Weg trieb’s ihn von der Schweiz nach Frankreich, von Frankreich nach England. Durch den Kanal selbst hielt er sich nicht hinreichend gedeckt, und weiter trieb’s ihn nach Liverpool auf einen Cunard Steamer, wo er atemlos dem Schiffskapitän zuschrie: "Fort über den Atlantik!". Und der "stern mariner" <"rauhe Seemann"> antwortete:

"Wohl aus des Vogts Gewalt errett’ ich Euch!
Aus Sturmes Nöten muß ein andrer helfen."


Fußnoten von Marx

(1) Sah einen ich das Haupt von S... so schmierig,
Ob Pfaff, ob Lai’ er, war drum nicht zu sehn.
Der schrie mir zu: "Was bist Du so begierig,
Vor allen Schmutzigen mich zu gewahren!?"
(Kannegießer)
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