12. Kapitel. Die Arbeitsperiode | Inhalt | 14. Kapitel. Die Umlaufszeit

Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Band 24, "Das Kapital", Bd. II, 2. Abschnitt, S. 241 - 250
Dietz Verlag, Berlin/DDR 1963

DREIZEHNTES KAPITEL
Die Produktionszeit

<241> Die Arbeitszeit ist immer Produktionszeit, d.h. Zeit, während deren das Kapital in die Produktionssphäre gebannt ist. Aber umgekehrt ist nicht alle Zeit, während deren das Kapital sich im Produktionsprozeß befindet, deswegen notwendig auch Arbeitszeit.

Es handelt sich hier nicht um Unterbrechungen des Arbeitsprozesses, welche durch die Naturschranken der Arbeitskraft selbst bedingt sind, obgleich sich gezeigt hat, wie sehr der bloße Umstand, daß das fixe Kapital, Fabrikgebäude, Maschinerie usw., während der Pausen des Arbeitsprozesses brachliegt, eins der Motive wurde zur unnatürlichen Verlängrung des Arbeitsprozesses und zur Tag - und Nachtarbeit. <Siehe Band 23, S. 271 - 278> Es handelt sich hier von einer, von der Länge des Arbeitsprozesses unabhängigen, durch die Natur des Produkts und seiner Herstellung selbst bedingten Unterbrechung, während deren der Arbeitsgegenstand kürzer oder länger dauernden Naturprozessen unterworfen ist, physikalische, chemische, physiologische Veränderungen durchmachen muß, während deren der Arbeitsprozeß ganz oder teilweise suspendiert ist.

So muß gekelterter Wein erst eine Zeitlang die Gärung durchmachen und dann wieder eine Zeitlang liegen, um einen bestimmten Grad der Vollkommenheit zu erreichen. In vielen Industriezweigen muß das Produkt eine Trocknung durchmachen, wie in der Töpferei, oder gewissen Umständen ausgesetzt sein, um seine chemische Beschaffenheit zu ändern, wie in der Bleicherei. Winterkorn braucht vielleicht neun Monate zur Reife. Zwischen Saat- und Erntezeit ist der Arbeitsprozeß fast ganz unterbrochen. In der Holzzucht, nachdem die Aussaat und die dabei nötigen Vorarbeiten beendet, braucht der Same vielleicht 100 Jahre, um in fertiges Produkt verwandelt zu werden; während dieser ganzen Zeit braucht er relativ nur sehr unbedeutende Einwirkung von Arbeit.

<242> In allen diesen Fällen wird während eines großen Teils der Produktionszeit nur stellenweis zuschüssige Arbeit zugesetzt. Das im vorigen Kapitel beschriebne Verhältnis, wo dem bereits im Produktionsprozeß festgelegten Kapital zuschüssiges Kapital und Arbeit zugesetzt werden muß, findet hier nur mit längern oder kurzem Unterbrechungen statt.

In allen diesen Fällen besteht also die Produktionszeit des vorgeschoßnen Kapitals aus zwei Perioden: Einer Periode, worin das Kapital sich im Arbeitsprozeß befindet: einer zweiten Periode, worin seine Existenzform - die von unfertigem Produkt - dem Walten von Naturprozessen überlassen ist, ohne sich im Arbeitsprozeß zu befinden. Ob diese beiden Zeiträume sich stellenweis durchkreuzen und zwischeneinanderschieben, ändert nichts an der Sache. Arbeitsperiode und Produktionsperiode decken sich hier nicht. Die Produktionsperiode ist größer als die Arbeitsperiode. Aber erst nach Zurücklegung der Produktionsperiode ist das Produkt fertig, reif, also aus der Form von produktivem Kapital verwandelbar in die von Warenkapital. Je nach der Länge der nicht aus Arbeitszeit bestehenden Produktionszeit verlängert sich also auch seine Umschlagsperiode. Soweit die über die Arbeitszeit überschüssige Produktionszeit nicht durch ein für allemal gegebne Naturgesetze bestimmt ist, wie beim Reifen des Korns, dem Wuchs der Eiche usw., kann die Umschlagsperiode oft mehr oder minder verkürzt werden durch künstliche Abkürzung der Produktionszeit. So durch Einführung der chemischen Bleicherei statt der Wiesenbleicherei, durch wirksamere Trockenapparate in Trocknungsprozessen. So in der Gerberei, wo das Eindringen der Gerbsäure in die Häute nach der alten Methode 6 bis 18 Monate wegnahm, nach der neuen, worin die Luftpumpe angewandt wird, nur anderthalb bis zwei Monate. (J. G. Courcelle-Seneuil, "Traité theorique et pratique des entreprises industrielles etc.", Paris 1857, 2. éd. [p. 49].) Das großartigste Beispiel von künstlicher Abkürzung der durch Naturprozesse ausgefüllten bloßen Produktionszeit liefert die Geschichte der Eisenproduktion und namentlich die Verwandlung von Roheisen in Stahl in den letzten 100 Jahren, von dem um 1780 entdeckten Puddling bis zu dem modernen Bessemerprozeß und den seitdem eingeführten neuesten Verfahrungsweisen. Die Produktionszeit ist enorm abgekürzt worden, aber in demselben Maß auch die Anlage von fixem Kapital vergrößert.

Ein eigentümliches Beispiel für die Abweichung der Produktionszeit von der Arbeitszeit liefert die amerikanische Fabrikation von Schuhleisten. Hier entsteht ein bedeutender Teil der Unkosten daraus, daß das Holz bis zu 18 Monaten zur Austrocknung lagern muß, damit der fertige Leisten sich nachher nicht zieht, seine Form verändert. Während dieser Zeit macht das <243> Holz keinen andern Arbeitsprozeß durch. Die Umschlagsperiode des angelegten Kapitals ist daher nicht nur bestimmt durch die zur Leistenfabrikation selbst erheischte Zeit, sondern auch durch die Zeit, während deren es im austrocknenden Holz brachliegt. Es befindet sich 18 Monate im Produktionsprozeß, bevor es in den eigentlichen Arbeitsprozeß eintreten kann. Dies Beispiel zeigt zugleich, wie die Umschlagszeiten verschiedner Teile des zirkulierenden Gesamtkapitals verschieden sein können infolge von Umständen, die nicht innerhalb der Zirkulationssphäre, sondern aus dem Produktionsprozeß entspringen.

Besonders deutlich tritt der Unterschied von Produktionszeit und Arbeitszeit hervor in der Landwirtschaft. In unsern gemäßigten Klimaten trägt das Land einmal jährlich Korn. Die Abkürzung oder Verlängrung der Produktionsperiode (für Wintersaat durchschnittlich neun Monate) ist selbst wieder vom Wechsel guter oder schlechter Jahre abhängig, daher nicht genau vorher bestimmbar und kontrollierbar wie in der eigentlichen Industrie. Nur Nebenprodukte, Milch, Käse etc., sind fortlaufend in kürzern Perioden produzierbar und verkaufbar. Dagegen stellt sich die Arbeitszeit wie folgt:

"Die Zahl der Arbeitstage wird in den verschiednen Gegenden von Deutschland mit Rücksicht auf die klimatischen und übrigen einwirkenden Verhältnisse für die drei Hauptarbeitsperioden anzunehmen sein: Für die Frühjahrsperiode von Mitte März oder Anfang April bis Mitte Mai auf 50 - 60; für die Sommerperiode von Anfang Juni bis Ende August auf 65 - 80; und für die Herbstperiode von Anfang September bis Ende Oktober oder Mitte oder Ende November auf 55 - 75 Arbeitstage. Für den Winter sind bloß die darin zu verrichtenden Arbeiten, wie Dünger-, Holz-, Markt-, Baufuhren zu bemerken." (F. Kirchhof, Handbuch der landwirthschaftlichen Betriebslehre, Dessau 1852, S. 160.)

Je ungünstiger daher das Klima, desto mehr drängt sich die Arbeitsperiode der Landwirtschaft, und daher die Auslage in Kapital und Arbeit, auf kurzem Zeitraum zusammen. Z.B. Rußland. Dort ist in einigen nördlichen Gegenden Feldarbeit nur möglich während 130 - 150 Tagen im Jahr. Man begreift, welchen Verlust Rußland erleiden würde, wenn 50 aus den 65 Millionen seiner europäischen Bevölkrung ohne Beschäftigung blieben während der sechs oder acht Wintermonate, wo alle Feldarbeit aufhören muß. Außer den 200.000 Bauern, welche in den 10.500 Fabriken Rußlands arbeiten, haben sich überall auf den Dörfern eigne Hausindustrien entwickelt. So gibt es Dörfer, worin alle Bauern seit Generationen Weber, Gerber, Schuhmacher, Schlosser, Messerschmiede etc. sind; besonders ist dies der Fall in den Gouvernements Moskau, Wladimir, Kaluga, Kostroma und Petersburg. Beiläufig wird diese Hausindustrie schon mehr und mehr in den <244> Dienst der kapitalistischen Produktion gepreßt; den Webern z.B. Kette und Einschlag von Kaufleuten direkt oder durch Vermittlung von Faktoren geliefert. (Abgekürzt nach: "Reports by H. M. Secretaries of Embassy and Legation, on the Manufactures, Commerce etc.", Nr. 8, 1865, p. 86, 87.) Man sieht hier, wie das Auseinanderfallen von Produktionsperiode und Arbeitsperiode, welche letztre nur einen Teil der erstren bildet, die natürliche Grundlage der Vereinigung der Agrikultur mit ländlicher Nebenindustrie bildet, wie andrerseits letztre wieder Anhaltspunkt wird für den Kapitalisten, der sich zunächst als Kaufmann dazwischendrängt. Indem die kapitalistische Produktion dann später die Scheidung zwischen Manufaktur und Agrikultur vollzieht, wird der Landarbeiter immer mehr von bloß zufälliger Nebenbeschäftigung abhängig und seine Lage dadurch verschlechtert. Für das Kapital, wie man später sehn wird, gleichen sich alle Verschiedenheiten im Umschlag aus. Für den Arbeiter nicht.

Während in den meisten Zweigen der eigentlichen Industrie, des Bergbaus, des Transports usw. der Betrieb ein gleichmäßiger ist, gleichmäßige Arbeitszeit jahraus, jahrein gearbeitet wird und, von Preisschwankungen, Geschäftsstörungen etc. als von anormalen Unterbrechungen abgesehn, die Auslagen für das in den täglichen Zirkulationsprozeß eingehende Kapital sich gleichmäßig verteilen; während ebenfalls, bei sonst gleichbleibenden Marktverhältnissen, auch der Rückfluß des zirkulierenden Kapitals oder seine Erneuerung das Jahr hindurch in gleichmäßige Perioden sich verteilt - findet in den Kapitalauslagen, wo die Arbeitszeit nur einen Teil der Produktionszeit bildet, im Laufe der verschiednen Perioden des Jahrs die größte Ungleichmäßigkeit in der Auslage von zirkulierendem Kapital statt, indes der Rückfluß nur auf einmal zu der durch Naturbedingungen fixierten Zeit erfolgt. Bei gleicher Stufenleiter des Geschäfts, d.h. bei gleicher Größe des vorgeschoßnen zirkulierenden Kapitals, muß es daher in größren Massen auf einmal und auf längre Zeit vorgeschossen werden als in den Geschäften mit kontinuierlichen Arbeitsperioden. Die Lebensdauer des fixen Kapitals unterscheidet sich hier auch bedeutender von der Zeit, worin es wirklich produktiv fungiert. Mit der Differenz von Arbeitszeit und Produktionszeit wird natürlich auch die Gebrauchszeit des angewandten fixen Kapitals auf längre oder kürzre Zeit fortwährend unterbrochen, wie z.B. im Ackerbau bei Arbeitsvieh, Geräten und Maschinen. Soweit dies fixe Kapital aus Arbeitstieren besteht, erheischt es fortwährend dieselben oder fast dieselben Ausgaben in Futter etc. wie während der Zeit, worin es arbeitet. Bei toten Arbeitsmitteln verursacht auch der Nichtgebrauch eine gewisse Entwertung. Es findet also überhaupt Verteuerung des Produkts statt, indem die Wert- <245> abgabe an das Produkt sich berechnet nicht nach der Zeit, worin das fixe Kapital fungiert, sondern nach der Zeit, worin es Wert verliert. In diesen Produktionszweigen bildet das Brachliegen des fixen Kapitals, ob noch mit laufenden Kosten verbunden oder nicht, ebenso eine Bedingung seiner normalen Anwendung wie z.B. der Verlust eines gewissen Quantums von Baumwolle bei der Spinnerei; und ebenso zählt bei jedem Arbeitsprozeß die unter den normalen technischen Bedingungen unproduktiv, aber unvermeidlich, verausgabte Arbeitskraft geradesogut wie die produktive. Jede Verbeßrung, die unproduktive Verausgabung von Arbeitsmitteln, Rohstoff und Arbeitskraft vermindert, vermindert auch den Wert des Produkts.

In der Landwirtschaft vereinigt sich beides, die längre Dauer der Arbeitsperiode und die große Differenz zwischen Arbeitszeit und Produktionszeit. Hodgskin bemerkt darüber richtig:

"Der Unterschied in der Zeit", {obgleich er hier nicht zwischen Arbeitszeit und Produktionszeit unterscheidet} "die erforderlich ist, um die Produkte der Landwirtschaft fertigzumachen, und der von andern Arbeitszweigen, ist die Hauptursache der großen Abhängigkeit der Landwirte. Sie können ihre Waren nicht in kürzrer Zeit zu Markte bringen als in einem Jahr. Während dieses ganzen Zeitraums müssen sie borgen vom Schuhmacher, Schneider, Schmied, Wagenmacher und den verschiednen andren Produzenten, von denen sie Produkte brauchen, und welche Produkte in wenig Tagen oder Wochen fertig werden. Infolge dieses natürlichen Umstands, und infolge der raschern Reichtumsvermehrung in den andern Arbeitszweigen, sind die Grundbesitzer, die den Boden des ganzen Reichs monopolisiert haben, obgleich sie außerdem sich das Monopol der Gesetzgebung angeeignet haben, dennoch unfähig, sich und ihre Diener, die Pächter, vor dem Schicksal zu retten, die abhängigsten Leute im Lande zu werden." (Thomas Hodgskin, "Popular Political Economy", London 1827, p. 147, Note.)

Alle Methoden, wodurch teilweis die Ausgaben in Arbeitslohn und Arbeitsmitteln in der Agrikultur gleichmäßiger über das ganze Jahr verteilt werden, teilweis der Umschlag verkürzt wird, indem verschiedenartigere Produkte erzeugt und so verschiedne Ernten während des Jahres möglich werden, erheischen Vergrößrung des in der Produktion vorgeschoßnen, in Arbeitslohn, Dünger, Samen etc. ausgelegten zirkulierenden Kapitals. So beim Übergang von der Dreifelderwirtschaft mit Brache zur Fruchtwechselwirtschaft ohne Brache. So bei den cultures dérobées <dem Zwischenfruchtanbau> in Flandern.

"Man nimmt die Wurzelgewächse in culture dérobée; dasselbe Feld trägt zuerst Getreide, Flachs, Raps, für die Bedürfnisse der Menschen, und nach der Ernte werden Wurzelkräuter gesät zur Erhaltung des Viehs. Dies System, wobei das Hornvieh fort- <246> während im Stall bleiben kann, ergibt eine beträchtliche Anhäufung von Dünger und wird so der Angelpunkt der Wechselwirtschaft. Mehr als ein Drittel der bebauten Oberfläche wird in den Sandgegenden auf die cultures dérobées verwandt; es ist gerade so, als ob man die Ausdehnung des bebauten Landes um ein Drittel vermehrt hätte."

Neben Wurzelgewächsen wird hierzu auch Klee und andre Futterkräuter verwandt.

"Der Ackerbau, so auf einen Punkt getrieben, wo er in Gartenbau übergeht, erfordert begreiflicherweise ein verhältnismäßig beträchtliches Anlagekapital. In England rechnet man 250 Franken Anlagekapital auf die Hektare. In Flandern werden unsre Bauern ein Anlagekapital von 500 Franken per Hektare wahrscheinlich viel zu niedrig finden." ("Essais sur l'Économie Rurale de la Belgique", par Émile de Laveleye. Bruxelles 1863, p. 59, 60, 63.)

Nehmen wir schließlich die Holzzucht. -

"Die Holzproduktion unterscheidet sich von den meisten übrigen Produktionen wesentlich dadurch, daß bei ihr die Naturkraft selbständig wirkt und bei natürlicher Verjüngung der Menschen- und Kapitalkraft nicht bedarf. Übrigens ist auch selbst da, wo die Wälder künstlich verjüngt werden, der Aufwand von Menschen- und Kapitalkraft neben dem Wirken der Naturkräfte nur gering. Außerdem findet der Wald noch auf Bodenarten und in Lagen Gedeihen, wo das Getreide nicht mehr fortkommt oder dessen Produktion doch nicht mehr lohnt. Der Waldbau erfordert aber auch, zu einer regelmäßigen Wirtschaft, einen größren Flächenraum als die Getreidekultur, indem bei kleinren Parzellen keine forstwirtschaftliche Schlagführung ausführbar ist, die Nebennutzungen meist verloren gehn, der Forstschutz schwerer zu handhaben ist usw. Der Produktionsprozeß ist aber auch an so lange Zeiträume gebunden, daß er über die Pläne einer Privatwirtschaft, einzeln sogar über die Zeit eines Menschenlebens hinausgeht. Das für Erwerbung des Waldbodens <1. und 2. Auflage: Landbodens> angelegte Kapital"

{bei Gemeinproduktion fällt dieses Kapital fort und ist die Frage nur, wieviel Boden die Gemeinde für Waldproduktion dem Acker- und Weideboden entziehen kann}

"trägt nämlich erst nach langer Zeit lohnende Früchte und schlägt nur teilweise, vollständig aber erst bei manchen Holzarten in Fristen <1. und 2. Auflage: Forsten> bis zu 150 Jahren um. Außerdem erfordert die nachhaltige Holzproduktion selbst einen Vorrat lebendigen Holzes, welcher das zehn- bis vierzigfache der jährlichen Nutzung beträgt. Wer daher nicht noch andres Einkommen hat und bedeutende Waldstrecken besitzt, kann keine regelmäßige Waldwirtschaft führen." (Kirchhof, p. 58.)

Die lange Produktionszeit (die einen relativ nur geringen Umfang der Arbeitszeit einschließt), daher die Länge ihrer Umschlagsperioden, macht <247> die Waldzucht zu einem ungünstigen Privat- und daher kapitalistischen Betriebszweig, welcher letztre wesentlich Privatbetrieb ist, auch wenn statt des einzelnen Kapitalisten der assoziierte Kapitalist auftritt. Die Entwicklung der Kultur und Industrie überhaupt hat sich von jeher so tätig in der Zerstörung der Waldungen gezeigt, daß dagegen alles, was sie umgekehrt zu deren Erhaltung und Produktion getan hat, eine vollständig verschwindende Größe ist.

Besonders bemerkenswert in dem Zitat von Kirchhof ist folgende Stelle:

"Außerdem erfordert die nachhaltige Holzproduktion selbst einen Vorrat lebendigen Holzes, welcher das zehn- bis vierzigfache der jährlichen Nutzung beträgt."

Also einmaliger Umschlag in zehn bis vierzig und mehr Jahren.

Ebenso bei der Viehzucht. Ein Teil der Herde (Viehvorrat) bleibt im Produktionsprozeß, während ein andrer Teil derselben als jährliches Produkt verkauft wird. Nur ein Teil des Kapitals schlägt hier jährlich um, ganz wie bei dem fixen Kapital, Maschinerie, Arbeitsvieh etc. Obgleich dies Kapital für längre Zeit im Produktionsprozeß fixiertes Kapital ist, und so den Umschlag des Gesamtkapitals verlängert, bildet es nicht fixes Kapital im kategorischen Sinn.

Was hier Vorrat genannt wird - ein bestimmtes Quantum lebendigen Holzes oder Viehs - befindet sich relativ im Produktionsprozeß (zugleich als Arbeitsmittel und als Arbeitsmaterial); nach den Naturbedingungen seiner Reproduktion, bei geregelter Wirtschaft, muß sich stets ein bedeutender Teil in dieser Form befinden.

Ähnlich auf den Umschlag wirkt eine andre Art des Vorrats, die nur potentielles produktives Kapital bildet, aber infolge der Natur der Wirtschaft in größren oder geringren Massen angehäuft sein, daher für längre Zeit der Produktion vorgeschossen sein muß, obgleich sie nur nach und nach in den aktiven Produktionsprozeß eingeht. Dazu gehört z.B. der Dünger, bevor er aufs Feld geführt wird, ebenso Korn, Heu etc. und solche Lebensmittelvorräte, die in die Produktion des Viehs eingehn.

"Ein beträchtlicher Teil des Betriebskapitals ist in den Vorräten der Wirtschaft enthalten. Diese können aber in ihrem Wert mehr oder weniger verlieren, sobald die für ihre gute Erhaltung erforderlichen Vorsichtsmaßregeln nicht gehörig in Anwendung gebracht werden; ja es kann durch Mangel an Aufsicht selbst ein Teil der Produktenvorräte für die Wirtschaft gänzlich verlorengehn. Es wird daher in dieser Beziehung vorzugsweis eine sorgfältige Aufsicht über die Scheunen, Futter- und Getreideböden und Keller erforderlich, sowie die Vorratsräume stets gehörig zu verschließen, außerdem aber reinlich zu halten, auszulüften sind usw.; das Getreide und andre zur Aufbewahrung gebrachte Früchte müssen von Zeit zu Zeit gehörig gewendet, Kartoffeln <248> und Rüben sowohl gegen Frost als gegen Wasser und Fäulnis <1. und 2. Auflage: Feuer > geschützt werden." (Kirchhof, p. 292.) "Bei Berechnung des eignen Bedarfs, besonders für die Viehhaltung, wobei die Verteilung nach Maßgabe des Erzeugnisses und des Zwecks vorzunehmen ist, muß man nicht nur auf die Deckung des Bedürfnisses, sondern außerdem auch noch darauf Rücksicht nehmen, daß für unvorhergesehne Fälle auch noch ein verhältnismäßiger Vorrat übrigbleibe. Sobald sich nun hierbei ergibt, daß der Bedarf durch das eigne Erzeugnis nicht vollständig gedeckt werden kann, so hat man zunächst in Betracht zu ziehn, ob man nicht durch andre Erzeugnisse (Ersatzmittel) diesen Mangel decken oder doch solche statt der fehlenden wohlfeiler anschaffen könne. Wenn z.B. sich ein Mangel an Heu herausstellen sollte, so läßt sich dieser durch Wurzelwerk mit Strohzusatz decken. Überhaupt muß man hierbei den Sachwert und den Marktpreis der verschiednen Erzeugnisse stets im Auge behalten und die Bestimmungen für die Konsumtion darnach treffen; ist z.B. der Hafer teurer, während Erbsen und Roggen verhältnismäßig niedrig stehn, so wird man mit Vorteil einen Teil des Hafers bei Pferden durch Erbsen oder Roggen ersetzen und den hierdurch erübrigten Hafer verkaufen." (Ibidem, p. 300.)

Es ist früher bei Betrachtung der Vorratsbildung <siehe vorl. Band, S. 139 - 145> bereits bemerkt worden, daß ein bestimmtes größres oder kleinres Quantum von potentiellem produktivem Kapital erfordert ist, d.h. von für die Produktion bestimmten Produktionsmitteln, die in größren oder kleinren Massen vorrätig sein müssen, um nach und nach in den Produktionsprozeß einzugehn. Es ist dabei bemerkt worden, daß bei einer gegebnen Geschäftsunternehmung oder einem Kapitalbetrieb von bestimmtem Umfang die Größe dieses Produktionsvorrats abhängt von der größren oder geringren Schwierigkeit seiner Erneuerung, relativer Nähe der Bezugsmärkte, Entwicklung der Transport- und Kommunikationsmittel etc. Alle diese Umstände wirken ein auf das Minimum von Kapital, das in der Form von produktivem Vorrat vorhanden sein muß, also auf die Zeitlänge, wofür die Kapitalvorschüsse zu machen, und auf den Umfang der auf einmal vorzuschießenden Kapitalmasse. Dieser Umfang, der also auch auf den Umschlag wirkt, wird bedingt durch die längre oder kürzre Zeit, für welche zirkulierendes Kapital in der Form von produktivem Vorrat als bloß potentielles produktives Kapital festliegt. Andrerseits, soweit diese Stauung von größrer oder geringrer Möglichkeit des raschen Ersatzes, von Marktverhältnissen usw. abhängt, entspringt sie selbst wieder aus der Umlaufszeit, aus Umständen, die der Zirkulationssphäre angehören.

"Ferner müssen alle solche Inventarienstücke oder Zutaten, wie Handarbeitsgeräte, Siebe, Körbe, Stricke, Wagenschmiere, Nägel usw., um so mehr zum augen- <249> blicklichen Ersatze im Vorrat vorhanden sein, je weniger man die Gelegenheit in der Nähe hat, solche schnell anschaffen zu können. Endlich soll jährlich das ganze Geräteinventar im Winter sorgfältig nachgesehn und für die hierbei sich notwendig machende Ergänzung und Instandsetzung sofort gesorgt werden. Ob man sich nun aber im allgemeinen größre oder kleinre Vorräte zum Bedarf des Inventars halten soll, wird hauptsächlich durch die Lokalverhältnisse bestimmt. Wo Handwerksleute und Kaufläden nicht in der Nähe sind, da muß man auf größre Vorräte halten als dort, wo man solche im Orte oder doch sehr nahe findet. Wenn man aber unter sonst gleichen Verhältnissen die bedürfenden Vorräte in größren Mengen auf einmal anschafft, gewinnt man in der Regel den Vorteil des billigen Einkaufs, wenn man nur sonst hierzu einen geeigneten Zeitpunkt gewählt hat; freilich entzieht man hierdurch aber auch dem umlaufenden Betriebskapital eine um so größre Summe auf einmal, welche nicht immer gut aus dem Wirtschaftsbetriebe entbehrt werden kann." (Kirchhof, p. 301.)

Die Differenz von Produktions- und Arbeitszeit läßt, wie wir gesehn, sehr verschiedne Fälle zu. Das zirkulierende Kapital kann sich in der Produktionszeit befinden, ehe es in den eigentlichen Arbeitsprozeß eingeht (Leistenfabrikation); oder es befindet sich in Produktionszeit, nachdem es den eigentlichen Arbeitsprozeß durchgemacht hat (Wein, Saatkorn); oder die Produktionszeit wird stellenweis durch Arbeitszeit durchbrochen (Feldhau, Holzzucht); ein großer Teil von zirkulationsfähigem Produkt bleibt dem aktiven Produktionsprozeß einverleibt, während ein viel geringrer Teil in die jährliche Zirkulation eingeht (Holz- und Viehzucht); die größre oder geringre Zeitlänge, für welche zirkulierendes Kapital in der Form von potentiellem produktivem Kapital, also auch die größre oder geringre Masse, worin dies Kapital auf einmal ausgelegt werden muß, entspringt teils aus der Art des Produktionsprozesses (Agrikultur) und hängt teils von der Nähe von Märkten etc., kurz, von Umständen ab, die der Zirkulationssphäre angehören.

Man wird später sehn (Buch III), welche widersinnige Theorien bei MacCulloch, James Mill etc. der Versuch veranlaßt hat, die von der Arbeitszeit abweichende Produktionszeit mit der erstren zu identifizieren, ein Versuch, selbst wieder entspringend aus falscher Anwendung der Werttheorie.

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Der Umschlagszyklus, den wir vorher betrachtet, ist gegeben durch die Dauer des dem Produktionsprozeß vorgeschoßnen fixen Kapitals. Da dieser eine größre oder geringre Reihe von Jahren umfaßt, so auch eine Reihe jährlicher, resp. während des Jahres wiederholter Umschläge des fixen Kapitals.

<250> In der Agrikultur entsteht ein solcher Umschlagszyklus aus dem System der Fruchtfolge.

"Die Dauer der Pachtzeit darf jedenfalls nicht kürzer angenommen werden als die Umlaufszeit der eingeführten Fruchtfolge aussagt <1. und 2. Auflage: Fruchfolgeaussaat >, daher bei der Dreifelderwirtschaft immer mit 3, 6, 9 gerechnet wird. Bei angenommener Dreifelderwirtschaft mit reiner Brache wird aber der Acker in sechs Jahren nur viermal bebaut, und in den Baujahren mit Winter- und Sommergetreide, und erfordert oder erlaubt es die Beschaffenheit des Bodens, auch mit Weizen und Roggen, Gerste und Hafer gewechselt. Jede Getreideart vervielfältigt sich nun auf demselben Boden mehr oder weniger als die andre, jede hat einen andren Wert und wird auch für einen andren Preis verkauft. Deshalb fällt der Ertrag des Ackers in jedem Baujahre anders aus, auch anders in der ersten Hälfte des Umlaufs" (in den ersten drei Jahren), "anders in der zweiten. Selbst der durchschnittliche Ertrag in der Umlaufszeit ist nicht in der einen wie in der andern gleich groß, indem die Fruchtbarkeit nicht allein von der Güte des Bodens, sondern auch von der Jahreswitterung, sowie die Preise von mancherlei Verhältnissen abhängen. Berechnet man nun den Ertrag <1. u. 2. Auflage: Betrag> des Ackers nach mittlern Fruchtjahren der ganzen Umlaufszeit auf sechs Jahre und nach den Durchschnittspreisen derselben, so hat man den Gesamtertrag auf ein Jahr sowohl in der einen als in der andern Umlaufszeit gefunden. Dies ist jedoch nicht der Fall, wenn der Ertrag nur für die Hälfte der Umlaufszeit, also für drei Jahre berechnet wird, indem alsdann der Gesamtertrag ungleich ausfallen würde. Hieraus geht hervor, daß die Dauer der Pachtzeit bei der Dreifelderwirtschaft mindestens auf sechs Jahre bestimmt werden muß. Weit wünschenswerter aber für Pächter und Verpächter bleibt es aber immer, wenn die Pachtzeit ein Vielfaches der Pachtzeit" {sic! <- so steht es wörtlich da!>} "ausmacht, und also bei der Dreifelderwirtschaft anstatt auf 6 auf 12, 18 und noch mehr Jahre, bei Siebenfelderwirtschaft aber anstatt auf 7 auf 14, 28 Jahre gestellt ist." (Kirchhof, p. 117, 118.)

{Hier steht im Manuskript: "Die englische Fruchtwechselwirtschaft. Hier Note zu machen."}