Inhaltsverzeichnis Artikel und Korrespondenzen 1863

Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx/Friedrich Engels - Werke, (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 15, 4. Auflage 1972, unveränderter Nachdruck der 1. Auflage 1961, Berlin/DDR. S. 589-602.

1. Korrektur.
Erstellt am 25.10.1998.

Friedrich Engels

Kinglake über die Schlacht an der Alma

Geschrieben im Juni 1863.
Nach der Handschrift.


|589| Das Buch von Kinglake über den Krimkrieg hat in und außerhalb Englands verdientermaßen großes Aufsehen erregt. Es enthält eine Menge wertvollen und neuen Stoffs, wie das nicht anders sein kann, da dem Verfasser die Papiere des englischen Hauptquartiers, eine Menge Notizen englischer höherer Offiziere, und nicht wenige eigens für ihn abgefaßte Denkschriften russischer Generale zu Gebot standen. Trotzdem ist das Buch, was die militärische Darstellung betrifft, kein Geschichtswerk, sondern ein Roman; ein Roman, dessen Held der englische Oberfeldherr Lord Raglan und dessen Endzweck die bis ins Absurde übertriebne Verherrlichung der englischen Armee ist.

Die Kinglakesche Darstellung ist ganz geeignet, in Deutschland große Wirkung auszuüben; während sie den Anteil der Franzosen am Sieg an der Alma auf ein Minimum reduziert, behandelt sie die Russen mit scheinbarer achtungsvoller Unparteilichkeit, beruft sich auf die schon bekannten Quellen aller drei beteiligten Nationen, und hält sich frei von der speziell französischen Prahlerei, die uns in Thiers und Konsorten ebenso widerlich wie lächerlich erscheint. Indes, unsere Freunde, die Engländer, können auch prahlen, und wenn sie ihr Selbstlob auch etwas geschickter anbringen als die Franzosen, so sind die Farben doch mindestens ebenso dick aufgetragen wie bei diesen. Schon deshalb ist es von Interesse, der Darstellung des einzigen militärischen Ereignisses in den bis jetzt erschienenen beiden Bänden, der Schlacht an der Alma, den belletristischen Deckmantel abzustreifen und das wirkliche neue historische Material von den Verzierungen, Rodomontaden und Vermutungen zu trennen, mit denen Herr Kinglake sein Gemälde ausfüllt. Es kommt aber noch dazu, daß die Almaschlacht ein ganz besonderes taktisches Interesse hat, das bisher wenig genug gewürdigt wurde. In dieser Schlacht treten sich zum ersten Mal seit Waterloo wieder zwei verschiedne |590| taktische Formationen gegenüber, die eine von allen europäischen Armeen vorwiegend gepflegt, die andre von ihnen allen verworfen bis auf eine - die englische. An der Alma rückte die englische Linie vor gegen die russischen Kolonnen und warf sie ohne sonderliche Mühe über den Haufen. Jedenfalls ein Zeichen, daß die alte Linie doch noch nicht so abgetan ist wie die kontinentalen taktischen Lehrbücher behaupten, und jedenfalls der Mühe wert, daß man die Sache etwas näher besieht.

I

Die Angabe der beiderseitigen Streitkräfte ist bei Kinglake höchst liederlich. Für die Engländer hatte er die offiziellen Angaben zur Hand und stellt hiernach die Zahl der Kombattanten auf 25.404 Infanteristen und Artilleristen, etwas über 1.000 Reiter und 60 Kanonen fest. Dies wird als authentisch gelten können. Die Franzosen gibt er in runder Zahl auf 30.000 mit 68 Kanonen an; dazu kamen noch 7.000 Türken. In runder Zahl 63.000 Alliierte mit 128 Geschützen, was im ganzen ziemlich richtig sein mag. Aber bei den Russen beginnt für Herrn Kinglake die Schwierigkeit. Nun haben wir zwar in Anitschkows "Feldzug in der Krim" (deutsche Übersetzung, Berlin, Mittler 1857, erstes Heft) eine offenbar auf offiziellen Quellen beruhende und bisher in keinem irgendwie wesentlichen Punkt bestrittene Aufstellung, mit Namen und Nummern der Regimenter, Bataillone, Schwadronen und Batterien, wonach die Russen 42 Bataillone, 16 Schwadronen, 11 Sotnien Kosaken und 96 Kanonen in 101/2 Batterien, im ganzen 35.000 M. an der Alma hatten. Dies genügt aber Herrn Kinglake keineswegs; er macht eine besondre Aufstellung, wobei er sich fortwährend auf Anitschkow als seine Autorität beruft, aber ganz andre Ergebnisse herausbringt, ohne jedoch es der Mühe wert zu halten, uns Beweisstücke für seine abweichenden Data beizubringen. Es ist überhaupt charakteristisch für das ganze Buch, daß es stets da Gewährsmänner zitiert, wo notorische Tatsachen berichtet werden, bei neuen und gewagten Behauptungen dagegen dies sorgfältig vermeidet.

Beide Darstellungen weichen in Beziehung auf die Infanterie nur wenig ab, Anitschkow gibt 40 Bataillone Linie, 1 Bataillon Schützen und 1/2 Bataillon Marineschützen [an]; Kinglake verwandelt dies letztere halbe Bataillon in zwei Bataillone und beruft sich dafür auf Chodasiewicz (Major im Inf. Rgt. Tarutino), der sie gesehen habe. Der Punkt ist unwichtig, da Kinglake selbst zugibt, diese Truppen seien bei den Russen selbst sehr |591| gering angesehen worden. Außerdem verwandelt er die bei Anitschkow vorkommenden 2 Kompanien Sappeurs in ein ganzes Bataillon und zählt sie überall als Infanterie mit auf.

Bei der Kavallerie tritt dagegen Kinglakes Übertreibung schon stärker hervor. Durch den ganzen Schlachtbericht wird bei jeder Gelegenheit betont, daß die Russen "3.400 Lanzen" im Felde hatten, und auf jedem Plane figuriert eine enorme Kolonne hinter dem russischen rechten Flügel mit der Bemerkung, daß die russische Kavallerie, 3.000 Mann stark, sich in dieser Gegend aufhielt. Die wunderbare Untätigkeit dieser 3.000 Mann und die Gefahren ihrer Nähe für die Engländer, die nur etwas über 1.000 Reiter hatten, werden uns jeden Augenblick ins Gedächtnis gerufen. Kinglake hütet sich sehr wohl, uns darauf aufmerksam zu machen, daß über ein Drittel dieser Kavallerie aus Kosaken bestand, von denen jedermann weiß, daß sie unfähig sind, geschlossen gegen regelmäßige Kavallerie zu fechten. Bei der großen Unkenntnis aller militärischen Verhältnisse, die durch das ganze Buch geht, ist dies grobe Versehen eher der Unwissenheit als dem bösen Willen zuzuschreiben.

Bei der Artillerie hört bei Kinglake alle Kritik auf. Anitschkow, wie gesagt, gibt im ganzen 96 Geschütze an - in 10 spezifizierten leichten und schweren Feldbatterien, wozu noch 4 bespannte Schiffsgeschütze kamen. Er weiß auch genau, wo jede dieser Batterien während der Schlacht sich befand. Bei Kinglake figurieren alle diese Batterien (mit einzelnen geringen Abweichungen in den Nummern), außerdem aber noch drei andre. Die 5. Batterie der 17. Brigade, die auch bei Anitschkow vorkommt, figuriert nämlich bei Kinglake zweimal in der Originalaufstellung, einmal auf dem linken Flügel (p. 231) und gleich darauf nochmals in der Hauptreserve (p. 235)! Desgleichen figuriert die 3. Batterie derselben 17. Brigade, die nach Anitschkow gar nicht dort war, bei Kinglake zweimal, einmal auf dem linken Flügel (p. 231) und zum zweiten Mal - aber als "Positionsbatterie" - im Zentrum! Daß es nach der wohlbekannten Organisation der russischen Artillerie zur Zeit des Krimkrieges (vergl. Haxthausen, "Studien über Rußland") in jeder Artilleriebrigade nur eine schwere Batterie von 12 Geschützen gab, daß nachher, als die Batterien auf 8 Geschütze gestellt wurden, es daher wohl eine 1. und 2., nie aber eine 3. schwere Batterie in den Brigaden geben konnte - alles das kümmert unsern Geschichtsschreiber nicht. Es handelt sich für ihn darum, die Heldentaten der Engländer an der Alma so ungeheuerlich wie möglich zu machen; und dazu hatte er möglichst viel russische Kanonen nötig. Wo er also in russischen Berichten (die außer Anitschkow alle für solche Details mehr oder weniger unbrauchbar sind) |592| eine Batterie aufgezählt findet, die Anitschkow nicht erwähnt, so nimmt er an, Anitschkow habe sie vergessen und zählt sie den von A[nitschkow] angegebenen Batterien ruhig zu. Findet er dieselbe Batterie in verschiednen Quellen an zwei verschiednen Orten des Schlachtfeldes angeführt, so zählt er sie ruhig zweimal und nimmt höchstens an, einmal sei eine leichte, das andre Mal eine schwere Batterie gemeint.

Mit allen diesen Kunststücken indes bekommt Kinglake doch nur 131/2 Batterien à 8 Kanonen - 108 Geschütze zusammen, und da er übersieht, daß nach Anitschkow die 3 Batterien der 16. Brigade noch auf dem alten Fuß von 12 Geschützen organisiert waren (man sieht, wie oberflächlich der Mann arbeitet), so gibt das gegen A[nitschkow] immer nur ein Mehr von 12 Geschützen. Kinglake muß also eine ganz außergewöhnliche Anstrengung machen, um die Höhen der Alma mit russischen Geschützen zu spicken. Hierzu verhilft ihm das Feldwerk, welches die Engländer in ihrem Bombast "die große Redoute" nannten. Anitschkow sagt hiervon einfach:

"Rechts der Straße war die Batterie Nr. 1 derselben (16.) Brigade in einer vorteilhaften Position aufgefahren und wurde durch eine Schulterwehr gedeckt."

Kinglake beschreibt dies unbedeutende Werk auch ganz richtig, kann sich aber gar nicht denken, daß man einfache Zwölfpfünder dahinter stellen würde, sondern behauptet, dies seien schwere Kanonen aus Sewastopol gewesen. Chodasiewicz behauptet zwar, die Geschütze der 2. Batterie 16. Brig. hätten dort gestanden, (er verwechselt die 1. und 2. Batt.), aber das Kaliber der Kanone und der Haubitze, die jetzt noch in Woolwich seien, bewiesen, daß diese Geschütze nicht der regelmäßigen Feldartillerie angehörten (p. 233). Kinglake weiß noch mehr. Er sagt p. 229 ganz bestimmt:

"Es waren 32pfdr. und vierundzwanzigpfündige Haubitzen."

Im Jahre 1849 gab es während des Aufstandes in der Pfalz einige Freischarenführer, die die beharrlichen rückgängigen Bewegungen ihrer Korps stets damit motivierten, man habe mit "vierundzwanzigpfündigen feurigen Bombenkugeln" auf sie geschossen. Schreiber dieses hatte sicher nie erwartet, daß die Haubitze, aus der diese schrecklichen Kugeln geschossen wurden, von Herrn Kinglake an der Alma erobert werden würde. Was jene 24pf. Kugeln ha ...|Es fehlen die zwei anschließenden Seiten der Handschrift|

II

|593| ... Geschützen, durch eine Distanz von 1.500 Schritt von Canrobert getrennt, dessen Division durch die russischen Geschütze neutralisiert wurde, während seine eigne Artillerie ihn, auf einem Umwege von einer halben deutschen Meile mindestens, zu erreichen suchte; endlich Prinz Napoleon im Tale feststeckend, von Canrobert 1.200 Schritt entfernt und zaudernd, den Fluß zu überschreiten. Diese Verzettelung seiner Truppen auf eine Front von 6.000 Schritten und namentlich die exponierte Stellung Bosquets machten endlich dem Marschall Saint-Arnaud doch soviel Angst, daß er zu dem verzweifelten Mittel griff, seine ganze Reserve vorzuschicken, Die Brigade Lourmel wurde Bouat nachgeschickt, während die Brigade d'Aurelle den Prinzen Napoleon verstärkte. Indem also Saint-Arnaud seine beiden Reserven gerade auf diejenigen beiden Defilés dirigierte, die ohnehin schon von Truppen vollgepfropft waren, vollendete er die Verzettelung seiner Streitkräfte. Stände dies nicht alles im französischen offiziellen Bericht (dem "Atlas historique de la guerre d'Orient"), so wäre es kaum glaublich.

Wie sah es auf der russischen Seite aus, und was rettete die Franzosen aus dieser gefährlichen Lage?

Den russischen linken Flügel kommandierte Kirjakow. Er hatte gegenüber Canrobert und Prinz Napoleon in erster Linie 4 Reservebataillone (Regt. Brest und Bialystok), mittelmäßige Truppen; in zweiter die 4 Bataillone des Regts. Tarutino, in Reserve die 4 Bat. Moskau und vom Regt. Minsk das 2. Bat., das mit 4 Geschützen (4. Batt. 17. Art. Brig.) weiter links zur Beobachtung der Seeküste detachiert war. Die 4 Bataillone Borodino, welche auch unter seinem Kommando waren, standen weiter östlich, dicht an der Straße nach Sewastopol, und kämpften fast nur gegen Engländer, wenn sie überhaupt anders, denn als Tirailleurs engagiert waren. Im ganzen standen gegen die Franzosen also 13 Bataillone mit 8 Geschützen.

Als die Umgehungskolonne Bosquets auf dem Plateau südlich der Alma sichtbar wurde, kam Fürst Menschikow selbst auf den linken Flügel und brachte aus der Hauptreserve die übrigen 3 Bat. des Regts. Minsk, eine Fuß- und zwei reitende Batterien, sowie 6 Schwadronen Husaren mit. Bis dahin war der Kampf auf Plänkeln und Kanonade beschränkt gewesen; die russischen Massen waren meist etwas zurückgegangen, die französischen - Napoleon und Canrobert - noch gar nicht auf dem Plateau erschienen oder standen doch so weit ab (Bosquet, Bouat, Lourmel), daß sie vorderhand nicht ins Gefecht eingreifen konnten. Da nun die Truppen des Prinzen |594| Napoleon sich im Defilé so festgefahren hatten, daß sie noch immer nicht debouchierten, so blieb den Russen kein andrer Angriffspunkt als die hinter dem Rand des Plateaus verdeckt stehende Division Canrobert. Gegen diesen formierte nun Menschikow aus den 8 Bataillonen Minsk und Moskau eine Monstrekolonne - zwei Bataillone in der Front und vier Bataillone tief, alle in Angriffskolonnen nach der Mitte. Nach seinem Zentrum abgerufen, übergab er diese unbehilfliche Masse an Kirjakow mit dem Befehl, sofort anzugreifen. Als die Kolonne den Franzosen auf Gewehrschuß nahe kam, konnten diese

"das Gewicht nicht länger ertragen, mit welchem die Annäherung einer großen Infanteriekolonne auf das Herz eines kontinentalen Soldaten drückt" (p. 400).

Sie wichen noch etwas hinter den Abhang zurück. In diesem Augenblick aber kamen die beiden Batterien Canroberts, nebst denjenigen Bosquets, durch eine Terrainfalte etwas weiter rechts herbeigeeilt; sie fuhren rasch auf und eröffneten ihr Feuer gegen die linke Flanke der russischen Masse mit solcher Wirkung, daß diese sich schleunigst in Sicherheit begab. Die französische Infanterie folgte ihr nicht.

Kirjakows vier Reservebataillone hatten sich, nach Chodasiewiczs Ausdruck, unter dem Tirailleur- und Geschützfeuer "aufgelöst"; die vier Bataillone Tarutino hatten ebenfalls starke Verluste gehabt; die acht Bataillone der Monstrekolonne waren sicher nicht in der Verfassung, den Angriff sobald zu erneuern. Die französische Infanterie d'Aurelles und Canroberts entwickelte sich unter dem Schutz ihrer Artillerie jetzt auf dem Plateau, und Bosquet hatte sich ihr genähert; die Truppen des Prinzen Napoleon (dessen 2. Zuaven-Regt. sich bereits an Canrobert angeschlossen hatte) fingen endlich an, die Höhen zu ersteigen. Die Überlegenheit war unverhältnismäßig geworden; die russischen Bataillone, auf der Telegraphenhöhe konzentriert, schmolzen unter dem Kreuzfeuer der französischen Artillerie zusammen; endlich hatte der russische rechte Flügel "eine sehr bestimmte rückgängige Bewegung angetreten", wie Kirjakow selbst sagt. Unter diesen Umständen trat er den Rückzug an, "unverfolgt vom Feinde" (Kirjakows handschriftliche Denkschrift).

Bei französischen Darstellern wird das jetzt folgende allgemeine Vorstürmen der Franzosen mit einer angeblichen Erstürmung des Telegraphenturms, wobei es zum Handgemenge gekommen, gekrönt, und so der Sache ein hübscher melodramatischer Abschluß gegeben. Die Russen wissen von diesem Gefecht nichts, und K[irjakow] leugnet daher gänzlich ab, daß es stattgefunden. Es ist indes wahrscheinlich, daß der Turm von Schützen |595| besetzt war und erstürmt werden mußte, und es mögen auch noch sonstige russische Plänkler sich in seiner Gegend befunden haben, die vertrieben werden mußten; nur war dazu natürlich nicht der Sturm, oder vielmehr Wettlauf einer ganzen Division nötig, und die Erzählung selbst des "Atlas historique" ist jedenfalls arg übertrieben.

Hiermit endigte die Schlacht, und Saint-Arnaud, von Raglan zur Verfolgung aufgefordert, lehnte es ab, "weil die Truppen ihre Tornister jenseits des Flusses gelassen hätten" (p. 492).

Die Heldentaten, die uns Saint-Arnaud nach der Schlacht und späterhin Bazancourt erzählten, schrumpfen nach dieser Darstellung allerdings sehr zusammen. Die ganze franz. Armee, mit den Türken 37.000 Mann und 68 Geschütze stark, hatte ... |Es fehlt die abschließende Seite der Handschrift|

III

Die Engländer rückten auf dem alliierten linken Flügel vor. Ihr erstes Treffen war gebildet von der Division Evans und der leichten Division Brown; ihr zweites Treffen von den Divisionen England und Herzog Cambridge. Die Division Cathcart, von der ein Bataillon detachiert, und die Kavalleriebrigade folgten links rückwärts vom in der Luft schwebenden linken Flügel als Reserve. Jede Division hatte 6 Bataillone in zwei Brigaden. Die Angriffsfront der Engländer, die sich am Dorfe Burliuk an den linken Flügel des Prinzen Napoleon anlehnten, betrug etwa 3.600 Schritt, so daß auf jedes der 12 Bataillone eines Treffens 300 Schritt kamen.

Auf dem nach der Alma sich sanft senkenden Abhang angekommen, gerieten die Kolonnen in das Feuer der gegenüber aufgefahrenen russischen Batterien, und nach englischem Brauch deployierte das erste Treffen sofort. Bei der zu gering bemessenen Frontausdehnung jedoch geschah es, daß der rechte Flügel der leichten Division vom linken der Division Evans überflügelt wurde; ein ganzes Bataillon (7. Regt,) wurde so aus der Schlachtlinie verdrängt. Die Artillerie fuhr vor der Front auf. Im zweiten Treffen deployierte die Division Cambridge ebenfalls, und da ihre Bataillone (Garden und Hochschotten) stärker waren, so bildete sie allein eine fast hinreichend ausgedehnte zweite Linie; die Division England blieb außer Geschützbereich in Kolonnen, wie auch die Reserve. Das russische Feuer begann um halb zwei Uhr. Bis der französische Angriff sich entwickelte, |596| legten sich die Engländer, um weniger vom Feuer zu leiden, auf den Boden. In den Gebüschen und Weingärten des Tals kämpften die Schützen, die Russen langsam vor sich hertreibend; diese steckten das Dorf Burliuk bei ihrem Rückzug in Brand und verengerten dadurch die englische Angriffsfront noch mehr.

Die Engländer hatten sich gegenüber den ganzen Rest der russischen Armee, d.h. 251/2 (Anitschkow) oder 27 Bataillone (Kinglake) und 64 Geschütze. Sie selbst griffen an mit 29 Bataillonen und 60 Geschützen; ihre Bataillone waren stärker als die russischen. Die Russen hatten im ersten Treffen die beiden Regimenter Susdal (äußerster rechter Flügel) und Kasan (oder Großfürst Michail Nikolajewitsch, rechtes Zentrum), woran sich das Regt. Borodino anschloß. Im zweiten Treffen stand das Regiment Wladimir, in der Spezialreserve das Regt. Uglitsch, in der Hauptreserve blieb das Regt. Wolhynien disponibel, jedes zu 4 Bataillonen; dazu ein Schützenbataillon und die Marineschützen.

Gegen drei Uhr hatte der französische Angriff sich soweit entwickelt, daß die Kolonnen Bosquets und Canroberts auf dem Plateau, diejenige des Prinzen Napoleon im Tal zum Stehengekommen war; die Reserven waren, wie wir sahen, ebenfalls schon vorbeordert. Jetzt ließ Raglan die Engländer vorgehn. Das erste Treffen stand auf und rückte in Linie, wie es war, ins Tal hinab. Die Weingärten und Gebüsche brachten die Truppen bald in Unordnung, selbst wo sie, wie unter solchen Umständen in England vorgeschrieben, zugweise in Doppelrottenkolonne abbrachen. Die Division Evans sandte 2 Bataillone und eine Batterie rechts um das brennende Dorf, und ging mit dem Rest links davon auf und neben der Straße nach Sewastopol vor. Hier geriet er bald unter das nahe Feuer der zum Schutz der Straße aufgestellten zwei russischen Batterien, die, trotz des auf sie gerichteten Feuers von 18 englischen Geschützen, seine Truppen zum Stehen brachten. Die ihm gegenüberstehende russische Infanterie waren die 4 Bataillone Borodino und das 6. Schützenbataillon; über ihr Verhalten erfahren wir nichts.

Die leichte Division ging weiter links vor. Ihr gegenüber standen die 4 Bataillone Kasan rechts und links von der hinter einer Schulterwehr aufgefahrnen 1. Batterie der 16. Art. Brig.; in zweiter Linie die 4 Bat. Wladimir, alles in Kolonnen, und nach Kinglakes Angabe sogar in Kolonnen von je zwei Bataillonen. Die Engländer passierten den Fluß an den zahlreichen Furten so gut sie konnten und fanden am südlichen Ufer eine durch einen 8-10 Fuß hohen steilen Abfall gedeckte, fünfzehn Schritt breite natürliche Berme, hinter der sie sich gedeckt wieder formieren konnten. Jenseits des |597| Abhangs stieg das Terrain sanft uad offen gegen die etwa 300 Schritt entfernte Batterie an. Sie wurden hier nur an einzelnen Stellen von Schützen belästigt; ihre eignen dünngesäten Plänkler hatten sich weit ab links gezogen und die ganze Front entblößt. Aber weder sandten sie selbst Schützen vor noch formierten sie sich wieder; Brown selbst gab den Versuch auf und befahl vorzugehn, "sich auf den Mut der Truppen verlassend" (p. 315). Während nun der Brigadier des linken Flügels zwei Bataillone in der Hand behielt, um etwaigen Flankenangriffen der russischen Kavallerie zu begegnen, gingen die übrigen vier mit einem Bataillon der Division Evans, das sich ihnen anschloß (95. Regt.), halb in Linie, halb in unordentlichen Klumpen auf die Batterie los.

Kaum hatten sie den Abhang erklommen, so rückten die beiden Kolonnen des Kasanschen Regiments ihnen entgegen, Und hier beginnt unser Autor einen seiner schönsten Dithyramben über die Unvergleichlichkeit britischer Truppen.

"Hier zeigte es sich, daß jetzt, nach beinahe vierzig Friedensjahren, unsre Soldaten noch immer jene unschätzbare Eigenschaft besaßen, welche sie verhindert, in derselben Weise wie Ausländer das Gewicht einer Infanteriekolonne zu fühlen ... sie fingen [an], in ihrer englischen Weise, halb lustig, halb verdrießlich, in die dicke, solide Masse hineinzuschießen, welche feierlich auf sie losmarschierte. Die Kolonne war nicht unruhig, aber sie war vielleicht ein überdrilltes Korps, ungeschickt oder schwach geführt. Jedenfalls, ihre Chefs konnten den Eindruck ihrer Stärke jenen Klumpen englischer Jungen (lads) nicht beibringen, welche ihr lustig entgegengingen und sie mit Kugeln vexierten. Bald kam die Kolonne zum Stehen, zum Zurückgehn und verschwand hinter einer Terrainfalte" (p. 325).

Wir wollen auf diese Großtuerei weiter nicht eingehn als zu erwähnen, daß diese "Jungen" und "jungen Truppen", wie K[inglake] sie mit Vorliebe nennt, und die wir oft genug sahen (das 33. Regt., das hier focht, noch kurz vor seinem Ausmarsch nach der Krim), bei der in England gültigen 12jährigen Dienstzeit und den häufigen Reengagements auf fernere 9 Jahre, damals durchschnittlich mindestens 27 Jahre alt waren, und daß seit dem Krimkrieg und dem ostindischen Aufstand, wo diese schönen Regimenter vernichtet wurden, jeder englische Offizier sich vergebens solche alten "Jungen" wieder unter seine Befehle wünscht. Genug, diese Kolonne (die östliche, für die Russen rechts stehend) scheint nach einem schwachen Versuch eines Bajonettangriffs durch das Feuer selbst der unordentlichen Linie zum Weichen gebracht worden zu sein. Die andre rückte gegen das 7. Regt. vor, kam bald zum stehenden Feuergefecht, und hielt in diesem, ohne zu deployieren, sehr lange aus, wobei sie natürlich enorme Verluste hatte.

|598| Die in der Mitte befindlichen drei englischen Bataillone rückten gegen die Batterie vor, deren Feuer langsam gewesen zu sein scheint und die Angreifer nicht aufhielt. Als sie nahe genug waren, um sich im Lauf auf die Geschütze zu stürzen, gaben diese eine Salve, protzten auf und fuhren davon. Eine 7pfünder-Haubitze wurde in der Schanze gefunden, ein nur mit drei Pferden bespannter 32pfünder vom Hauptmann Bell vom 23. Regt, angehalten und zurückgeführt. Die Engländer besetzten die äußere Brüstung der Schulterwehr und hielten sich rechts und links gesammelt. Das Regiment Wladimir rückte nun näher, aber statt mit dem Bajonett in die verworrene Masse hineinzufahren, ließ es sich ebenfalls zum Feuern verleiten und kam zum Stehn. Die dichte Kolonne würde unter dem Feuer der immer noch auf eine weit größere Front ausgedehnten Engländer wahrscheinlich dasselbe Schicksal gehabt haben, wie das Kasansche Regirnent - da ertönte unter den Engländern zweimal nacheinander das Signal zum Rückzug und wurde zweimal auf der ganzen Linie wiederholt; die Truppen traten an einzelnen Punkten, endlich allgemein, den Rückzug an, der teilweise ruhig, teilweise aber auch in vollständiger Unordnung ausgeführt wurde. Die vier hier engagierten Bataillone verloren zusammen 46 Offiziere und 819 Mann.

Das zweite Treffen (Cambridge) war nur langsam gefolgt und hatte während dieses ganzen Gefechts zuerst den Fluß passiert und sich dann hinter der erwähnten Berme gedeckt gehalten. Jetzt erst ging es vor. Das mittlere Bataillon der rechten Brigade, die schottischen Gardefüsiliere, avancierte zuerst; aber sein linker Flügel wurde von den zurückdrängenden Flüchtigen der leichten Division überrannt, sein rechter Flügel hielt das Feuer des Regiments Wladimir nicht aus, und auch dies Bataillon, ohne rechtzeitige Unterstützung gelassen, wich in Unordnung zurück. Es war dies um dieselbe Zeit, als der französische Angriff ins Stocken geraten war und die Kolonne der acht Bataillone gegen Canrobert sich bildete.

Dieser Moment, wo es den Alliierten überall schlecht ging, ist gerade für Herrn Kinglake der richtige Augenblick, uns ein Mirakel vorzuführen, das in 1001 Nacht seinesgleichen sucht und den Lord Raglan in einer bis her ungeahnten Glorie erscheinen läßt. Wir würden diesen Umstand übergehn, wenn er nicht in der Tat einen gewissen Einfluß auf den Gang der Schlacht ausgeübt hätte und wenn er nicht dadurch gewisse Bedeutung erhielt, daß Kinglake hier als Augenzeuge - freilich als ein höchst sachunverständiger - spricht. Als die englische Linie sich zum Vorgehn über den Fluß in Bewegung setzte, ritt Raglan mit seinem Stab am Berührungspunkt der englischen |599| und französischen Linie durch die Alma und eine Schlucht am jenseitigen Ufer hinauf, ohne anders als von ein paar Plänklerschüssen belästigt zu werden. Vor sich fand er bald eine runde Kuppe, die er bestieg, und von wo er die ganze russische Aufstellung gegen die Engländer der Länge nach übersehen und selbst ihre Reserven entdecken konnte. So seltsam es erscheint, daß der General einer angreifenden Armee, ohne alle Bedeckung, sich auf einem Hügel in der Flanke des Feindes postiert, so ist, bei den zahlreichen Zeugen, die Sache doch nicht in Zweifel zu ziehn. Kinglake aber, nicht zufrieden, seinen Helden dicht vor oder in der Verlängerung der feindlichen Flanke zu postieren, verlegt den Hügel, um den es sich handelt, hinter die feindliche Front, zwischen sie und die russischen Reserven, und läßt nun von hier aus durch seine bloße Erscheinung den Lord Raglan die ganze russische Armee paralysieren. Der Text des Buchs ist in Beziehung auf diesen Punkt nicht um ein Haarbreit melodramatischer als der Plan, wo ein roter Stern, Lord Raglan darstellend, 1.200 Schritt vor dem englischen rechten Flügel, mitten unter den grünen russischen Kolonnen, die ihn auch ohne weiteres respektieren, als "Herrscher im Donnergewölk Zeus" die Schlacht dirigiert.

Dieser Hügel, dessen genaue Feststellung uns hier nicht zugemutet werden kann, der aber jedenfalls nicht dort liegt, wohin Kinglake ihn versetzt - dieser Hügel bot jedenfalls eine gute Position für Artillerie, und Raglan schickte sofort nach Geschützen und auch nach Infanterie. Nach einiger Zeit kamen zwei Geschütze an, etwa gleichzeitig mit der Einnahme der Batterie durch die Engländer. Eins dieser Geschütze soll die russische Hauptreserve (die nach K[inglake] nur 1.100 Schritt entfernt war!) vertrieben haben, das andre nahm die die Brücke an der Straße nach Sewastopol verteidigende Batterie in die Flanke. Nach wenigen Schüssen protzte diese, längst von überlegner Artillerie (18 Geschützen) in der Front beschossene Batterie auf, und der Übergang wurde so für die Division Evans geöffnet. Diese trieb die russische Infanterie, die hier meist zerstreut kämpfte, langsam vor sich her, und, gefolgt von der Division England, deren Artillerie sich mit der ihrigen vereinigte, fuhr sie ihre Geschütze auf dem ersten Hügelkamm auf.

Inzwischen lieferte weiter links die Division Cambridge den Entscheidungskampf. Von den drei Gardebataillonen ihres rechten Flügels war das mittlere, die schottischen Füsiliere, zu früh vorgegangen und in Unordnung geworfen worden. Jetzt gingen rechts die Gardegrenadiere, links die Coldstream-Garden gegen die vom Regt. Wladimir wieder besetzte Schulterwehr in Linie vor; zwischen ihnen lag der Raum der Bataillonsfront, welche |600| die schottischen Füsiliere hätten ausfüllen sollen, der aber nur durch die sich weiter rückwärts wieder sammelnden Trümmer dieses Bataillons und der leichten Division einigermaßen gedeckt wurde. Links dagegen von den Coldstreams gingen die drei hochschottischen Bataillone Colin Campbells, ebenfalls in Linie, in Echelons vom rechten Flügel, in bester Ordnung vor.

Gegenüber den Gardegrenadieren standen die beiden linken Bataillone Kasan, die schon durch das Feuer des 7. Regts. zurückgetrieben waren, und die beiden linken Bataillone Wladimir, welche jetzt gegen die Lücke zwischen Grenadieren und Coldstreams vorrückten. Die Grenadiere hielten, schwenkten den linken Flügelzug etwas zurück, und brachten diese Kolonne durch ihr Feuer sofort zum Stehen. Natürlich war in kurzer Zeit die Kolonne durch das Feuer der Linie so erschüttert, daß selbst Fürst Gortschakow, der den rechten russischen Flügel kommandierte, sie nicht mehr zum Bajonettangriff bringen konnte. Eine geringe Frontveränderung der englischen Grenadiere brachte die Kolonne unter das Feuer ihrer ganzen Linie, sie wankte, und als die Engländer vorgingen, wich sie zurück. Die beiden andern Bataillone Wladimir schossen sich inzwischen mit den Coldstreams herum, als endlich die schottische Brigade auf gleicher Höhe mit diesen ankam. Die am äußersten rechten russischen Flügel aufgestellten vier Bataillone Susdal zogen sich nun näher nach dem Entscheidungspunkt, der Batteriebrustwehr hin, fanden sich aber plötzlich während dieses Flankenmarsches im Feuer der schottischen Linien und wichen ohne ernsthafte Gegenwehr zurück.

General Kwizinski, Chef der 16. Division, kommandierte jetzt den russischen rechten Flügel, nachdem Fürst Gortschakow, infolge eines Sturzes mit seinem erschossenen Pferde, zurückgegangen war. Die englische Linienformation war ihm so neu, daß sie ihn alles Urteils über die Stärke des Feindes beraubte. In seiner Kinglake vorliegenden Denkschrift sagt er selbst, er habe die Engländer auf drei einander überflügelnden Linien anrücken gesehn (es waren dies offenbar die drei schottischen Echelons), und vor solcher Überzahl habe er weichen müssen, nachdem die Angriffe der vier Bataillone Wladimir abgeschlagen waren. Genug; die vier Bataillone Uglitsch rückten nur so weit vor als nötig war, die Flüchtigen aufzunehmen, die Artillerie und Kavallerie wurde gar nicht weiter benutzt, und die Russen traten den Rückzug an, unverfolgt von den Engländern, die ihre Kavallerie schonen wollten. Die Division Cambridge verlor nicht ganz 500 Mann.

Hier fochten also im entscheidenden Moment die 6 Bataillone der Div. Cambridge, unterstützt von den Resten der leichten Division, im ganzen 11 Bataillone (die beiden linken Flügelbataillone der leichten Division |601| gingen auch später nicht vor) gegen die zwölf russischen Bataillone Kasan, Wladimir und Susdal; und wenn wir die 4 Bataillone Uglitsch hinzuziehen, deren tätiges Eingreifen ins Gefecht indes höchst problematisch ist, gegen 16 russische Bataillone, und warfen sie vollständig nach einem sehr kurzen Gefecht.

Der Verfasser behauptet sogar, daß das ganze Gefecht rangierter Infanterie nicht über 35 Minuten gedauert habe; jedenfalls war gegen vier Uhr die Schlacht vollständig entschieden. Wie erklären sich diese raschen Erfolge gegen mindestens gleiche, vielleicht stärkere Infanteriemassen in einer starken Defensivstellung?

Die Engländer wurden sicher nicht zum besten geführt. Abgesehen davon, daß Evans nicht den allergeringsten Versuch machte, in die linke Flanke des Feindes zu kommen, sondern sich auf ein mattes Frontalgefecht beschränkte, muß es jedem klar sein, daß der Herzog von Cambridge als Führer des zweiten Treffens nicht tat, was seines Amtes war. Als das erste Treffen die Batteriebrustwehr erstürmt hatte, war das zweite nicht da zur Unterstützung; es kam erst, nachdem das erste geworfen war und mußte dann die Arbeit von neuem tun. Aber sobald irgendein englischer Führer an den Feind kam und keine bestimmten Gegenbefehle hatte, ging er, möglichst in Verbindung mit den Nachbartruppen, auf ihn los, und das gab jedem der beiden Hauptangriffe die Entschiedenheit, die den Erfolg sicherte.

Die Russen dagegen bewiesen große Unsicherheit in der Führung. Es ist wahr, Menschikow hatte das Unglück, während der kurzen Entscheidungsperiode sich weit ab vom Hauptpunkt zu befinden; aber weder Gortschakow noch Kwizinski trafen – nach ihrer eignen Aussage – irgendwelche Maßregeln, dem Angriff energisch zu begegnen. Der erste Angriff geschah mit den 4 Bataillonen Kasan gegen fünf englische und scheiterte; der zweite wieder mit 4 Bataillonen (Wladimir) scheiterte ebenfalls; von einem ernsthaften Angriff der 4 Bat. Uglitsch haben wir keine Kunde, und die 4 Bataillone Susdal ließen sich im Flankenmarsch vom feindlichen Feuer überraschen. Das in der Hauptreserve befindliche Regt. Wolhynien scheint gar nicht vorgezogen worden zu sein. Die Artillerie kam bald zum Schweigen, und die Kavallerie tat gar nichts. Ob Furcht vor Verantwortlichkeit, ob Befehl, die Armee nicht aufs Spiel zu setzen, genug, auch auf dem englischen Flügel benahmen sich die Russen nicht mit der Energie und Tätigkeit, die allein dem schwächeren Kämpfer den Sieg sichert.

Es war aber sicher auch noch eine andre Ursache tätig, um den Engländern ihren Sieg zu erleichtern. Die Russen fochten in tiefen, dichten Kolonnen, die Engländer in Linie. Die Russen verloren enorm durch die |602| Artillerie, die Engländer bis in den Kartätschbereich sehr wenig. Als die Infanteriemassen sich näher kamen, konnte nur der heftigste, unaufhaltsamste Bajonettangriff die Kolonnen vor dem mörderischen Feuer der Linien retten, aber überall sehen wir den Angriff stocken und in ein Schießgefecht ausarten. Was dann? Deployiert man im feindlichen Feuer, so kann kein Mensch sagen, wie das abläuft, und bleibt man in Kolonne - ein feuerndes Gewehr gegen vier feindliche - so ist die Kolonne sicher verloren. Dies letztere geschah in jedem einzelnen Fall an der Alma. Noch mehr. Die einmal ins Feuern geratene Kolonne war nie wieder zum entschiednen Vorgehn zu bringen; die feuernde Linie jedesmal. Beide Gegner - Russen wie Engländer - waren notorisch schlecht im zerstreuten Gefecht; die Schlacht wurde somit rein durch die Massen entschieden; wollen wir nun nicht etwa mit Kinglake annehmen, daß die Engländer eine Art Halbgötter sind, so werden wir zugeben müssen, daß für den Angriff wie für die Verteidigung in einigermaßen offnem Terrain die Linie bedeutende Vorzüge vor der Kolonne hat.

Die ganze moderne Kriegsgeschichte der Engländer ... |Hier bricht die Handschrift ab|