Inhaltsverzeichnis Artikel und Korrespondenzen 1860

Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx/Friedrich Engels - Werke, (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 15, 4. Auflage 1972, unveränderter Nachdruck der 1. Auflage 1961, Berlin/DDR. S. 164-177.

1. Korrektur
Erstellt am 18.09.1998

Friedrich Engels

Die französische leichte Infanterie

Geschrieben Mitte September bis Mitte Oktober 1860.
Aus dem Englischen.


["The Volunteer Journal, for Lancashire and Cheshire" Nr. 3 vom 21. September 1860]

<164> Wenn die englischen Freiwilligen jemals mit einem Feinde Kugeln wechseln müßten, wäre dieser Feind - wie jeder weiß - die französische Infanterie, und der beste Typ - das beau idéal <edle Vorbild> eines französischen Fußsoldaten - ist der Soldat der leichten Infanterie, insbesondere der Chasseur.

Der französische Chasseur ist nicht nur das Vorbild für seine eigene Armee. Die Franzosen sind in bezug auf die leichte Infanterie bis zu einem gewissen Grade richtunggebend für alle europäischen Armeen; so wird der Chasseur in gewissem Sinne ein Vorbild für die gesamte europäische Infanterie.

In diesen beiden Eigenschaften, als eventueller Gegner und als das bis jetzt vollkommenste Beispiel eines Soldaten der leichten Infanterie, ist der französische Chasseur ein Gegenstand des höchsten Interesses für den britischen Freiwilligen. Je früher der englische Freiwillige mit ihm Bekanntschaft macht, desto besser.

I

Bis 1838 gab es kein einziges gezogenes Gewehr in der französischen Armee; die alte Büchse mit ihrer genau passenden Kugel, die hinuntergestoßen werden mußte und das Laden zu einer schwierigen und langsamen Operation machte, war keine Waffe für die Franzosen. Als Napoleon einmal das Steinschloßgewehr eines deutschen Schützenbataillons prüfte, <165> rief er aus: "Das ist bestimmt die elendeste Waffe, die man einem Soldaten in die Hände geben kann." Die alte Büchse war gewiß ungeeignet für die große Masse der Infanterie. In Deutschland und in der Schweiz waren einige ausgesuchte Bataillone immer damit bewaffnet. Sie wurden jedoch ausschließlich als Scharfschützen eingesetzt, um Offiziere herauszuschießen oder auf Sappeure zu feuern, die eine Brücke bauen, etc., und man trug Sorge, diese Truppenkörper aus den Söhnen von Wildhütern oder anderen jungen Männern zu formieren, die im Gebrauch der Büchse schon lange, bevor sie in die Armee eintraten, geübt waren. Die Gemsenjäger der Alpen, die Förster der Großwildwaldungen Norddeutschlands bildeten ein ausgezeichnetes Material für diese Bataillone, und sie waren auch das Vorbild für die Schützen der englischen Linie.

Was die Franzosen früher als leichte Infanterie zu bezeichnen pflegten, waren Soldaten, die genau so bewaffnet und ausgebildet wurden wie die Linienregimenter; deshalb nahm 1854 ein Dekret Louis-Napoleons diesen 25 Regimentern die Bezeichnung leichte Infanterie und gliederte sie in die Linientruppen ein, wo sie jetzt als 76. bis 100. Regiment geführt werden.

Tatsächlich gab es in jedem Infanteriebataillon eine Kompanie Voltigeure, die aus den besten und intelligentesten Soldaten von kleiner Statur gebildet wurde, während sich aus der Elite der größeren Männer die Grenadierkompanie rekrutierte. Sie entfalten sich als erste, wenn man Plänkler braucht, aber in jeder anderen Hinsicht sind sie wie die übrigen des Bataillons bewaffnet und ausgebildet.

Nach der Eroberung von Algier im Jahre 1830 sahen sich die Franzosen einem Feinde gegenüber, der mit der langen Muskete bewaffnet war, die bei den meisten östlichen Völkerschaften häufig ist. Ihnen waren die glattläufigen Musketen der Franzosen an Reichweite unterlegen. Die französischen Kolonnen sahen sich auf dem Marsch in den Ebenen auf allen Seiten von berittenen Beduinen und in den Bergen von Kabylenschützen umgeben; die Kugeln der Gegner taten in den Kolonnen ihre Wirkung, während die Schützen selber für das französische Feuer außer Schußweite waren; Tirailleure konnten sich in den Ebenen nicht weit von ihren Kolonnen entfernen, aus Furcht, von den schnellen arabischen Reitern überrascht und niedergemacht zu werden.

Die englische Armee machte mit diesen langen Musketen Bekanntschaft, als sie nach Afghanistan kam. Die Schüsse der Afghanen - wenn auch nur aus Luntenschloßmusketen - erzielten in den englischen Reihen eine furchtbare Wirkung, sowohl im Lager bei Kabul als auch während des Rückzugs über die Berge, auf Entfernungen, die für die arme, alte <166> Brown Bess völlig unerreichbar waren. Das war eine ernste Lektion, der Krieg mußte wieder von vorn beginnen. Längere Konflikte mit den Stämmen an der Nordostgrenze Britisch-Indiens waren zu erwarten, und doch war nichts getan, um die an diese Grenze geschickten englischen Soldaten mit einer Waffe zu versehen, die sich in ihrer Reichweite mit der im Osten üblichen Luntenschloßmuskete messen kann.

Nicht so bei den Franzosen. Kaum war der Mangel erkannt, als auch schon Schritte unternommen wurden, ihn zu beheben. Der Herzog von Orléans, Sohn Louis-Philippes, nahm 1837 auf seiner Hochzeitsreise durch Deutschland Gelegenheit, die Organisation der beiden Schützenbataillone der preußischen Garde zu studieren. Er erkannte sofort, daß hier ein Ausgangspunkt war, von dem aus es ihm gelingen könnte, die gerade für Algerien erforderliche Truppengattung zu formieren. Er beschäftigte sich sofort mit dem Gegenstand. Das alte französische Vorurteil gegen das gezogene Gewehr warf ihm viele Hindernisse in den Weg. Glücklicherweise kamen ihm die Erfindungen von Delvigne und Poncharra in seinem eigenen Land zu Hilfe. Sie hatten ein Gewehr konstruiert, das fast so schnell und bequem geladen werden konnte wie die glattläufige Muskete, während es diese an Reichweite und Präzision bei weitem übertraf. 1838 erhielt der Herzog die Erlaubnis, eine Kompanie nach seinen eigenen Plänen zu bilden, im selben Jahr wurde diese Kompanie zu einem ganzen Bataillon erweitert; 1840 schickte man dieses nach Algerien, um zu prüfen, was es in einem wirklichen Kriege zu leisten vermöge; es bestand die Probe so gut, daß im selben Jahre neun weitere Chasseurbataillone gebildet wurden. 1853 wurden schließlich zehn weitere Bataillone aufgestellt, so daß die gesamten Chasseurtruppen der französischen Armee jetzt aus zwanzig Bataillonen bestehen.

Die besonderen militärischen Eigenschaften der Beduinen und Kabylen, die zweifellos Vorbild für die leichte Kavallerie und die Infanterie-Tirailleure waren, regten die Franzosen sehr bald an, zu versuchen, Eingeborene für die Armee anzuwerben und Algerien zu erobern, indem man Araber gegen Araber kämpfen ließ. Diese Idee gab unter anderem den Anstoß zur Bildung des Zuavenkorps. Es wurde bereits 1830 größtenteils aus Eingeborenen formiert und blieb ein hauptsächlich arabisches Korps bis 1839, als seine Angehörigen in Massen in das Lager Abd el Kaders desertierten, der gerade die Fahne des Heiligen Krieges erhoben hatte. Es blieben damals lediglich von jeder Kompanie die Kader und die 12 französischen Soldaten neben den beiden ausschließlich französischen Kompanien, die jedem Bataillon beigegeben waren. Die Vakanzen mußten durch <167> Franzosen besetzt werden, und seitdem sind die Zuaven ein ausschließlich französisches Korps geblieben, mit der Bestimmung, ständig Garnison in Afrika zu nehmen. Aber der ursprüngliche Stamm alter französischer Zuaven hatte soviel vom Eingeborenen-Charakter angenommen, daß das gesamte Korps seitdem in seiner ganzen Mentalität und in seinen Gewohnheiten ein spezielles algerisches Korps ist, mit eigenen nationalen Zügen und völlig verschieden von der übrigen französischen Armee. Sie rekrutieren sich meist aus Ersatzleuten, und so sind die meisten von ihnen Berufssoldaten auf Lebenszeit. Sie gehören hauptsächlich zur leichten Infanterie der Armee und sind daher schon seit langem mit Büchsen ausgerüstet. Es gibt jetzt drei Regimenter oder neun Bataillone in Afrika und ein Regiment (zwei Bataillone) Gardezuaven.

Seit 1841 wurden neue Versuche unternommen, eingeborene Algerier für die lokale Armee zu werben. Es wurden drei Bataillone formiert, aber sie blieben schwach und unvollständig bis 1852, als der Eingeborenenwerbung mehr Förderung zuteil wurde. Diese hatte einen solchen Erfolg, daß 1855 drei Regimenter oder neun Bataillone gebildet werden konnten. Das sind die Turkos oder tirailleurs indigènes <eingeborenen Tirailleure>, von denen wir während des Krimkrieges und des italienischen Krieges soviel gehört haben.

Damit hat die französische Armee - nicht gerechnet die Fremdenlegion (die jetzt aufgelöst ist, aber allem Anschein nach wieder gebildet wird) und die drei Strafbataillone - 38 Bataillone, die besonders für den Dienst der leichten Infanterie formiert und ausgebildet wurden. Von diesen haben die Chasseure, die Zuaven und die Turkos jeweils ihre charakteristischen Züge. Die beiden letztgenannten Truppen haben einen zu stark lokalen Charakter angenommen, als daß sie jemals großen Einfluß auf die Masse der französischen Armee ausüben könnten, doch ihr furioser Angriff - bei dem sie, wie sich in Italien gezeigt hat, doch völlig in der Hand bleiben und durch den ihnen eigenen militärischen Sinn den Befehlen ihres Vorgesetzten entgegenkommen - wird immer ein glänzendes Beispiel für die anderen Truppen sein. Es ist auch eine Tatsache, daß die Franzosen in der Ausübung der Details des Schützengefechts und in ihrer Fähigkeit, Bodenverhältnisse auszunutzen, viel von den Arabern übernommen haben. Aber der Teil der leichten Infanterie, der seinem Wesen nach französisch geblieben und, wie wir vorher sagten, der Armee Vorbild geworden ist, sind die Chasseure. Von ihnen mehr in unserer nächsten Nummer.

["The Volunteer Journal, for Lancashire and Cheshire" Nr. 5 vom 5. Oktober 1860]

II

<168> Schon die erste Seite des französischen Exerzierreglements von 1831 zeigt, aus welch kleinen Männern sich die französische Armee zusammensetzt.

Langsamer Schritt: jeder Schritt 65 cm (25 Zoll) und 76 Schritte in der Minute.
Geschwindschritt: gleiche Schrittlänge und 100 Schritte in der Minute.
Sturmschritt (pas de charge): gleiche Schrittlänge und 130 Schritte in der Minute.

Der Schritt von 25 Zoll ist zweifellos der kürzeste und die Geschwindigkeit von 100 Schritten in einer Minute die langsamste, die jemals von einer Armee für Bewegungen im Felde angewendet wurde. Während ein französisches Bataillon im Gelände eine Strecke von 208 Fuß in einer Minute bewältigt, würde ein englisches, preußisches oder österreichisches Bataillon eine Strecke von 270 Fuß zurücklegen, also dreißig Prozent mehr. Unser langer Schritt von 30 Zoll wäre für die kurzen Beine der Franzosen zu viel. Dasselbe beim Sturmangriff: die Franzosen rücken in einer Minute 271 Fuß vor oder so weit wie die Engländer im einfachen Marschtempo, während die Engländer bei ihrem Geschwindschritt von 36 Zoll und 150 Schritten in einer Minute 450 Fuß oder sechzig Prozent mehr zurücklegen würden. Allein diese Tatsache zeigt, daß die durchschnittliche Größe der Männer nicht unter einer gewissen Grenze liegen kann, ohne die Wirksamkeit und Beweglichkeit einer Armee zu beeinträchtigen.

Aus Männern mit so kurzen Beinen, so kurzen Schritten und mit einem so langsamen Marschtempo könnte keine leichte Infanterie formiert werden. Als die Chasseure organisiert wurden, trug man von Anfang an dafür Sorge, das beste Infanteriematerial im Lande auszusuchen; es waren alles gut gewachsene, breitschultrige, bewegliche Männer, 5 Fuß 4 Zoll bis 5 Fuß 8 Zoll groß und zumeist aus den Gebirgsgegenden des Landes ausgewählt. Durch das Exerzier- und Evolutionsreglement für Chasseure (1845 veröffentlicht) wurde die Schrittlänge für das Marschtempo beibehalten, aber das Tempo auf 110 Schritt in der Minute erhöht, der Laufschritt (pas gymnastique) wurde auf 33 Zoll (83 cm) je Schritt und 165 in der Minute bemessen; aber für das Deployieren, Formieren des Karrees oder andere Gelegenheiten, wo Eile notwendig ist, wurde die Schrittzahl auf 180 in der Minute erhöht. Selbst bei diesem letzteren Schritt würde der Chasseur nur 45 Fuß mehr Boden in einer Minute bewältigen als der <169> englische Soldat beim Laufschritt. Aber weniger durch außergewöhnliche Geschwindigkeit, als durch die Länge der Zeit, in der die Chasseure diese erhöhte Geschwindigkeit durchhalten können, werden außergewöhnliche Resultate erzielt, außerdem wird ihnen im Falle großer Eile, beim Ralliieren etc., befohlen zu laufen, so schnell sie nur können.

Der Laufschritt ist das, worauf in den Chasseurbataillonen der größte Wert gelegt wird. Den Soldaten wird zuerst beigebracht, mit 165 bis 180 Schritt in der Minute auf der Stelle zu marschieren, wobei sie Eins! Zwei! oder Rechts! Links! ausrufen, was die Tätigkeit der Lungen regulieren und Entzündungen verhindern soll. Dann läßt man sie im gleichen Tempo vorwärts marschieren, und die Entfernung wird nach und nach vergrößert, bis sie in 27 Minuten eine französische Meile von 4000 m (21/2 [engl.] Meilen) zurücklegen können. Wenn bei einigen der Rekruten Lunge und Glieder für solche Übungen für zu schwach befunden werden, schickt man die Männer zur Linieninfanterie zurück. Die nächste Stufe sind Sprung- und Laufübungen, wobei in der letzteren Schrittart die größtmögliche Geschwindigkeit für kurze Entfernungen zu erzielen ist; beides, sowohl der pas gymnastique wie das Laufen, wird zuerst auf dem ebenen Exerzierplatz oder auf der Landstraße geübt und später querfeldein, wobei über Zäune und Gräben gesprungen wird. Erst nach solcher Vorbereitung werden den Soldaten ihre Waffen übergeben, und nun wird der ganze Kursus von Laufen, Springen und Rennen noch einmal durchgeführt, Gewehr in der Hand und in voller feldmarschmäßiger Ausrüstung, Tornister und Patronentasche genau so gepackt wie im Felde; und so werden sie dahin gebracht, eine volle Stunde im pas gymnastique durchzuhalten, wobei sie mindestens 5 Meilen zurückzulegen haben. Ein ausländischer Offizier in Zivil versuchte einmal, mit solch einem Bataillon Chasseure in voller Ausrüstung Schritt zu halten; aber er konnte - ungeübt wie er war - kaum eine Stunde lang mithalten. Die Chasseure marschierten weiter, abwechselnd im Marschtempo und im pas gymnastique und legten an diesem Tage eine Strecke von 22 Meilen zurück.

Sämtliche Feldbewegungen und Evolutionen - Vorgehen in Linie, Kolonnen- und Karreebildung, Schwenken, Deployieren und dergleichen - müssen im Geschwindschritt so durchgeführt werden, daß die Soldaten wie beim gewöhnlichen raschen Tempo ihre Plätze halten. Das Tempo für alle Evolutionen ist 165 Schritt in einer Minute, nur beim Deployieren und beim Schwenken wird es auf 180 beschleunigt. Folgendes ist die Meinung eines preußischen Stabsoffiziers über die Chasseure:

<170> "Auf dem Marsfeld sah ich einige Kompanien Chasseure, die an der Seite eines Linienregiments manövrierten. Welch ein Kontrast in ihrer Beweglichkeit, im ganzen Stil ihrer Bewegungen zu jenem Regiment! Auf den ersten Blick sieht man, daß sie eine ausgesuchte Mannschaft sind, unter den besten Leuten der Wald- und Gebirgsgegenden ausgewählt; sie sind alle kräftig gebaut, kompakt, stark und doch außerordentlich gewandt. Wenn sie sich mit erstaunlicher Geschwindigkeit bewegen, erkennt man ihren Unternehmungsgeist, ihre Wagehalsigkeit, ihren raschen Verstand, ihre unermüdliche Ausdauer, obwohl man freilich auch ihren immensen Eigendünkel und ihre französische Eitelkeit erkennt. Und wo immer man sie auch sieht, in Straßburg, in Paris oder in irgendeiner anderen Garnison, sie machen überall denselben Eindruck, sie sehen alle wie in einer Form gegossen aus. An ihrer Spitze sah ich kaum andere als junge Offiziere, nur einige der Hauptleute schienen fünfunddreißig zu sein, die meisten von ihnen jünger, und selbst die Stabsoffiziere nicht älter. Ihre schnelle Beweglichkeit zeigt weder Anstrengung noch wirkt sie gezwungen; ständige Übung scheint sie zu ihrer zweiten Natur gemacht zu haben, da diese Bataillone mit solcher Leichtigkeit und Ungezwungenheit ihre Bewegungen durchführen. Ihr Blut fließt ruhiger, und ihr Atem ist weniger heftig als bei anderen. Einzelne Ordonnanzen würden auf einer Straße in kurzer Zeit alle vor ihnen gehenden Personen überholen, und mit demselben schnellen Schritt defilieren ganze Bataillone auf den lustigen Klang des Signalhorns hin durch die Straßen. Wann immer man sie sieht, auf dem Exerzierplatz, auf dem Marsch von oder nach Hause, niemals schienen sie mir ermüdet. Ehrgeiz mag hierbei mit der Gewohnheit Hand in Hand gehen.

Wenn Schnelligkeit der Bewegung und Zielsicherheit unvereinbar zu sein scheinen, so haben die Chasseure diese scheinbare Unvereinbarkeit offenbar überwunden. Ich habe sie nicht selbst beim Scheibenschießen gesehen; aber nach dem Urteil erfahrener Offiziere sind ihre Leistungen in dieser Hinsicht ganz beachtlich. Wenn ihre Zielsicherheit überhaupt gestört ist, so muß das in einem Grade der Fall sein, der ihre Tüchtigkeit auf dem Schlachtfelde sehr wenig beeinträchtigt. In Afrika, wo manch einem Gefecht ähnliche Märsche im Laufschritt vorangingen, haben sie immer ihre Gegner zu treffen gewußt; und das beweist, daß das spezielle Ausbildungssystem, dem sie unterworfen werden, die Körperkräfte entwickeln hilft und die Zielsicherheit nicht beeinträchtigt. Mit nicht so ausgebildeten Truppen würde das natürlich ganz anders sein.

Die großen Vorteile dieses Ausbildungssystems liegen auf der Hand. Es kann im Kriege häufig von entscheidender Bedeutung sein, daß die Infanterie zu schnellerer Ortsveränderung fähig ist als gegenwärtig. Um z. B. dem Feinde in der Besetzung einer wichtigen Position zuvorzukommen, einen beherrschenden Punkt rasch zu erreichen, einen durch überlegene Streitkräfte angegriffenen Truppenteil zu unterstützen oder um den Feind zu überraschen, indem man ein Detachement plötzlich aus einer von ihm ganz unerwarteten Richtung erscheinen läßt."

Der algerische Krieg hatte den französischen Militärbehörden die gewaltige Überlegenheit einer Infanterie gezeigt, die in diesem langanhaltenden Laufen geübt ist. Seit 1853 wurde die Frage erörtert, ob dieses System <171> nicht in der ganzen Armee angewandt werden sollte. General de Lourmel (vor Sewastopol am 5. November 1854 gefallen) hatte besonders die Aufmerksamkeit Louis-Napoleons hierauf gelenkt. Bald nach dem Krimkrieg wurde der pas gymnastique in allen französischen Infanterieregimentern eingeführt. Das Tempo ist allerdings langsamer und wahrscheinlich auch der Schritt kürzer als bei den Chasseuren, außerdem ist das lange Laufen der Chasseure bei den Linientruppen sehr verkürzt. Das war eine Notwendigkeit; die unterschiedliche Körperkraft und Größe der Liniensoldaten machte die Fähigkeiten der schwächeren und kleineren Leute zum Standard für die Leistung des Ganzen. Aber trotzdem kann jetzt die alte schwerfällige Marschweise im Notfall überwunden werden; etwa eine Meile kann man dann und wann trotten und gerade die Fähigkeit der Soldaten, ihre Bewegungen im Laufschritt durchzuführen, gestattet den Angriff im Lauf für etwa 600 bis 800 Yard, der die Franzosen im letzten Jahr in einigen Fällen gerade über die Entfernungen hinwegführte, für die die ausgezeichneten österreichischen Karabiner höchst gefährlich waren. Der pas gymnastique hat einen großen Teil zu den Siegen bei Palestro, Magenta und Solferino beigetragen. Das Laufen selbst gibt den Soldaten einen nachdrücklichen moralischen Impuls; ein Bataillon könnte beim Angriff zögern, wenn es im raschen Tempo marschiert, aber dasselbe Bataillon, geübt, nicht außer Atem anzukommen, wird in den meisten Fällen furchtlos vorgehen, verhältnismäßig unversehrt ankommen und wird gewiß auf einen stehenden Feind eine weit größere moralische Wirkung ausüben, wenn es im Laufen angreift.

Die äußerste Vollkommenheit der Chasseure im Laufen mag zu einer solchen Spezialtruppe passen, aber sie wäre unbrauchbar und nutzlos für die Masse der Linieninfanterie. Nichtsdestoweniger könnte die englische Linie mit ihrem besseren Menschenmaterial leicht dahin gebracht werden, die französische Linientruppe in dieser Hinsicht weit zu übertreffen, und wie jede gesunde Übung würde dies eine außerordentliche körperliche und moralische Wirkung auf die Soldaten haben. Eine Infanterie, die nicht abwechselnd ein paar Stunden hindurch eine Meile laufen und eine Meile im Schritt gehen kann, wird bald als langsam angesehen werden. Was die Freiwilligen betrifft, so würde der in ihren Reihen bestehende große Unterschied in Alter und Körperkraft es schwierig machen, dieses Ergebnis überhaupt zu erzielen, aber es kann kein Zweifel darüber bestehen, daß fortschreitende Übungen im Laufschritt bei Entfernungen von einer halben bis zu einer Meile die Gesundheit keines Soldaten schädigen und seine Tüchtigkeit im Felde außerordentlich verbessern würde.

["The Volunteer Journal, for Lancashire and Cheshire" Nr. 7 vom 20. Oktober 1860]

III

<172> Nichts wird in Frankreich versäumt, um die physischen, geistigen und moralischen Kräfte jedes einzelnen Rekruten und besonders jedes Chasseurs zu entwickeln, um ihn zu einem möglichst vollkommenen Soldaten auszubilden. Alles was ihn kräftig, aktiv und gewandt macht, ihm einen raschen Blick für Bodenvorteile oder für schnelle Entscheidung in schwierigen Situationen verschafft; alles, was sein Vertrauen zu sich, zu den Kameraden, zu seinen Waffen zu stärken vermag, wird beachtet. Exerzieren ist deshalb in Frankreich nur ein kleiner Teil der militärischen Ausbildung, und nach unserer Ansicht führt ein französisches Bataillon das Marschieren, Schwenken und die Griffübungen auf dem Exerzierplatz unerhört nachlässig durch. Aber das scheint eine Folge des Nationalcharakters zu sein und hat bisher keine schlechten Resultate, gezeitigt. Englische oder deutsche Truppen scheinen ein strengeres Exerzieren vorzuziehen; sie gehorchen dem Kommando schneller und zeigen nach einer gewissen Zeit des Exerzierens stets mehr Präzision in all ihren Bewegungen, als die Franzosen jemals erreichen werden. Im übrigen ist das System der taktischen Bewegung auf dem Exerzierplatz in Frankreich fast dasselbe wie in England, obgleich es auf einem Schlachtfeld völlig anders ist.

Eine der Hauptbeschäftigungen des französischen Soldaten sind gymnastische Übungen. Es gibt eine zentrale militärische Gymnastikschule in Paris, die die Lehrer für die ganze Armee ausbildet. Dort sind fünfzehn bis zwanzig Offiziere von verschiedenen Regimentern und außerdem ein Sergeant von jedem Linienregiment oder Chasseurbataillon, die sechs Monate bleiben und dann durch andere abgelöst werden. Der zu durchlaufende Übungskurs unterscheidet sich nicht sehr von dem, was in anderen Ländern durchgeführt wird, es scheint nur eine neue Übung zu geben: das Erklimmen von Mauern, wobei von Händen und Füßen Löcher ausgenutzt werden, die von Kanonenkugeln herrühren, oder durch Anlehnen einer Stange gegen die Mauer oder mit Hilfe eines über die Mauer geworfenen Seiles mit Haken. Diese Übungsart ist zweifellos von praktischem Wert und trägt ein gut Teil dazu bei, daß die Soldaten sich auf den Gebrauch ihrer Hände und Füße verlassen. Das Bajonettexerzieren wird in dieser Schule ebenfalls gelehrt, aber es ist auf die Übungen der verschiedenen Angriffs- und Schutzstellungen beschränkt. In Wirklichkeit haben sich die <173> Soldaten niemals einer gegen den anderen oder gegen Kavallerie zu verteidigen.

Jede Garnison in Frankreich hat die notwendigen Einrichtungen für Gymnastikübungen. Da ist einmal ein Stück Boden vorhanden mit allen nötigen Geräten, bestimmt für die gewöhnlichen Gymnastikübungen. Abwechselnd marschieren alle Soldaten dorthin und haben einen regulären Instruktionskursus als Teil ihres Dienstes durchzumachen. Die Einführung dieser Art von Übungen ist noch nicht sehr alt, man ahmt völlig die Chasseure nach, die als erste Gymnastik treiben mußten. Nachdem das System bei ihnen den Zweck so gut erfüllt hatte, wurde es auf die ganze Armee ausgedehnt.

Dann gibt es in jeder Kaserne einen Fechtraum und einen Tanzraum. Im ersteren wird Fechten mit dem Degen und dem Schwert gelehrt, im anderen Tanzen und ein Wettkampf, den die Franzosen la boxe nennen. Jeder Soldat hat die Wahl, was er lernen will, aber eine dieser Fertigkeiten muß er lernen. Im allgemeinen werden Tanzen und Degen bevorzugt. Das Stockfechten wird noch ab und zu gelehrt.

Alle diese Übungen und die sogenannten Gymnastikübungen im eigentlichen Sinne werden nicht gelehrt, weil sie als solche für notwendig angesehen werden, sie werden durchgeführt, weil sie die Körperkraft und Beweglichkeit des Soldaten allgemein entwickeln und ihm größeres Selbstvertrauen einflößen. Die Fecht- und Tanzräume, weit davon entfernt, Stätten zu sein, wo ermüdender Dienst geleistet wird, sind im Gegenteil ein Anziehungspunkt, um den Soldaten auch in seinen freien Stunden in der Kaserne zu halten. Er geht dorthin, um sich zu unterhalten; wenn er im Glied nichts als eine Maschine war, so ist er hier, den Degen in der Hand, ein freier Mann, der seine persönliche Geschicklichkeit seinen Kameraden gegenüber erprobt, und welches Vertrauen in seine eigene Schnelligkeit und Beweglichkeit er hier auch gewinnt, es ist stets ein großer Gewinn für seine Aufgaben als Vorposten oder Plänkler, wo er ebenfalls mehr oder weniger auf seine eigenen Kräfte angewiesen ist.

Das neue System des Tirailleurgefechts, das die Chasseure entwickelt hatten, wurde seitdem nicht nur für die ganze französische Armee übernommen, sondern es hat auch vielen europäischen Armeen als Muster gedient, unter anderem für die verbesserte Kampfweise in der britischen Armee während des Krimkrieges und danach. Wir werden daher nur einige der Hauptzüge anführen, besonders da die Franzosen in einem Gefecht sehr oft ganz anders vorgehen, teils in Übereinstimmung mit der üblichen Ordnung (wie 1859 in Italien), teils, weil den Offizieren jeder Spielraum <174> gelassen ist, ganz den Umständen entsprechend zu handeln, und teils, weil alle Exerzierreglements in einer Schlacht beträchtlich abgewandelt werden. Die Tirailleure agieren in Gruppen zu Vier, jede Gruppe deployiert in einer Linie mit fünf Schritt Intervall von Mann zu Mann. Das Intervall zwischen den Gruppen beträgt mindestens fünf Schritt (wodurch eine kontinuierliche Linie mit je einem Mann alle fünf Schritt gebildet wird) und höchstens vierzig Schritt von Gruppe zu Gruppe. Die Unteroffiziere stehen zehn Schritte hinter ihren Sektionen, die Offiziere, jeder begleitet von einer Bedeckung von 4 Mann und einem Hornisten, 20 bis 30 Schritte dahinter. Wenn nur ein Teil der Kompanie ausschwärmt, nimmt der Hauptmann auf halbem Wege zwischen den Tirailleuren und der Reserve seinem Platz ein. Den Vorteil der Deckung wahrzunehmen, ist das Hauptprinzip, das zu beachten ist; ihm werden die Ausrichtung der Linie wie die Genauigkeit der Intervalle geopfert. Die ganze Linie der Tirailleure wird nur durch Hornsignale kommandiert, es gibt 22 Signale; außerdem haben jedes Chasseurbataillon und jede seiner Kompanien ihr eigenes Unterscheidungssignal, welches dem Kommandosignal vorausgeht. Die Offiziere tragen eine Signalpfeife, die sie jedoch nur im äußersten Falle benutzen dürfen; sie gibt fünf Signale: Achtung! Vorwärts! Halt! Zurückziehen! Ralliieren! Diese Pfeifen sind der Anlaß dafür, daß ein Teil der Schützen-Freiwilligenregimenter sie in die Ausrüstung jedes Soldaten übernommen hat, wodurch es für ihre Offiziere nutzlos wurde, im Notfalle die Pfeife zu gebrauchen. Wenn von Kavallerie in geöffneter Ordnung angegriffen, ralliieren die Tirailleure in Vierergruppen, in Sektionen und Unterabteilungen, in irregulären kompakten Massen, oder sie schließen sich den Unterstützungstruppen an, wo sie eine Art Kompaniekarree bilden, oder dem Bataillon, falls das letztere in einer Linie agieren oder ein Karree bilden soll. Diese verschiedenen Formen des Ralliierens werden viel geübt, und die Franzosen zeichnen sich besonders darin aus. Ihre Mannigfaltigkeit stiftet niemals Verwirrung, da die Soldaten dahingehend instruiert werden, im Falle unmittelbarer Gefahr zu ralliieren, wie sie können und dann die geeignetsten Bewegungen anzuwenden, um sich dem größeren Truppenteil anzuschließen, zu dem sie das Signal gerufen hat. Die Karrees sind manchmal zwei, manchmal vier Mann tief.

Verglichen mit dem altmodischen System, wie es in fast allen Armeen üblich war, ehe die Chasseure organisiert wurden, ist diese neue Methode weit überlegen. Aber man darf nicht vergessen, daß es bei allem nur eine Sammlung von Exerzierplatzreglements ist. So wie sie sind, ist darin für die Intelligenz des einzelnen Soldaten kein Platz, und sofern die Vor- <175> schriften auf ebenem Boden ausgeführt würden, vereinbarte sich dieses System durchaus mit der Pedanterie, die den starrsten Martinetisten zufriedenstellen würde. Die Linien werden mit regelmäßigen Intervallen gebildet - sie rücken vor, ziehen sich zurück, verändern Front und Richtung genau wie jedes Bataillon in Linie, und die Leute werden durch das Horn wie Marionetten durch den Draht in Bewegung gesetzt. Der wirkliche Übungsboden für Tirailleure ist vor dem Feind, und hier hatten die Franzosen eine ausgezeichnete Schule für ihre leichte Infanterie auf dem gefährlich durchbrochenen Boden von Algerien, das von den Kabylen, den tapfersten, zähesten und kriegerischsten Tirailleuren, die die Welt je gesehen hat, verteidigt wurde. Hier haben die Franzosen jenen Instinkt für den Kampf in aufgelöster Ordnung und für das Wahrnehmen jedes Deckungsvorteils bis ins höchste entwickelt, den sie in jedem Kriege seit 1792 gezeigt haben. Hier wandten besonders die Zuaven die ihnen von den Eingeborenen gegebenen Lehren sehr vorteilhaft an und dienten damit der ganzen Armee als Vorbild. Im allgemeinen erwartet man, daß eine Kette von Tirailleuren in einer Art deployierter Linie vorrückt, sich eventuell an Punkten, die gute Deckung bieten, zusammendrängt und sich auseinanderzieht, falls sie offenes Gelände zu passieren hat; sie soll die Plänkler des Feindes vor sich beschäftigen, während sie nur dann und wann den Vorteil einer Hecke oder dergleichen ausnutzt, um ein kleines Flankenfeuer zu führen, wobei man nicht erwartet, daß sie auch nur versuchen, mehr zu tun, als ihre Gegner zu beschäftigen. Nicht so die Zuaven; bei ihnen bedeutet zerstreute Ordnung die selbständige Aktion kleiner Gruppen, die auf ein gemeinsames Ziel gerichtet ist; den Versuch, Vorteile auszunützen, sobald sie sich bieten; die Chance, in die Nähe der Masse des Feindes zu gelangen und ihn durch ein gut geführtes Feuer zu stören und in kleinen Engagements eventuell eine Entscheidung herbeizuführen, ohne daß die Masse der Truppen überhaupt einbezogen wird. Bei ihnen sind Überraschung und Hinterhalt das eigentliche Wesen des Tirailleurkampfes. Sie benutzen Deckungen nicht nur, um das Feuer aus einer verhältnismäßig geschützten Position zu eröffnen; sie benutzen sie hauptsächlich, um ungesehen dicht an die Tirailleure des Feindes heranzukriechen, plötzlich aufzuspringen und sie in völliger Unordnung fortzujagen. Sie benutzen die Deckung, um in die Flanken des Gegners zu gelangen und dort unerwartet in einem dichten Schwarm aufzutauchen, Teile seiner Linie abzuschneiden oder einen Hinterhalt zu schaffen, in den sie die feindlichen Tirailleure locken, wenn diese dem vorgetäuschten Rückzug zu rasch folgen. In entscheidenden Aktionen können solche Kunstgriffe während der vielen <176> Pausen zwischen den großen Aufeinandertreffen angewandt werden, um die Entscheidung zu beschleunigen; im Kleinkrieg jedoch, im Kampf zwischen Detachements und Vorposten, zur Erlangung von Informationen über den Feind oder zum Schutz des übrigen Teils der eigenen Armee sind solche Fähigkeiten von höchster Bedeutung. Wie die Zuaven sind, mag ein Beispiel zeigen. Für den Vorpostendienst gilt in allen Armeen, besonders während der Nacht, die Regel, daß die Posten weder sitzen noch sich etwa hinlegen dürfen; und sie sollen feuern, sobald sich der Feind nähert, um die Piketts zu alarmieren. Man lese des Herzogs von Aumales Beschreibung eines Zuavenlagers ("Revue des deux Mondes", 15. März 1855):

"Nachts ist sogar der einzelne Zuave, der am Rande jenes Hügels postiert war und die jenseitige Ebene übersehen konnte, zurückgezogen worden. Man sieht keine Vedetten; man warte aber, bis der Offizier seine Runde macht, und man wird ihn einen Zuaven ansprechen sehen, der flach am Boden liegt, genau hinter dem Abhang, und alles beobachtet. Da ist jene Gruppe von Sträuchern; ich wäre keinesfalls überrascht, wenn man nach näherer Untersuchung dort eine Handvoll Zuaven versteckt fände. Falls ein Beduine in diese Büsche kriechen sollte, um auszuspähen, was im Lager vorgeht, werden sie nicht feuern, sondern ihn still mit dem Bajonett ins Jenseits befördern, um die Falle nicht unwirksam zu machen."

Was sind das schon für Soldaten, die ihren Vorpostendienst in Friedensgarnisonen erlernt haben und denen man nicht zutrauen kann, wach zu bleiben, wenn nicht durch Stehen oder Herumgehen, gegenüber Männern, die in einem Kriege voller Schlauheit und List gegen Beduinen und Kabylen geübt wurden? Und bei all diesen Abweichungen vom vorgeschriebenen Reglement sind die Zuaven nur einmal von ihren schlauen Gegnern überrumpelt worden.

England besitzt an der Nordwestgrenze Indiens ein in seinen militärischen Eigenarten Algerien sehr ähnliches Gebiet. Das Klima ist beinahe dasselbe, ebenso die Bodenbeschaffenheit und die Grenzbevölkerung. Häufige räuberische Einfälle und feindliche Zusammenstöße ereignen sich dort; und dieses Gebiet hat einige der besten Soldaten in der britischen Armee hervorgebracht. Es ist gewiß seltsam, daß diese langwierigen und höchst lehrreichen Zusammenstöße keinen dauernden Einfluß darauf gehabt haben, wie der gesamte Dienst der leichten Infanterie in der britischen Armee vorangebracht wird - daß nach zwanzig und mehr Jahren des Kampfes mit Afghanen und Belutschen dieser Teil der Truppen so mangelhaft befunden wurde, daß französische Vorbilder raschestens nachgeahmt werden mußten, um die Infanterie in dieser Hinsicht leistungsfähig zu machen.

<177> Die französischen Chasseure haben in die französische Armee eingeführt: 1. das neue System der Bekleidung und der Ausrüstung, die Tunika, den leichten Tschako, das Säbelkoppel statt des Bandeliers; 2. das gezogene Gewehr und die wissenschaftlichen Kenntnisse von seiner Anwendung, die moderne Schule der Schießkunst; 3.. die Anwendung des Laufschritts über längere Strecken und sein Gebrauch bei Evolutionen; 4. die Bajonettübungen; 5. die Gymnastik und 6. gemeinsam mit den Zuaven das moderne System des Tirailleurgefechts. Und wenn wir aufrichtig sein wollen: sind wir nicht für vieles von alledem, soweit es in der britischen Armee vorhanden ist, den Franzosen verpflichtet?

Es gibt noch viele Möglichkeiten für Verbesserungen. Warum sollte die britische Armee nicht ihren Teil dazu beitragen? Warum sollte nicht die Nordwestgrenze Indiens gerade jetzt die dort eingesetzten Truppen zu einem Korps formen, das fähig ist, für die englische Armee das zu leisten, was die Chasseure und die Zuaven für die Franzosen geleistet haben?