<= MLWerke <= Marx/Engels <= Artikel und Korr. 1872

Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx/Friedrich Engels - Werke. (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 18, 5. Auflage 1973, unveränderter Nachdruck der 1. Auflage 1962, Berlin/DDR. S. 194-196.

1. Korrektur.
Erstellt am 04.03.1999

Karl Marx/Friedrich Engels

[An den Redakteur des "International Herald"]

Geschrieben am 20. Dezember 1872.
Aus dem Englischen.


["The International Herald" Nr. 38 vom 21. Dezember 1872]

|194| Lieber Bürger!

Wir haben es bisher als überflüssig erachtet, auf die Verleumdungen und Lügen zu antworten, welche der "autonome" Herr John Hales unermüdlich über uns verbreitet. Doch wenn derartige Verleumdungen im Zusammenhang mit dem Namen des Britischen Föderalrats und seiner vorgeblichen Autorität verbreitet werden, geschieht das mit der Absicht, der Internationale allgemein Schaden zuzufügen, und wir sind gezwungen, unser Stillschweigen zu brechen.

Dieser Herr Hales, welcher plötzlich als Verfechter der "Autonomie" von Sektionen und Föderationen auftritt, interpretiert praktisch diese Autonomie als seine eigene persönliche Autokratie. Er hat sich erstens zum Sekretär des Protokolls, zweitens zum korrespondierenden Sekretär (im In- und Ausland), drittens zum Kassierer des Britischen Föderalrats ernennen lassen; da er aber all diese Pflichten nicht auf einmal erfüllen kann, ernennt er, viertens, andere Mitglieder dieses Rats, die als seine Bediensteten dies tun. Und fünftens schreibt er ohne Wissen oder Zustimmung des Britischen Föderalrats Briefe in dessen Namen nach allen Teilen der Welt.

Daher finden wir in Nr. 23 der "Bulletin Jurassienne" einen offiziellen an den Britischen Föderalrat adressierten Brief des sezessionistischen jurassischen Komitees, als Antwort auf einen ebenfalls veröffentlichten Brief des Herrn John Hales. Die Existenz dieses Briefes, dessen sind wir gewiß, war dem Britischen Föderalrat völlig unbekannt. In diesem Brief versichert Hales:

"Dieser Kongreß (in Den Haag) ... hat die Heuchelei der Männer des alten Generalrats entlarvt, die eine ausgedehnte Geheimgesellschaft innerhalb unserer Assoziation zu organisieren versuchten, und dies unter dem Vorwand, einer anderen Geheim- |195| gesellschaft, deren Existenz sie für ihre eigenen Zwecke erfunden hatten, das Handwerk zu legen."

Herr Hales ist ein bewunderungswürdiger Logiker. Der durch den Kongreß erfolgte Ausschluß der Allianz aus der Internationale beweist ihm die Heuchelei des alten Generalrats, der diese Körperschaft nicht anerkannte. Was die vom Generalrat erfundene Allianz und die von ihm organisierte geheime Verschwörung betrifft, so ist Bürger Jung, zur Zeit Mitglied des Föderalrats, am besten geeignet, darüber alle notwendigen Auskünfte zu geben. Als ehemaliger Sekretär für die Schweiz kennt er das Treiben der "Allianz", und als Mitglied des Exekutivkomitees des alten Generalrats weiß er alles über die von Hales erfundene "Verschwörung". Die Heldentaten der allgemein bekannten "Allianz" sind bereits in dem Zirkular des alten Generalrats "Die angeblichen Spaltungen etc." öffentlich angeprangert worden. Die geheime Tätigkeit dieser Gesellschaft wird ans Tageslicht gebracht werden durch die kurz vor der Veröffentlichung stehenden Dokumente, die sich in den Händen der vom Haager Kongreß ernannten Untersuchungskommission befinden.

Herr Hales beklagt sich:

"Wahrend ich Generalsekretär des Rats war, kannte ich niemals die Adressen der Föderationen auf dem Kontinent und konnte sie mir auch niemals beschaffen."

Als Sekretär des Generalrats und dessen einziger bezahlter Beamter hatte Herr Hales keine anderen Pflichten, als die Protokolle vorzubereiten, Auszüge daraus an die Presse zu schicken und mit den englischen Sektionen und Trade-Unions zu korrespondieren.

Die Korrespondenz mit anderen Föderationen, kontinentalen oder anderen, war unbezahlten Sekretären anvertraut, in deren Angelegenheit sich einzumischen er kein Recht hatte. Wie er seine Pflicht - Führung der Korrespondenz seines eigenen Ressorts - erfüllte, zeigt eine besondere Resolution des Generalrats, in welcher diese Pflicht dem Bürger Milner übertragen wird.

Herr Hales stellt weiterhin fest:

"Eines Tages erhielt der Britische Föderalrat einen sehr wichtigen Brief vom Spanischen Föderalrat, doch der Schreiber, Bürger Anselmo Lorenzo, hatte vergessen, seine Adresse anzugeben; der Britische Föderalrat bat darauf den Bürger Engels, damals korrespondierender Sekretär für Spanien, ihm die Adresse von Lorenzo zu geben; Bürger Engels lehnte dies förmlich ab. Vor kurzem gab er die gleiche abschlägige Antwort hinsichtlich des Lissaboner Föderalrats."

|196| Alles, was Bürger Engels über diese Angelegenheit weiß, ist, daß der in Frage kommende spanische Brief ihm von Bürger Jung mit dem einfachen Ersuchen übersandt worden war, ihn zu übersetzen, was er auch tat. Über ein Ersuchen des Britischen Föderalrats um die Adresse Lorenzos ist ihm nichts bekannt und er würde für einen Auszug aus dem diesbezüglichen Protokoll dankbar sein.

Was die Lissaboner Angelegenheit betrifft, so wandte sich der Portugiesische Rat mit der Bitte an Engels, ihn in einem Streik zu unterstützen, und das allererste, was Engels tat, war, daß er den Britischen Föderalrat um Mitwirkung ersuchte, während er gleichzeitig auch andere Maßnahmen ergriff, die in seiner Macht standen. Nach mehrmaligen mündlichen Ansuchen, überbracht durch Mitglieder des Föderalrats, und nach einem schriftlichen Ansuchen erhielt Engels ungefähr zwei Monate später einen Brief von Herrn Hales, der ihm mitteilte, daß der Rat in der Angelegenheit etwas unternommen habe, und wobei er Engels um die Lissaboner Adresse bat. Auf diesen Brief sandte Engels keine Antwort, da er sich damals völlig bewußt war, daß Hales solche Adressen nur zum Zwecke seiner eigenen persönlichen Intrigen brauchte. Niemals dachte man an eine solche Zurückhaltung gegenüber anderen Mitgliedern des Britischen Föderalrats. Als Jung im Namen des Föderalrats die Adressen in Berlin, Leipzig und Wien verlangte, sind sie ihm sofort übermittelt worden.

Die Veröffentlichung von Auszügen aus den Protokollen des alten Generalrats, die zum größten Teil von Herrn Hales selbst geschrieben wurden, werden die Motive seines Grolls gegen diese Körperschaft bloßlegen. Um die Worte seines eigenen Briefes an das jurassische Komitee zu gebrauchen, wird es sich dann herausstellen, daß

"ein jeder, der mit dem abgesetzten Generalrat nicht nahe bekannt war, sich keine Meinung über die Art und Weise bilden kann, in welcher Tatsachen entstellt werden"

- nämlich durch Herrn John Haies.

Mit brüderlichen Grüßen!

F. Engels
Karl Marx


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