Inhaltsverzeichnis Artikel und Korrespondenzen 1862

Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx/Friedrich Engels - Werke, (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 15, 4. Auflage 1972, unveränderter Nachdruck der 1. Auflage 1961, Berlin/DDR. S. 511-513.

1. Korrektur.
Erstellt am 25.10.1998.

Friedrich Engels

Der Amerikanische Bürgerkrieg
und die Panzer- und Widderschiffe

Geschrieben Ende Juni 1862.


["Die Presse Nr. 181 vom 3. Juli 1862]

|511| Vor ungefähr dreiundeinhalb Monaten, am 8. März 1862, schloß die Seeschlacht zwischen dem "Merrimac" und den Fregatten "Cumberland" und "Congreß" in den Hampton-Roads die lange Ära der hölzernen Kriegsschiffe. Am 9. März 1862 eröffnete die Seeschlacht zwischen "Merrimac" und "Monitor" in denselben Wässern die Ära des Krieges zwischen eisenbepanzerten Schiffen.

Seit der Zeit hat der Kongreß zu Washington bedeutende Summen für den Bau verschiedener eisenbepanzerter Schiffe und die Vollendung der großen eisernen Schiffsbatterie des Herrn Stevens (zu Hoboken, in der Nähe New Yorks) bewilligt. Herr Ericsson ist ferner mit der Vollendung von sechs Schiffen beschäftigt, gebaut nach dem Plane des "Monitor", aber umfangreicher und mit zwei beweglichen Türmen versehen, deren jeder von zwei großen Kanonen flankiert ist. Die "Galena", ein zweiter Eisenpanzer, nicht von Herrn Ericsson und nach einem andern Plane als der "Monitor" gebaut, wurde vollendet und dann dem "Monitor" beigesellt, zuerst zur Überwachung des "Merrimac", später zur Säuberung der Ufer des James River von den Forts der Rebellen; bis auf sieben oder acht Meilen Entfernung von Richmond ist diese Aufgabe gelöst. Der dritte Eisenpanzer im James River ist der "Bengaluche", zuerst benamst "Stevens", nach seinem Erfinder und früheren Eigentümer.

Ein vierter Eisenpanzer, die "New Ironsides", wird in Philadelphia gebaut und soll in wenigen Wochen seetüchtig sein. Der "Vanderbilt" und ein anderer großer Dampfer werden in Widder verwandelt; eine Masse anderer hölzerner Kriegsschiffe, wie der "Roanoke", gehen ihrer Wiedergeburt als Eisenpanzer entgegen. Die Unionsregierung hatte außerdem 4 bis 5 eisenbeschiente Kanonenboote auf dem Ohio bauen lassen, die |512| guten Dienst bei Fort Henry, Fort Donelson und Pittsburg Landing taten. Endlich rüstete Oberst Ellet mit seinen Freunden verschiedene Widder aus, vermittelst Abflachung und Eisenbekleidung der Bugs alter Dampfschiffe zu Cincinnati und anderer Plätze am Ohio. Er bewaffnete sie nicht mit Kanonen, sondern mit Scharfschützen, an denen der Westen so reich ist. Widder, Mannschaft und seine eigenen Dienste bot er dann der Unionsregierung an. Wir kommen später auf die erste Waffentat dieser improvisierten Widder zurück.

Auf der andern Seite waren die Konföderierten auch nicht untätig geblieben. Sie begannen den Bau neuer Eisenschiffe und die Remodellierung alter zu Norfolk. Bevor sie hier ihr Werk vollendet hatten, fiel Norfolk in die Hand der Unionstruppen, und alle jene Schiffe wurden zerstört. Die Konföderierten bauten ferner drei eiserne Widder von großer Stärke zu New Orleans, und ein vierter Eisenpanzer von ungeheurer Masse und vorzüglich bewaffnet näherte sich der Vollendung, als New Orleans fiel. Nach dem Urteile von Seeoffizieren der Union würde das letztere Schiff, wenn bereits kampffähig, die gesamte Unionsmarine der höchsten Gefahr ausgesetzt haben, denn die Regierung zu Washington hatte diesem Ungeheuer keinen ebenbürtigen Widerpart gegenüberzustellen. Seine Kosten beliefen sich auf zwei Millionen Dollars. Die Rebellen selbst haben bekanntlich das Schiff zerstört.

Zu Memphis hatten die Konföderierten nicht weniger als acht Widder gebaut, deren jeder vier oder sechs Kanonen von schwerem Kaliber führte. Zu Memphis fand dann auch die erste "Schlacht der Widder" auf dem Mississippi am 6. Juni statt. Obgleich die Unionsflottille, die den Mississippi hinunterkam, fünf eisenbepanzerte Kanonenboote zählte, waren es dennoch zwei von Oberst Ellets Widdern, die "Queen" und der "Monarch", die wesentlich den Kampf entschieden. Von den acht feindlichen Widdern wurden vier zerstört, drei gefangen, einer entkam. Nachdem die Kanonenboote der Unionsflottille eine lebhafte Kanonade gegen die Rebellenschiffe eröffnet und eine Zeitlang unterhalten hatten, schwammen die "Queen" und der "Monarch" mitten unter das feindliche Geschwader. Das Feuer der Kanonenboote verstummte fast ganz, da Oberst Ellets Widder sich mit den feindlichen in einen Knäuel verwickelt hatten, der den Kanonieren Unterscheidung zwischen Freund und Feind untersagte.

Ellets Widder, wie bereits oben bemerkt, führten keine Kanonen, aber eine Menge von Scharfschützen. Ihre Dampfmaschinen und Kessel waren bloß durch Holzwerke beschützt. Mächtige Dampfmaschinen und ein scharf gespitzter Bug aus Eichenholz, mit Eisen bekleidet, bildeten die |513| ganze Ausstattung dieser Widder. Männer, Weiber und Kinder strömten zu Tausenden von Memphis auf die steilen Ufer des Mississippi, um von hier, an manchen Punkten kaum eine halbe englische Meile vom Kriegstheater entfernt, mit banger Spannung die "Schlacht der Widder" zu beobachten. Sie währte kaum länger als eine Stunde. Während die Rebellen 7 Schiffe verloren und 100 Mann, wovon ungefähr 40 durch Ertrinken, wurde nur ein Unionsschiff ernsthaft gefährdet, nur ein Mann verwundet und keiner getötet.

Mit Ausnahme des einen eisernen Widders, der aus dem Seetreffen bei Memphis entkam, besitzen die Konföderierten jetzt vielleicht noch ein paar Widder und Eisenpanzer bei Mobile. Außer diesen und den wenigen Kanonenbooten bei Vicksburg, die von Farragut, der den Strom hinauf- und von Davis, der ihn hinuntersegelt, gleichzeitig bedroht werden, hat ihre Flotte bereits das Zeitliche gesegnet.