Inhaltsverzeichnis Dokumente der Internationalen Arbeiter-Assoziation 1871

Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx/Friedrich Engels - Werke, (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 17, 5. Auflage 1973, unveränderter Nachdruck der 1. Auflage 1962, Berlin/DDR. S. 432/433.

1. Korrektur.
Erstellt am 13.12.1998.

Karl Marx

[Rede auf der Feier zum siebenten Jahrestag der Internationalen Arbeiterassoziation am 25. September 1871 in London]

[Aufzeichnung eines Korrespondenten]

Aus dem Englischen.


["The World" vom 15. Oktober 1871]

|432| Über die Internationale sagte Marx, der große Erfolg, der bisher ihre Bemühungen gekrönt habe, sei auf Umstände zurückzuführen, die außerhalb der Macht ihrer Mitglieder stünden. Die Gründung der Internationale selbst sei das Ergebnis dieser Umstände gewesen und keineswegs das Verdienst der Männer, die sich dieser Aufgabe widmeten. Sie sei nicht das Werk eines Häufleins geschickter Politiker; alle Politiker der Welt zusammengenommen hätten nicht die Bedingungen und die Umstände schaffen können, die für den Erfolg der Internationale notwendig waren. Die Internationale sei nicht mit einem besonderen Glauben an die Öffentlichkeit getreten. Ihre Aufgabe sei es gewesen, die Kräfte der Arbeiterklasse zu organisieren, die verschiedenen Arbeiterbewegungen miteinander zu verbinden und zu vereinen. Die Verhältnisse, die der Assoziation einen so gewaltigen Auftrieb gegeben haben, seien dieselben, denen die Arbeiter in der ganzen Welt mehr und mehr unterworfen werden, und dies sei das Geheimnis des Erfolges. Die Ereignisse der letzten Wochen hätten unmißverständlich gezeigt, daß die Arbeiterklasse für ihre Emanzipation kämpfen muß. Die Verfolgungen der Internationale durch die Regierungen würden den Verfolgungen der ersten Christen im alten Rom gleichen. Auch sie seien zuerst nur wenige der Zahl nach gewesen, aber die römischen Patrizier hätten instinktiv gefühlt, daß das Römische Reich verloren sein werde, wenn die Christen Erfolg hätten. Die Verfolgungen in Rom haben das Imperium nicht gerettet, und ebensowenig werden die Verfolgungen der Internationale in der heutigen Zeit die bestehenden Zustände retten.

Das Neue an der Internationale war, daß sie von den Arbeitern selbst für die Arbeiter gegründet wurde. All die verschiedenen Organisationen vor der Internationale seien Gesellschaften gewesen, die von Radikalen |433| aus den herrschenden Klassen für die arbeitenden Klassen gegründet wurden, die Internationale dagegen sei von den Arbeitern für die Arbeiter gegründet worden. Die Chartistenbewegung hierzulande sei mit dem Einverständnis und der Hilfe von bürgerlichen Radikalen entstanden, doch wenn sie Erfolg gehabt hätte, so hätte das nur der Arbeiterklasse zum Vorteil gereichen können. England sei das einzige Land, in dem die Arbeiterklasse weit genug entwickelt und organisiert sei, um das allgemeine Wahlrecht zum eignen Vorteil anzuwenden.

Anschließend wies er auf die Februarrevolution hin und bezeichnete sie als eine Bewegung, die von einem Teil der Bourgeoisie gegen die herrschende Partei unterstützt worden sei. Die Februarrevolution habe den arbeitenden Klassen nur Versprechungen gemacht und eine Gruppe von Männern aus der herrschenden Klasse durch eine andere ersetzt. Die Juni-Insurrektion dagegen sei eine Revolte gegen die ganze herrschende Klasse gewesen, einschließlich ihres radikalsten Teils. Die Arbeiter, die 1848 die neuen Männer an die Macht brachten, hätten instinktiv gefühlt, daß sie nur eine Gruppe von Unterdrückern gegen eine andere austauschten und daß sie betrogen wurden.

Die letzte Bewegung sei die Kommune gewesen, die größte Bewegung, die es bisher gegeben habe - und darüber könne es nicht zwei Meinungen geben -, die Kommune war die Eroberung der politischen Macht durch die Arbeiterklasse. Über die Kommune habe es viele Mißverständnisse gegeben. Sie könne zu keiner neuen Form der Klassenherrschaft führen. Wenn die bestehenden Verhältnisse der Unterdrückung durch die Übergabe der Produktionsmittel an die produzierenden Arbeiter beseitigt würden, wodurch jeder arbeitsfähige Mensch gezwungen wäre, für seinen Lebensunterhalt zu arbeiten, werde auch die einzige Basis der Klassenherrschaft und der Unterdrückung beseitigt. Aber bevor eine solche Veränderung vollzogen werden könne, sei eine Diktatur des Proletariats notwendig, und ihre erste Voraussetzung sei eine Armee des Proletariats. Die arbeitenden Klassen müßten sich das Recht auf ihre Emanzipation auf dem Schlachtfeld erkämpfen. Aufgabe der Internationale sei es, die Kräfte der Arbeiter für den kommenden Kampf zu organisieren und zu vereinen.