Inhaltsverzeichnis Dokumente der Internationalen Arbeiter-Assoziation 1866

Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx/Friedrich Engels - Werke, (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 16, 6. Auflage 1975, unveränderter Nachdruck der 1. Auflage 1962, Berlin/DDR. S. 190/199.

1. Korrektur.
Erstellt am .

Karl Marx

Instruktionen für die Delegierten des Provisorischen Zentralrats zu den einzelnen Fragen

Geschrieben Ende August 1866.
Aus dem Englischen.


["The International Courier" Nr. 6-7 und 8-10 vom 20. Februar und 13. März 1867]

I. Organisation der Internationalen Assoziation

|190| Im ganzen genommen empfiehlt der Provisorische Zentralrat den Plan der Organisation, wie er in den Provisorischen Statuten vorgezeichnet ist. Zweijährige Erfahrung hat seine Richtigkeit und die Möglichkeit seiner Anwendung auf die verschiedenen Länder, ohne Schaden für die Einheit der Aktion, bewiesen. Für nächstes Jahr empfehlen wir London als Sitz des Zentralrats, da die Lage auf dem Kontinent ungünstig für einen Wechsel ist.

Die Mitglieder des Zentralrats, wie sich von selbst versteht, werden vom Kongreß gewählt (nach Art. 5 der Provisorischen Statuten); der Zentralrat ist ermächtigt, sich neue Mitglieder beizufügen.

Der Generalsekretär soll vom Kongreß auf ein Jahr gewählt werden und der einzige bezahlte Beamte der Assoziation sein. Wir schlagen vor, ihm 2 Pfd.St. die Woche zu zahlen.{1}

Der einheitliche jährliche Beitrag soll für jedes einzelne Mitglied der Assoziation einen halben Penny (vielleicht auch einen Penny) betragen. Der Preis für die Mitgliedskarten (Bücher) ist extra zu entrichten. Während wir die Mitglieder der Assoziation aufrufen, Gesellschaften der gegenseitigen Hilfe zu bilden und eine internationale Verbindung zwischen ihnen herzustellen, überlassen wir die Initiative in dieser Frage |191| (établissement des sociétés de secours mutuels. Appui moral et matériel accordé aux orphelins de l'association |Gründung von Gesellschaften der gegenseitigen Hilfe. Moralische und materielle Unterstützung für Waisen von Mitgliedern der Assoziation|) den Schweizern, die dies ursprünglich auf der Konferenz im September vorigen Jahres vorschlugen.

2. Internationale Vereinigung der Anstrengungen im Kampf zwischen Arbeit und Kapital mit Hilfe der Assoziation

(a) Vom allgemeinen Standpunkt umfaßt diese Frage die ganze Tätigkeit der Internationalen Assoziation, deren Ziel es ist, die bisher zerstreuten Anstrengungen der Arbeiterklasse in den verschiedenen Ländern für die Emanzipation zu vereinigen und zu verallgemeinern.

(b) Eine der besonderen Funktionen, die unsere Assoziation bis jetzt mit Erfolg ausgeübt hat, ist der Widerstand gegen die Intrigen der Kapitalisten, die stets bereit sind, bei Arbeitseinstellungen und Aussperrungen die Arbeiter fremder Länder als Werkzeuge gegen die Arbeiter ihrer eigenen Länder zu mißbrauchen. Es ist eine der großen Aufgaben der Assoziation, zu erreichen, daß die Arbeiter der verschiedenen Länder sich nicht nur als Brüder und Kameraden der Emanzipationsarmee fühlen, sondern auch als solche handeln.

(c) Ein großes "internationales Werk", das wir vorschlagen, ist die statistische Untersuchung der Lage der arbeitenden Klasse aller Länder, unternommen von der Arbeiterklasse selbst. Um erfolgreich zu wirken, muß man das Material kennen, worauf man wirken will. Durch die Initiative eines so großen Werks beweisen die Arbeiter zudem ihre Fähigkeit, ihr Geschick in die eigenen Hände zu nehmen. Wir schlagen daher vor:

An jedem Ort, wo ein Zweig unserer Gesellschaft besteht, wird das Werk sofort begonnen und Material über die verschiedenen Punkte des angeführten Untersuchungsplanes gesammelt.

Der Kongreß ladet alle Arbeiter Europas und der Vereinigten Staaten Amerikas ein, für die Zusammentragung der Elemente einer Statistik der Arbeiterklasse mitzuwirken und ihre Berichte nebst Beweismaterial dem Zentralrat einzusenden. Der Zentralrat hat sie in einen Gesamtbericht zu verarbeiten, dem er das Beweismaterial als Anhang zufügt.

Dieser Bericht nebst Anhang ist dem nächsten Jahreskongreß vorzulegen und nach dessen Genehmigung auf Kosten der Assoziation zu drucken.

Allgemeines Untersuchungsschema, welches, wie sich von selbst versteht, je nach Umständen zu Verändern und zu ergänzen ist

|192| 1. Gewerk, Name.
2. Alter und Geschlecht der Arbeiter.
3. Zahl der beschäftigten Arbeiter.
4. Löhne: (a) Lehrlinge und Gehilfen; (b) Tagelohn oder Stücklohn; von Zwischenunternehmern gezahlte Löhne. Wöchentlicher und jährlicher Durchschnitt.
5. (a) Arbeitsstunden in Fabriken. (b) Arbeitsstunden bei kleinen Meistern und in der Hausarbeit, falls das Gewerbe in diesen verschiedenen Weisen betrieben wird. (c) Nacht- und Tagesarbeit.
6. Mahlzeitstunden und Behandlung.
7. Beschaffenheit der Werkstätten und der Arbeit: Überfüllung, mangelhafte Ventilation, Mangel an Tageslicht, Gasbeleuchtung, Reinlichkeit etc.
8. Art der Beschäftigung.
9. Wirkung der Arbeit auf den Körperzustand.
10. Moralitätszustand. Erziehung.
11. Charakter des Geschäfts: ob mehr oder weniger gleichförmig für das ganze Jahr oder an gewisse Jahreszeiten gebunden, ob großen Schwankungen ausgesetzt, ob fremder Konkurrenz unterworfen, ob hauptsächlich für den inneren oder auswärtigen Markt arbeitend etc.

3. Beschränkung des Arbeitstages

Wir erklären die Beschränkung des Arbeitstages für eine Vorbedingung, ohne welche alle anderen Bestrebungen nach Verbesserung und Emanzipation scheitern müssen.

Sie ist erheischt, um die Gesundheit und körperliche Energie der Arbeiterklasse, d.h. der großen Masse einer jeden Nation, wiederherzustellen und ihr die Möglichkeit geistiger Entwicklung, gesellschaftlichen Verkehrs und sozialer und politischer Tätigkeit zu sichern.

Wir schlagen 8 Arbeitsstunden als gesetzliche Schranke des Arbeitstages vor. Diese Beschränkung wird bereits allgemein verlangt von den Arbeitern der Vereinigten Staaten Amerikas, und der Beschluß des Kongresses wird sie zur allgemeinen Forderung der Arbeiterklasse der gesamten Welt erheben.

Zur Information der Mitglieder auf dem Kontinent, deren Erfahrungen auf dem Gebiete der Fabrikgesetzgebung relativ gering sind, fügen wir |193| hinzu, daß alle gesetzlichen Beschränkungen mißlingen und vom Kapital durchbrochen werden, wenn nicht die Tageszeit bestimmt wird, in die die 8 Arbeitsstunden zu fallen haben. Die Länge dieser Zeit sollte bestimmt sein durch die 8 Arbeitsstunden und die zusätzlichen Pausen für Mahlzeiten. Wenn z.B. die verschiedenen Unterbrechungen für Mahlzeiten eine Stunde betragen, so muß die gesetzlich festgelegte Tageszeit auf 9 Stunden festgesetzt werden, sage von 7 Uhr morgens bis 4 Uhr abends oder von 8 Uhr morgens bis 5 Uhr abends etc. Nachtarbeit ist nur ausnahmsweise zu gestatten in Gewerben oder Gewerbszweigen, die vom Gesetz genau bezeichnet sind. Die Tendenz muß dahin gehen, jede Nachtarbeit abzuschaffen.

Dieser Paragraph bezieht sich nur auf erwachsene Personen, Männer und Frauen; letztere sind jedoch aufs strengste von jeglicher Nachtarbeit auszuschließen, ebenso von jeder Arbeit, die für den empfindlicheren weiblichen Organismus schädlich ist oder den Körper giftigen oder anderen schädlichen Einwirkungen aussetzt. Unter erwachsenen Personen verstehen wir alle, die das 18. Lebensjahr erreicht oder überschritten haben.

4. Arbeit von Jugendlichen und Kindern (beiderlei Geschlechts)

Wir betrachten die Tendenz der modernen Industrie, Kinder und Jugendliche beiderlei Geschlechts zur Mitwirkung an dem großen Werk der gesellschaftlichen Produktion heranzuziehen, als eine fortschrittliche, gesunde und berechtigte Tendenz, obgleich die Art und Weise, auf welche diese Tendenz unter der Kapitalherrschaft verwirklicht wird, eine abscheuliche ist. In einem rationellen Zustand der Gesellschaft sollte jedes Kind vom 9. Jahre an ein produktiver Arbeiter werden, ebenso wie kein arbeitsfähiger Erwachsener von dem allgemeinen Naturgesetz ausgenommen sein sollte, nämlich zu arbeiten, um essen zu können, und zu arbeiten nicht bloß mit dem Hirn, sondern auch mit den Händen. Für den Augenblick haben wir uns jedoch nur mit den Kindern und jungen Personen der Arbeiterklasse zu befassen.

Aus physischen Gründen halten wir es für notwendig, daß die Kinder und jungen Personen beiderlei Geschlechts in drei Gruppen eingeteilt werden, die unterschiedlich behandelt werden müssen. Die erste Gruppe soll das Alter von 9 bis 12 Jahren umfassen, die zweite das von 13 bis 15 Jahren und die dritte das von 16 und 17 Jahren. Wir schlagen vor, daß die Beschäftigung der ersten Gruppe in irgendeiner Werkstätte oder mit häus- |194| licher Arbeit gesetzlich auf zwei Stunden beschränkt wird, die der zweiten auf vier und die der dritten auf sechs Stunden. Für die dritte Gruppe muß eine Unterbrechung von wenigstens einer Stunde für Mahlzeiten oder Erholung gegeben werden.

Es wäre wünschenswert, mit dem Elementarunterricht vor dem Alter von 9 Jahren zu beginnen; doch wir beschäftigen uns hier nur mit dem unerläßlichsten Gegengift gegen die Tendenzen eines gesellschaftlichen Systems, das den Arbeiter herabwürdigt zu einem bloßen Instrument für die Akkumulation von Kapital und die Eltern durch ihre Not zu Sklavenhaltern, zu Verkäufern ihrer eigenen Kinder macht. Das Recht der Kinder und Jugendlichen muß geschützt werden. Sie sind nicht imstande, für sich selbst zu handeln. Es ist deshalb die Pflicht der Gesellschaft, für sie einzutreten.

Wenn die Bourgeoisie und Aristokratie ihre Pflichten gegenüber ihren Abkömmlingen vernachlässigen, so ist es ihre eigene Schuld. Das Kind, das die Vorrechte dieser Klassen genießt, ist verurteilt, auch unter ihren Vorurteilen zu leiden. Mit der Arbeiterklasse steht es ganz anders. Der einzelne Arbeiter ist nicht frei in seinen Handlungen. In zu vielen Fällen ist er sogar zu unwissend, die wahren Interessen seines Kindes oder die normalen Bedingungen der menschlichen Entwicklung zu verstehen. Der aufgeklärtere Teil der Arbeiterklasse begreift jedoch sehr gut, daß die Zukunft seiner Klasse und damit die Zukunft der Menschheit völlig von der Erziehung der heran wachsenden Arbeitergeneration abhängt. Er weiß, daß vor allem andern die Kinder und jugendlichen Arbeiter vor den verderblichen Folgen des gegenwärtigen Systems bewahrt werden müssen. Das kann nur erreicht werden durch die Verwandlung gesellschaftlicher Einsicht in gesellschaftliche Gewalt, und unter den gegebenen Umständen kann das nur durch allgemeine Gesetze geschehen, durchgesetzt durch die Staatsgewalt. Bei der Durchsetzung solcher Gesetze stärkt die Arbeiterklasse keineswegs die Macht der Regierung. Im Gegenteil, sie verwandelt jene Macht, die jetzt gegen sie gebraucht wird, in ihre eigenen Diener. Sie erreicht durch einen allgemeinen Gesetzesakt, was sie durch eine Vielzahl isolierter individueller Anstrengungen vergeblich erstreben würde.

Von diesem Standpunkt ausgehend, erklären wir, daß es weder Eltern noch Unternehmern gestattet werden darf, die Arbeit von jungen Personen anzuwenden, es sei denn, sie ist mit Erziehung verbunden. Unter Erziehung verstehen wir drei Dinge: Erstens: Geistige Erziehung.

|195| Zweitens: Körperliche Erziehung, wie sie in den gymnastischen Schulen und durch militärische Übungen gegeben wird.

Drittens: Polytechnische Ausbildung, die die allgemeinen Prinzipien aller Produktionsprozesse vermittelt und gleichzeitig das Kind und die junge Person einweiht in den praktischen Gebrauch und die Handhabung der elementaren Instrumente aller Arbeitszweige.

Der Einteilung der jugendlichen Arbeiter sollte ein stufenweise fortschreitender Kursus der geistigen, gymnastischen und polytechnischen Ausbildung angepaßt sein. Die Kosten für die polytechnischen Schufen sollten teilweise durch den Verkauf ihrer Produkte gedeckt werden.

Die Verbindung von bezahlter produktiver Arbeit, geistiger Erziehung, körperlicher Übung und polytechnischer Ausbildung wird die Arbeiterklasse weit über das Niveau der Aristokratie und Bourgeoisie erheben.

Es ist selbstverständlich, daß die Beschäftigung aller Personen vom 9. bis (einschließlich) 17. Jahre des Nachts und in allen gesundheitsschädlichen Gewerben durch Gesetze streng verboten werden muß.

5. Kooperativarbeit

Es ist Aufgabe der Internationalen Arbeiterassoziation, die spontanen Bewegungen der Arbeiterklasse zu vereinigen und zu verallgemeinern, doch nicht, ihnen irgendein doktrinäres System zu diktieren oder aufzudrängen. Der Kongreß sollte deshalb kein besonderes System der Kooperation verkünden, sondern sich auf die Darlegung einiger allgemeiner Prinzipien beschränken.

(a) Wir anerkennen die Kooperativbewegung als eine der Triebkräfte zur Umwandlung der gegenwärtigen Gesellschaft, die auf Klassengegensätzen beruht. Ihr großes Verdienst besteht darin, praktisch zu zeigen, daß das bestehende despotische und Armut hervorbringende System der Unterjochung der Arbeit unter das Kapital verdrängt werden kann durch das republikanische und segensreiche System der Assoziation von freien und gleichen Produzenten.

(b) Aber das Kooperativsystem, beschränkt auf die zwerghaften Formen, die einzelne Lohnsklaven durch ihre privaten Anstrengungen entwickeln können, ist niemals imstande, die kapitalistische Gesellschaft umzugestalten. Um die gesellschaftliche Produktion in ein umfassendes und harmonisches System freier Kooperativarbeit zu verwandeln, bedarf es allgemeiner gesellschaftlicher Veränderungen, Veränderungen der allgemeinen Bedingungen |196| der Gesellschaft, die nur verwirklicht werden können durch den Übergang der organisierten Gewalt der Gesellschaft, d.h. der Staatsmacht, aus den Händen der Kapitalisten und Grundbesitzer in die Hände der Produzenten selbst.

(c) Wir empfehlen den Arbeitern, sich eher mit Produktivgenossenschaften als mit Konsumgenossenschaften zu befassen. Die letzteren berühren nur die Oberfläche des heutigen ökonomischen Systems, die erstern greifen es in seinen Grundfesten an.

(d) Wir empfehlen allen Kooperativgesellschaften, einen Teil ihres Gesamteinkommens in einen Fonds zu verwandeln zur Propagierung ihrer Prinzipien durch Wort und Tat, mit anderen Worten, durch Förderung der Errichtung von neuen Produktivgenossenschaften sowie durch Verbreitung ihrer Lehren.

(e) Um zu verhindern, daß Kooperativgesellschaften zu gewöhnlichen bürgerlichen Aktiengesellschaften (sociétés par actions) entarten, sollten alle Arbeiter, die in ihnen beschäftigt sind, ob Aktieninhaber oder nicht, gleiche Anteile vom Gewinn erhalten. Wir sind willens zuzugeben, daß die Aktieninhaber als eine nur zeitweilige Maßnahme Zinsen zu einem niedrigen Prozentsatz erhalten.

6. Gewerksgenossenschaften.
Ihre Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

(a) Ihre Vergangenheit.

Das Kapital ist konzentrierte gesellschaftliche Macht, während der Arbeiter nur über seine Arbeitskraft verfügt. Der Kontrakt zwischen Kapital und Arbeit kann deshalb niemals auf gerechten Bedingungen beruhen, gerecht nicht einmal im Sinne einer Gesellschaft, die das Eigentum an den materiellen Mitteln des Lebens und der Arbeit der lebendigen Produktivkraft gegenüberstellt. Die einzige gesellschaftliche Macht der Arbeiter ist ihre Zahl. Die Macht der Zahl wird jedoch durch Uneinigkeit gebrochen. Die Uneinigkeit der Arbeiter wird erzeugt und erhalten durch ihre unvermeidliche Konkurrenz untereinander.

Gewerksgenossenschaften entstanden ursprünglich durch die spontanen Versuche der Arbeiter, diese Konkurrenz zu beseitigen oder wenigstens einzuschränken, um Kontraktbedingungen zu erzwingen, die sie wenigstens über die Stellung bloßer Sklaven erheben würden. Das unmittelbare Ziel der Gewerksgenossenschaften beschränkte sich daher auf die Erfor- |197| dernisse des Tages, auf Mittel zur Abwehr der ständigen Übergriffe des Kapitals, mit einem Wort, auf Fragen des Lohns und der Arbeitszeit. Diese Tätigkeit der Gewerksgenossenschaften ist nicht nur rechtmäßig, sie ist notwendig. Man kann ihrer nicht entraten, solange die heutige Produktionsweise besteht. Im Gegenteil, sie muß verallgemeinert werden durch die Gründung und Zusammenfassung von Gewerksgenossenschaften in allen Ländern. Auf der anderen Seite sind die Gewerksgenossenschaften, ohne daß sie sich dessen bewußt wurden, zu Organisationszentren der Arbeiterklasse geworden, wie es die mittelalterlichen Munizipalitäten und Gemeinden für das Bürgertum waren. Wenn die Gewerksgenossenschaften notwendig sind für den Guerillakrieg zwischen Kapital und Arbeit, so sind sie noch weit wichtiger als organisierte Kraft zur Beseitigung des Systems der Lohnarbeit und Kapitalherrschaft selbst.

(b) Ihre Gegenwart.

Die Gewerksgenossenschaften haben sich bisher zu ausschließlich mit dem lokalen und unmittelbaren Kampf gegen das Kapital beschäftigt und haben noch nicht völlig begriffen, welche Kraft sie im Kampf gegen das System der Lohnsklaverei selbst darstellen. Sie haben sich deshalb zu fern von allgemeinen sozialen und politischen Bewegungen gehalten. In letzter Zeit scheinen sie jedoch zum Bewußtsein ihrer großen historischen Mission zu erwachen, wie man schließen kann z.B. aus ihrer Beteiligung an der jüngsten politischen Bewegung in England, aus der höheren Auffassung ihrer Funktion in den Vereinigten Staaten und auch aus folgendem Beschluß der großen Konferenz der Delegierten der Trade-Unions, die kürzlich in Sheffield stattfand:

"Diese Konferenz würdigt voll und ganz die Anstrengungen der Internationalen Assoziation, die Arbeiter aller Länder in einem gemeinsamen Bruderbund zu vereinen, und empfiehlt den verschiedenen, hier vertretenen Gesellschaften eindringlich, in diese Assoziation einzutreten, in der Überzeugung, daß sie notwendig ist für den Fortschritt und das Gedeihen der ganzen Arbeiterschaft."

(c) Ihre Zukunft. Abgesehen von ihren ursprünglichen Zwecken müssen sie jetzt lernen, bewußt als organisierende Zentren der Arbeiterklasse zu handeln, im großen Interesse ihrer vollständigen Emanzipation. Sie müssen jede soziale und politische Bewegung unterstützen, die diese Richtung einschlägt. Wenn sie sich selbst als Vorkämpfer und Vertreter der ganzen Arbeiterklasse betrachten und danach handeln, muß es ihnen gelingen, die Außenstehenden in ihre Reihen zu ziehen. Sie müssen sich sorgfältig um die Interessen der |198| schlechtesten bezahlten Gewerbe kümmern, z.B. der Landarbeiter, die durch besonders ungünstige Umstände ohnmächtig sind.{2} Sie müssen die ganze Welt zur Überzeugung bringen, daß ihre Bestrebungen, weit entfernt, begrenzte und selbstsüchtige zu sein, auf die Emanzipation der unterdrückten Millionen gerichtet sind.

7. Direkte und indirekte Steuern

(a) Keine Änderung der Form der Besteuerung kann zu einer wesentlichen Veränderung in den Beziehungen zwischen Arbeit und Kapital führen.

(b) Wenn man nichtsdestoweniger zwischen zwei Steuersystemen zu wählen hat, empfehlen wir die völlige Abschaffung der indirekten Steuern und ihre allgemeine Ersetzung durch direkte Steuern; weil indirekte Steuern die Warenpreise erhöhen, schlagen die Händler auf diese Preise nicht nur den Betrag der indirekten Steuer auf, sondern auch die Zinsen und den Profit auf das von ihnen vorgeschossene Kapital; weil indirekte Steuern dem einzelnen verbergen, was er an den Staat zahlt, während eine direkte Steuer unverhüllt und einfach ist und auch vom Ungebildetsten verstanden werden kann. Die direkte Steuer regt deshalb jeden dazu an, die Regierung zu kontrollieren, während die indirekte Steuer jede Tendenz zur Selbstverwaltung zerstört.

8. Internationaler Kredit

Die Initiative dazu soll man den Franzosen überlassen.

9. Die polnische Frage {3}

(a) Warum greifen die Arbeiter Europas diese Frage auf? Erstens, weil die Schreiber und Agitatoren der Bourgeoisie übereingekommen sind, sie totzuschweigen, obgleich sie alle Arten von Nationalitäten auf dem Kontinent in Schutz nehmen, selbst Irland. Woher dieses Stillschweigen? Weil |199| sowohl Aristokraten als auch Bourgeois die finstere asiatische Macht im Hintergrund als eine letzte Zuflucht gegen das Vorschreiten der Arbeiterklasse betrachten. Diese Macht kann nur wirklich gebrochen werden durch die Wiederherstellung Polens auf demokratischer Grundlage.

(b) Bei der gegenwärtigen veränderten Lage in Mitteleuropa, insbesondere in Deutschland, ist es mehr denn je nötig, ein demokratisches Polen zu haben. Ohne dieses wird Deutschland zum Vorposten der Heiligen Allianz werden, mit ihm ein Verbündeter des republikanischen Frankreichs. Die Arbeiterbewegung wird ständig gestört, gehemmt und verzögert werden, solange diese große europäische Frage ungelöst bleibt.

(c) Es ist speziell die Pflicht der deutschen Arbeiterklasse, die Initiative in dieser Frage zu ergreifen, weil Deutschland ein Mitschuldiger an den Teilungen Polens ist.

10. Die Armeen {4}

(a) Der verderbliche Einfluß von großen stehenden Heeren auf die Produktion ist auf bürgerlichen Kongressen aller Arten, auf Friedenskongressen, ökonomischen Kongressen, statistischen Kongressen, philanthropischen Kongressen und soziologischen Kongressen, zur Genüge dargelegt worden. Wir halten es daher für überflüssig, uns über diesen Punkt zu verbreiten.

(b) Wir schlagen allgemeine Volksbewaffnung und allgemeine Ausbildung im Waffengebrauch vor.

(c) Wir stimmen, als einer vorübergehenden Notwendigkeit, kleinen stehenden Heeren zu, die als Schulen für Offiziere der Miliz dienen; jeder männliche Bürger soll auf kurze Zeit in diesen Armeen dienen.

11. Die religiöse Frage {5}

Die Initiative dazu soll man den Franzosen überlassen.


Textvarianten

{1} Im "Courrier international" ist hier folgender Absatz eingefügt: "Das Ständige Komitee, das in Wirklichkeit die Exekutive des Zentralrats darstellt, wird vom Kongreß gewählt; die Funktion jedes seiner Mitglieder wird jedoch vom Zentralrat bestimmt." <=

{2} Im "Courrier international": außerstande sind zu organisiertem Widerstand <=

{3} Im "Courrier international": Die Notwendigkeit der Beseitigung des russischen Einflusses in Europa durch Verwirklichung des Rechts der Nationen auf Selbstbestimmung und die Wiederherstellung Polens auf demokratischer und sozialer Grundlage. <=

{4} Im "Courrier international": Stehende Heere und ihre Beziehungen zur Produktion <=

{5} Im "Courrier international": Religiöse Ideen; ihr Einfluß auf die soziale, politische und intellektuelle Entwicklung <=