7. Kapitel. Nachträge | Inhalt | 9. Kapitel. Durchschnittsprofitrate und Produktionspreise

Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Band 25, "Das Kapital", Bd. III, Zweiter Abschnitt, S. 151 - 163
Dietz Verlag, Berlin/DDR 1983

Zweiter Abschnitt
Die Verwandlung des Profits
in Durchschnittsprofit

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ACHTES KAPITEL
Verschiedne Zusammensetzung der Kapitale
in verschiednen Produktionszweigen
und daher folgende Verschiedenheit
der Profitraten

<151> Im vorigen Abschnitt wurde unter anderm nachgewiesen, wie bei gleichbleibender Rate des Mehrwerts die Profitrate variieren, steigen oder fallen kann. In diesem Kapitel wird nun vorausgesetzt, daß der Exploitationsgrad der Arbeit und daher die Rate des Mehrwerts und die Länge des Arbeitstags in allen Produktionssphären, worin sich die gesellschaftliche Arbeit in einem gegebnen Lande spaltet, von gleicher Größe, gleich hoch ist. Von vielen Verschiedenheiten in der Exploitation der Arbeit in verschiednen Produktionssphären hat schon A. Smith ausführlich nachgewiesen, daß sie sich durch allerlei wirkliche oder vom Vorurteil akzeptierte Kompensationsgründe ausgleichen und daher, als nur scheinbare und verschwindende Verschiedenheiten, für die Untersuchung der allgemeinen Verhältnisse nicht in Rechnung kommen. Andre Unterschiede, z.B. in der Höhe des Arbeitslohns, beruhen großenteils auf dem schon im Eingang zu Buch I, S. 19 <Siehe Band 23, S. 59> erwähnten Unterschied zwischen einfacher und komplizierter Arbeit und berühren, obgleich sie das Los der Arbeiter in verschiednen Produktionssphären sehr verungleichen, keineswegs den Exploitationsgrad der Arbeit in diesen verschiednen Sphären. Wird z.B. die Arbeit eines Goldschmieds teurer bezahlt als die eines Taglöhners, so stellt die Mehrarbeit des Goldschmieds in demselben Verhältnis auch größern Mehrwert her als die des Taglöhners. Und wenn die Ausgleichung der Arbeitslöhne und Arbeitstage und daher der Rate des Mehrwerts zwischen <152> verschiednen Produktionssphären, ja selbst zwischen verschiednen Kapitalanlagen in derselben Produktionssphäre durch vielerlei lokale Hindernisse aufgehalten wird, so vollzieht sie sich doch mehr und mehr mit dem Fortschritt der kapitalistischen Produktion und der Unterordnung aller ökonomischen Verhältnisse unter diese Produktionsweise. So wichtig das Studium solcher Friktionen für jede Spezialarbeit über den Arbeitslohn, so sind sie doch für die allgemeine Untersuchung der kapitalistischen Produktion als zufällig und unwesentlich zu vernachlässigen. In solcher allgemeinen Untersuchung wird überhaupt immer vorausgesetzt, daß die wirklichen Verhältnisse ihrem Begriff entsprechen, oder was dasselbe, werden die wirklichen Verhältnisse nur dargestellt, soweit sie ihren eignen allgemeinen Typus ausdrücken.

Der Unterschied der Raten des Mehrwerts in verschiednen Ländern und daher der nationalen Exploitationsgrade der Arbeit ist für die vorliegende Untersuchung durchaus gleichgültig. Wir wollen ja eben in diesem Abschnitt darstellen, in welcher Weise eine allgemeine Profitrate innerhalb eines Landes hergestellt wird. Es ist jedoch klar, daß man bei Vergleichung der verschiednen nationalen Profitraten nur das früher Entwickelte mit dem hier zu Entwickelnden zusammenzustellen hat. Erst betrachte man die Verschiedenheit in den nationalen Raten des Mehrwerts und dann vergleiche man, auf Grundlage dieser gegebnen Raten des Mehrwerts, die Verschiedenheit der nationalen Profitraten. Soweit ihre Verschiedenheit nicht aus der Verschiedenheit der nationalen Raten des Mehrwerts resultiert, muß sie Umständen geschuldet sein, worin, wie in der Untersuchung in diesem Kapitel, der Mehrwert als überall gleich, als konstant vorausgesetzt wird.

Es wurde im vorigen Kapitel gezeigt, daß, die Rate des Mehrwerts als konstant vorausgesetzt, die Profitrate, die ein bestimmtes Kapital abwirft, steigen oder fallen kann infolge von Umständen, die den Wert eines oder des andern Teils des konstanten Kapitals erhöhen oder erniedrigen und dadurch überhaupt das Verhältnis zwischen den konstanten und variablen Bestandteilen des Kapitals affizieren. Es wurde ferner bemerkt, daß Umstände, welche die Umschlagszeit eines Kapitals verlängern oder verkürzen, in ähnlicher Weise die Profitrate affizieren können. Da die Masse des Profits identisch ist mit der Masse des Mehrwerts, mit dem Mehrwert selbst, so zeigte sich auch, daß die Masse des Profits - im Unterschied von der Profitrate - nicht von den eben erwähnten Wertschwankungen betroffen wird. Sie modifizierten nur die Rate, worin sich ein gegebner Mehrwert und daher auch ein Profit von gegebner Größe ausdrückt, d.h. seine verhältnismäßige Größe, seine Größe verglichen mit der Größe des vorgeschoßnen <153> Kapitals. Insofern infolge jener Wertschwankungen Bindung oder Freisetzung von Kapital stattfand, konnte auf diesem indirekten Weg nicht nur die Profitrate, sondern der Profit selbst affiziert werden. Indes galt dies dann immer nur von bereits engagiertem Kapital, nicht von neuer Kapitalanlage; und außerdem hing die Vergrößerung oder Verringerung des Profits selbst immer davon ab, inwiefern infolge jener Wertschwankungen mit demselben Kapital mehr oder weniger Arbeit in Bewegung gesetzt werden konnte, also mit demselben Kapital - bei gleichbleibender Rate des Mehrwerts - eine größre oder geringre Masse von Mehrwert produziert werden konnte. Weit entfernt, dem allgemeinen Gesetz zu widersprechen oder eine Ausnahme davon zu bilden, war diese scheinbare Ausnahme in der Tat nur ein besondrer Fall der Anwendung des allgemeinen Gesetzes.

Wenn sich im vorigen Abschnitt zeigte, daß bei konstantem Exploitationsgrad der Arbeit, mit Wertwechsel der Bestandteile des konstanten Kapitals und ebenso mit Wechsel in der Umschlagszeit des Kapitals, die Profitrate sich änderte, so folgt daraus von selbst, daß die Profitraten verschiedner gleichzeitig nebeneinander existierenden Produktionssphären verschieden sein werden, wenn bei sonst gleichbleibenden Umständen die Umschlagszeit der angewandten Kapitale eine verschiedne, oder wenn das Wertverhältnis zwischen den organischen Bestandteilen dieser Kapitale in den verschiednen Produktionszweigen verschieden ist. Was wir früher betrachteten als Änderungen, die zeitlich nacheinander mit demselben Kapital vorgingen, betrachten wir jetzt als gleichzeitig vorhandne Unterschiede zwischen nebeneinander bestehenden Kapitalanlagen in verschiednen Produktionssphären.

Wir werden hierbei zu untersuchen haben: 1. die Verschiedenheit in der organischen Zusammensetzung der Kapitale, 2. die Verschiedenheit ihrer Umschlagszeit.

Die Voraussetzung bei dieser ganzen Untersuchung ist selbstverständlich die, daß, wenn wir von Zusammensetzung oder Umschlag des Kapitals in einem bestimmten Produktionszweig sprechen, immer das durchschnittliche Normalverhältnis des in diesem Produktionszweig angelegten Kapitals gemeint, überhaupt von dem Durchschnitt des in der bestimmten Sphäre angelegten Gesamtkapitals, nicht von den zufälligen Unterschieden der in dieser Sphäre angelegten Einzelkapitale die Rede ist.

Da ferner unterstellt ist, daß Rate des Mehrwerts und Arbeitstag konstant, und da diese Unterstellung ebenfalls Konstanz des Arbeitslohns einschließt, so drückt ein gewisses Quantum variables Kapital ein gewisses Quantum in Bewegung gesetzter Arbeitskraft und daher ein bestimmtes <154> Quantum sich vergegenständlichender Arbeit aus. Wenn also 100 Pfd.St. den Wochenlohn von 100 Arbeitern ausdrückt, also in der Tat 100 Arbeiterkraft anzeigt, so n * 100 Pfd.St. die von n * 100 Arbeitern und 100 Pf.St./n die von 100/n Arbeitern. Das variable Kapital dient hier also (wie bei gegebnem Arbeitslohn stets der Fall) als Index der Masse der von einem bestimmten Gesamtkapital in Bewegung gesetzten Arbeit; Verschiedenheiten in der Größe des angewandten variablen Kapitals dienen daher als Indizes der Verschiedenheit in der Masse der angewandten Arbeitskraft. Wenn 100 Pfd.St. 100 Arbeiter wöchentlich darstellen und daher bei 60 Stunden wöchentlicher Arbeit 6.000 Arbeitsstunden repräsentieren, so 200 Pfd.St. 12.000 und 50 Pfd.St. nur 3.000 Arbeitsstunden.

Unter Zusammensetzung des Kapitals verstehn wir, wie schon in Buch I gesagt, das Verhältnis seines aktiven und seines passiven Bestandteils, des variabeln und des konstanten Kapitals. Es kommen hierbei zwei Verhältnisse in Betracht, die nicht von gleicher Wichtigkeit sind, obgleich sie unter gewissen Umständen gleiche Wirkung hervorbringen können.

Das erste Verhältnis beruht auf technischer Grundlage und ist auf einer bestimmten Entwicklungsstufe der Produktivkraft als gegeben zu betrachten. Eine bestimmte Masse Arbeitskraft, dargestellt durch eine bestimmte Anzahl Arbeiter, ist erheischt, um eine bestimmte Masse Produkt, z.B. in einem Tag zu produzieren und daher - was darin eingeschlossen - eine bestimmte Masse Produktionsmittel, Maschinerie, Rohstoffe etc. in Bewegung zu setzen, produktiv zu konsumieren. Es kommt eine bestimmte Anzahl Arbeiter auf ein bestimmtes Quantum Produktionsmittel und daher ein bestimmtes Quantum lebendiger Arbeit auf ein bestimmtes Quantum von in den Produktionsmitteln bereits vergegenständlichter Arbeit. Dies Verhältnis ist sehr verschieden in verschiednen Produktionssphären, oft zwischen den verschiednen Zweigen einer und derselben Industrie, obgleich es zufällig wieder in sehr weit auseinanderliegenden Industriezweigen ganz oder annähernd dasselbe sein kann.

Dies Verhältnis bildet die technische Zusammensetzung des Kapitals und ist die eigentliche Grundlage seiner organischen Zusammensetzung.

Es ist aber auch möglich, daß jenes Verhältnis in verschiednen Industriezweigen dasselbe sei, soweit das variable Kapital bloßer Index von Arbeitskraft und das konstante Kapital bloßer Index der von der Arbeitskraft in Bewegung gesetzten Masse von Produktionsmitteln ist. Z.B. gewisse Arbeiten in Kupfer und Eisen mögen gleiches Verhältnis zwischen Arbeitskraft und Masse von Produktionsmitteln voraussetzen. Da aber Kupfer <155> teurer als Eisen, wird das Wertverhältnis zwischen variablem und konstantem Kapital in beiden Fällen verschieden sein und damit auch die Wertzusammensetzung der beiden Gesamtkapitale. Der Unterschied zwischen der technischen Zusammensetzung und der Wertzusammensetzung zeigt sich in jedem Industriezweig darin, daß bei konstanter technischer Zusammensetzung das Wertverhältnis der beiden Kapitalteile wechseln und bei veränderter technischer Zusammensetzung das Wertverhältnis dasselbe bleiben kann; letztres natürlich nur, wenn der Wechsel in dem Verhältnis der angewandten Massen von Produktionsmitteln und Arbeitskraft durch entgegengesetzten Wechsel in ihren Werten ausgeglichen wird.

Die Wertzusammensetzung des Kapitals, insofern sie durch seine technische Zusammensetzung bestimmt wird und diese widerspiegelt, nennen wir die organische Zusammensetzung des Kapitals.(20)

Bei dem variablen Kapital setzen wir also voraus, daß es Index einer bestimmten Menge Arbeitskraft, bestimmter Anzahl Arbeiter oder bestimmter Massen in Bewegung gesetzter lebendiger Arbeit ist. Man hat im vorigen Abschnitt gesehn, daß Wechsel in der Wertgröße des variablen Kapitals möglicherweise nichts darstellt als größern oder geringern Preis derselben Arbeitsmasse; aber hier, wo Mehrwertsrate und Arbeitstag als konstant, der Arbeitslohn für bestimmte Arbeitszeit als gegeben betrachtet wird, fällt dies fort. Dagegen kann ein Unterschied in der Größe des konstanten Kapitals zwar auch Index sein eines Wechsels in der Masse der von einem bestimmten Quantum Arbeitskraft in Bewegung gesetzten Produktionsmittel; aber er kann auch herrühren von dem Unterschied im Wert, den die in Bewegung gesetzten Produktionsmittel in einer Produktionssphäre als unterschieden von der andren haben. Beide Gesichtspunkte kommen daher hier in Erwägung.

Endlich ist folgendes Wesentliche zu bemerken:

Gesetzt, 100 Pfd.St. sei der Wochenlohn von 100 Arbeitern. Gesetzt, die wöchentliche Arbeitszeit sei = 60 Stunden. Gesetzt ferner die Rate des Mehrwerts sei = 100%. In diesem Falle arbeiten die Arbeiter von den 60 Stunden 30 für sich selbst und 30 umsonst für den Kapitalisten. In den 100 Pfd.St. Arbeitslohn sind in der Tat nur 30 Arbeitsstunden der 100 Ar- <156> beiter oder zusammen 3.000 Arbeitsstunden verkörpert, während die andren 3.000 Stunden, die sie arbeiten, verkörpert sind in den 100 Pfd.St. Mehrwert, resp. Profit, den der Kapitalist einsteckt. Obgleich der Arbeitslohn von 100 Pfd.St. daher nicht den Wert ausdrückt, worin sich die Wochenarbeit der 100 Arbeiter vergegenständlicht, so zeigt er doch an (da Länge des Arbeitstags und Rate des Mehrwerts gegeben), daß von diesem Kapital 100 Arbeiter während zusammen 6.000 Arbeitsstunden in Bewegung gesetzt worden sind. Das Kapital von 100 Pfd.St. zeigt dies an, weil es erstens die Anzahl der in Bewegung gesetzten Arbeiter anzeigt, indem 1 Pfd.St. = 1 Arbeiter per Woche, also 100 Pfd.St. = 100 Arbeiter; und zweitens, weil jeder in Bewegung gesetzte Arbeiter, bei der gegebnen Mehrwertsrate von 100%, noch einmal soviel Arbeit verrichtet als in seinem Lohn enthalten ist, also 1 Pfd.St., sein Lohn, der der Ausdruck einer halben Woche Arbeit, eine ganze Woche Arbeit in Bewegung setzt, und ebenso 100 Pfd.St., obgleich sie nur 50 Wochen Arbeit enthalten, 100 Arbeitswochen. Es ist da also ein sehr wesentlicher Unterschied zu machen zwischen dem variablen, in Arbeitslohn ausgelegten Kapital, soweit sein Wert, die Summe der Arbeitslöhne, ein bestimmtes Quantum vergegenständlichter Arbeit darstellt und soweit sein Wert bloßer Index ist der Masse lebendiger Arbeit, die es in Bewegung setzt. Diese letztre ist immer größer als die in ihm enthaltne Arbeit und stellt sich daher auch in einem höhern Wert dar als dem des variablen Kapitals; in einem Wert, der bestimmt ist einerseits durch die Anzahl der vom variablen Kapital in Bewegung gesetzten Arbeiter und andrerseits durch das Quantum Mehrarbeit, das sie verrichten.

Es folgt aus dieser Betrachtungsweise des variablen Kapitals:

Wenn eine Kapitalanlage in der Produktionssphäre A auf je 700 des Gesamtkapitals nur 100 in variablem Kapital verausgabt und 600 in konstantem, während in der Produktionssphäre B 600 in variablem und nur 100 in konstantem verausgabt werden, so wird jenes Gesamtkapital A von 700 nur eine Arbeitskraft von 100 in Bewegung setzen, also unter der frühern Annahme nur 100 Arbeitswochen oder 6.000 Stunden lebendiger Arbeit, während das gleich große Gesamtkapital B 600 Arbeitswochen und daher 36.000 Stunden lebendiger Arbeit in Bewegung setzt. Das Kapital in A würde daher nur 50 Arbeitswochen oder 3.000 Stunden Mehrarbeit aneignen, während das gleich große Kapital in B 300 Arbeitswochen oder 18.000 Stunden. Das variable Kapital ist der Index nicht nur der in ihm selbst enthaltnen Arbeit, sondern, bei gegebner Mehrwertsrate, zugleich der von ihm über dies Maß hinaus in Bewegung gesetzten überschüssigen oder Mehrarbeit. Bei gleichem Exploitationsgrad der Arbeit wäre der <157> Profit im ersten Fall 100/700 = 1/7 = 142/7% und im zweiten = 600/700 = 855/7%, die sechsfache Profitrate. Aber in der Tat wäre in diesem Fall der Profit selbst sechsmal größer, 600 für B gegen 100 für A, weil sechsmal soviel lebendige Arbeit mit demselben Kapital in Bewegung gesetzt, also bei gleichem Exploitationsgrad der Arbeit auch sechsmal soviel Mehrwert, daher sechsmal soviel Profit gemacht wird.

Würden in A nicht 700, sondern 7.000 Pfd.St., in B dagegen nur 700 Pfd.St. Kapital angewandt, so wurde das Kapital A, bei gleichbleibender organischer Zusammensetzung, 1.000 Pfd.St. von den 7.000 Pfd.St. als variables Kapital anwenden, also 1.000 Arbeiter wöchentlich = 60.000 Stunden lebendiger Arbeit, wovon 30.000 Stunden Mehrarbeit. Aber nach wie vor würde A mit je 700 Pfd.St. nur 1/6 soviel lebendige Arbeit und daher auch nur 1/6 soviel Mehrarbeit in Bewegung setzen wie B, also damit auch nur 1/6 soviel Profit produzieren. Wird die Profitrate betrachtet, so ist 1.000/7.000 = 100/700 = 142/7% gegen 600/700 oder 855/7 % des Kapitals B. Gleich große Kapitalbeträge genommen, ist hier die Profitrate verschieden, weil bei gleicher Mehrwertsrate, infolge der verschiednen Massen in Bewegung gesetzter lebendiger Arbeit, die Massen der produzierten Mehrwerte und daher die Profite verschieden sind.

Dasselbe Resultat folgt tatsächlich, wenn die technischen Verhältnisse in der einen Produktionssphäre dieselben sind wie in der andern, aber der Wert der angewandten konstanten Kapitalelemente größer oder kleiner ist. Nehmen wir an, beide wenden 100 Pfd.St. als variables Kapital an und brauchen also 100 Arbeiter wöchentlich, um dasselbe Quantum Maschinerie und Rohstoff in Bewegung zu setzen, aber letztre seien teurer in B als in A. In diesem Falle kämen auf 100 Pfd.St. variables Kapital in A z.B. 200 Pfd.St. konstantes und in B 400. Dann ist bei einer Mehrwertsrate von 100% der produzierte Mehrwert beide mal gleich 100 Pfd.St.; also auch der Profit beidemal gleich 100 Pfd.St. Aber in A 100/200c+100v = 1/3 = 331/3%; dagegen in B 100/400c+100v = 1/5 = 20%. In der Tat, nehmen wir in beiden Fällen einen bestimmten aliquoten Teil des Gesamtkapitals, so bildet in B von je 100 Pfd.St. nur 20 Pfd.St. oder 1/5 variables Kapital, während in A von je 100 Pfd.St. 331/3 Pfd.St. oder 1/3 variables Kapital ist. B produziert auf je 100 Pfd.St. weniger Profit, weil es weniger lebendige Arbeit in Bewegung setzt als A. Die Verschiedenheit der Profitraten löst sich hier also wieder auf in Verschiedenheit der auf je 100 der Kapitalanlagen erzeugten Profitmassen, weil Massen des Mehrwerts.

<158> Der Unterschied dieses zweiten Beispiels vom vorhergehenden ist nur der: Die Ausgleichung zwischen A und B würde im zweiten Fall nur einen Wertwechsel des konstanten Kapitals, sei es von A oder B, bei gleichbleibender technischer Grundlage erfordern; im ersten Fall dagegen ist die technische Zusammensetzung selbst in den beiden Produktionssphären verschieden und müßte zur Ausgleichung umgewälzt werden.

Die verschiedne organische Zusammensetzung der Kapitale ist also unabhängig von ihrer absoluten Größe. Es fragt sich stets nur, wieviel von je 100 variables und wieviel konstantes Kapital ist.

Kapitale von verschiedner Größe prozentig berechnet, oder was hier auf dasselbe herauskommt, Kapitale von gleicher Größe erzeugen also bei gleichem Arbeitstag und gleichem Exploitationsgrad der Arbeit sehr verschiedne Mengen von Profit, weil von Mehrwert, und zwar weil, nach der verschiednen organischen Kapitalzusammensetzung in verschiednen Produktionssphären ihr variabler Teil verschieden ist, also die Quanta der von ihnen in Bewegung gesetzten lebendigen Arbeit verschieden, also auch die Quanta der von ihnen angeeigneten Mehrarbeit, der Substanz des Mehrwerts und daher des Profits. Gleich große Stücke des Gesamtkapitals in den verschiednen Produktionssphären schließen ungleich große Quellen des Mehrwerts ein, und die einzige Quelle des Mehrwerts ist die lebendige Arbeit. Bei gleichem Exploitationsgrad der Arbeit hängt die Masse der von einem Kapital = 100 in Bewegung gesetzten Arbeit, und daher auch der von ihm angeeigneten Mehrarbeit, von der Größe seines variablen Bestandteils ab. Wenn ein Kapital, das prozentig aus 90c +10v besteht, bei gleichem Exploitationsgrad der Arbeit ebensoviel Mehrwert oder Profit erzeugte wie ein Kapital, das aus 10c + 90v besteht, dann wäre es sonnenklar, daß der Mehrwert und daher der Wert überhaupt eine ganz andre Quelle haben müßte als die Arbeit und daß damit jede rationelle Grundlage der politischen Ökonomie wegfiele. Setzen wir fortwährend 1 Pfd.St. gleich dem Wochenlohn eines Arbeiters für 60 Arbeitsstunden und die Mehrwertsrate = 100%, so ist klar, daß das Gesamtwertprodukt, das ein Arbeiter in einer Woche liefern kann = 2 Pfd.St.; 10 Arbeiter könnten also nicht mehr liefern als 20 Pfd.St.; und da von diesen 20 Pfd.St. 10 Pfd.St. den Arbeitslohn ersetzen, so könnten die 10 keinen größern Mehrwert schaffen als 10 Pfd.St.; während die 90, deren Gesamtprodukt = 180 Pfd.St., und deren Arbeitslohn = 90 Pfd.St., einen Mehrwert von 90 Pfd.St. schüfen. Die Profitrate wäre also im einen Fall 10%, im andern 90%. Sollte es anders sein, so müßten Wert und Mehrwert etwas andres sein als vergegenständlichte Arbeit. Da also Kapitale in verschiednen Produktionssphären, pro- <159> zentig betrachtet - oder gleich große Kapitale -, sich ungleich einteilen in konstantes und variables Element, ungleich viel lebendige Arbeit in Bewegung setzen und daher ungleich viel Mehrwert, also Profit erzeugen, so ist die Rate des Profits, die eben in der prozentigen Berechnung des Mehrwerts auf das Gesamtkapital besteht, in ihnen verschieden.

Wenn aber die Kapitale verschiedner Produktionssphären, prozentig berechnet, also gleich große Kapitale in verschiednen Produktionssphären ungleiche Profite erzeugen, infolge ihrer verschiednen organischen Zusammensetzung, so folgt, daß die Profite ungleicher Kapitale in verschiednen Produktionssphären nicht im Verhältnis zu ihren respektiven Größen stehn können, daß also die Profite in verschiednen Produktionssphären nicht den Größen der respektive in ihnen angewandten Kapitale proportional sind. Denn solches Wachsen des Profits pro rata der Größe des angewandten Kapitals würde unterstellen, daß prozentig betrachtet die Profite gleich sind, daß also gleich große Kapitale in verschiednen Produktionssphären gleiche Profitraten haben, trotz ihrer verschiednen organischen Zusammensetzung. Nur innerhalb derselben Produktionssphäre, wo also die organische Zusammensetzung des Kapitals gegeben ist, oder zwischen verschiednen Produktionssphären von gleicher organischer Zusammensetzung des Kapitals, stehn die Massen der Profite in geradem Verhältnis zur Masse der angewandten Kapitale. Daß die Profite ungleich großer Kapitale im Verhältnis ihrer Größen sind, heißt überhaupt nichts, als daß gleich große Kapitale gleich große Profite abwerfen oder daß die Profitrate für alle Kapitale gleich ist, welches immer ihre Größe und ihre organische Zusammensetzung.

Es findet das Entwickelte statt unter der Voraussetzung, daß die Waren zu ihren Werten verkauft werden. Der Wert einer Ware ist gleich dem Wert des in ihr enthaltnen konstanten Kapitals, plus dem Wert des in ihr reproduzierten variablen Kapitals, plus dem Inkrement dieses variablen Kapitals, dem produzierten Mehrwert. Bei gleicher Rate des Mehrwerts hängt seine Masse offenbar ab von der Masse des variablen Kapitals. Der Wert des Produkts des Kapitals von 100 ist in dem einen Fall 90c + 10v + 10m = 110; im andern Fall 10c + 90v + 90m = 190. Werden die Waren zu ihren Werten verkauft, so das erste Produkt zu 110, wovon 10 Mehrwert oder unbezahlte Arbeit darstellt; das zweite Produkt dagegen zu 190, wovon 90 Mehrwert oder unbezahlte Arbeit.

Es ist dies namentlich wichtig, wenn nationale <1. Auflage: internationale> Profitraten miteinander <160> verglichen werden. In einem europäischen Land sei die Rate des Mehrwerts 100%, d.h., der Arbeiter arbeite den halben Tag für sich und den halben Tag für seinen Beschäftiger; in einem asiatischen Land sei sie = 25%, d.h., der Arbeiter arbeite 4/5 des Tages für sich und 1/5 für seinen Beschäftiger. In dem europäischen Land aber sei die Zusammensetzung des nationalen Kapitals 84c + 16v, und im asiatischen Land, wo wenig Maschinerie etc. angewandt und in einer gegebnen Zeit von einer gegebnen Menge Arbeitskraft relativ wenig Rohmaterial produktiv konsumiert wird, sei die Zusammensetzung 16c + 84v. Wir haben dann folgende Rechnung:

Im europäischen Land Produktwert = 84c + 16v + 16m = 116; Profitrate 16/100 = 16%.

Im asiatischen Land Produktwert = 16c + 84v + 21m = 121; Profitrate = 21/100 = 21%.

Die Profitrate ist also im asiatischen Land um mehr als 25% größer als im europäischen, obgleich die Mehrwertsrate in jenem viermal kleiner ist als in diesem. Die Careys, Bastiats und tutti quanti werden gerade auf das Umgekehrte schließen.

Dies beiläufig; verschiedne nationale Profitraten werden meist auf verschiednen nationalen Mehrwertsraten beruhen; wir vergleichen aber in diesem Kapitel ungleiche Profitraten, die aus einer und derselben Mehrwertsrate entspringen.

Außer der verschiednen organischen Zusammensetzung der Kapitale, also außer den verschiednen Massen von Arbeit und damit auch, bei sonst gleichen Umständen, von Mehrarbeit, die Kapitale von gleicher Größe in verschiednen Produktionssphären in Bewegung setzen, besteht noch eine andre Quelle der Ungleichheit der Profitraten: die Verschiedenheit in der Länge des Umschlags des Kapitals in den verschiednen Produktionssphären Wir haben im IV. Kapitel gesehn, daß bei gleicher Zusammensetzung der Kapitale und bei sonst gleichen Umständen die Profitraten sich umgekehrt verhalten wie die Umschlagszeiten, und ebenso, daß dasselbe variable Kapital, wenn es in verschiednen Zeiträumen umschlägt, ungleiche Massen von jährlichem Mehrwert zuwege bringt. Die Verschiedenheit der Umschlagszeiten ist also ein andrer Grund, warum gleich große Kapitale in verschiednen Produktionssphären nicht gleich große Profite in gleichen Zeiträumen produzieren und warum daher die Profitraten in diesen verschiednen Sphären verschieden sind.

Was dagegen das Verhältnis der Zusammensetzung der Kapitale aus fixem und zirkulierendem Kapital betrifft, so affiziert es, an und für sich betrachtet, die Profitrate durchaus nicht. Es kann sie nur affizieren, <161> wenn entweder diese verschiedne Zusammensetzung zusammenfällt mit verschiednem Verhältnis zwischen dem variablen und konstanten Teil, wo also diesem Unterschied, und nicht dem von zirkulierendem und fixem, die Verschiedenheit der Profitrate geschuldet ist; oder wenn das verschiedne Verhältnis zwischen fixen und zirkulierenden Bestandteilen eine Verschiedenheit bedingt in der Umschlagszeit, während welcher ein bestimmter Profit realisiert wird. Wenn Kapitale in verschiedner Proportion in fixes und zirkulierendes zerfallen, wird dies zwar stets Einfluß auf ihre Umschlagszeit haben und eine Verschiedenheit derselben hervorrufen; es folgt daraus aber nicht, daß die Umschlagszeit, worin dieselben Kapitale Profit realisieren, verschieden ist. Ob A z.B. beständig einen größern Teil des Produkts in Rohstoff etc. umsetzen muß, während B für längre Zeit dieselben Maschinen etc. bei weniger Rohstoff braucht, beide haben, soweit sie produzieren, stets einen Teil ihres Kapitals engagiert; der eine in Rohstoff, also zirkulierendem Kapital, der andre in Maschinen etc., also in fixern Kapital. A verwandelt beständig einen Teil seines Kapitals aus Warenform in Geldform und aus dieser zurück in die Form des Rohstoffs; während B einen Teil seines Kapitals ohne solche Veränderung für längren Zeitraum als Arbeitsinstrument benutzt. Wenn beide gleich viel Arbeit anwenden, so werden sie im Lauf des Jahrs zwar Produktenmassen von ungleichem Wert verkaufen, aber beide Produktenmassen werden gleich viel Mehrwert enthalten, und ihre Profitraten, die auf das gesamte vorgeschoßne Kapital berechnet werden, sind dieselben, obgleich ihre Zusammensetzung aus fixem und zirkulierendem Kapital und ebenso ihre Umschlagszeit verschieden ist. Beide Kapitale realisieren in gleichen Zeiten gleiche Profite, obgleich sie in verschiednen Zeiten umschlagen.(21) Die Verschiedenheit der Umschlagszeit hat an und für sich nur Bedeutung, soweit sie die Masse der Mehrarbeit affiziert, die von demselben Kapital in einer gegebnen Zeit <162> angeeignet und realisiert werden kann. Wenn also eine ungleiche Zusammensetzung aus zirkulierendem und fixem Kapital nicht notwendig eine Ungleichheit der Umschlagszeit einschließt, die ihrerseits Ungleichheit der Profitrate bedingt, so ist klar, daß, soweit letztre stattfindet, dies nicht aus der ungleichen Zusammensetzung von zirkulierendem und fixem Kapital an sich herrührt, sondern vielmehr daraus, daß diese letztre hier nur eine die Profitrate affizierende Ungleichheit der Umschlagszeiten anzeigt.

Die verschiedne Zusammensetzung des konstanten Kapitals aus zirkulierendem und fixem in verschiednen Industriezweigen hat an sich also keine Bedeutung für die Profitrate, da das Verhältnis des variablen Kapitals zum konstanten entscheidet und der Wert des konstanten Kapitals, also auch seine relative Größe im Verhältnis zum variablen, durchaus unabhängig ist von dem fixen oder zirkulierenden Charakter seiner Bestandteile. Wohl aber wird sich finden - und dies leitet mit zu falschen Schlüssen -, daß da, wo das fixe Kapital bedeutend entwickelt, dies nur Ausdruck davon ist, daß die Produktion auf großer Stufenleiter betrieben wird und daher das konstante Kapital sehr überwiegt über das variable, oder daß die angewandte lebendige Arbeitskraft gering ist im Verhältnis zur Masse der von ihr in Bewegung gesetzten Produktionsmittel.

Wir haben also gezeigt: daß in verschiednen Industriezweigen, entsprechend der verschiednen organischen Zusammensetzung der Kapitale, und innerhalb der angegebnen Grenzen auch entsprechend ihren verschiednen Umschlagszeiten, ungleiche Profitraten herrschen und daß daher auch bei gleicher Mehrwertsrate nur für Kapitale von gleicher organischer Zusammensetzung - gleiche Umschlagszeiten vorausgesetzt - das Gesetz (der allgemeinen Tendenz nach) gilt, daß die Profite sich verhalten wie die Größen der Kapitale und daher gleich große Kapitale in gleichen Zeiträumen gleich große Profite abwerfen. Das Entwickelte gilt auf der Basis, welche überhaupt bisher die Basis unsrer Entwicklung war: daß die Waren zu ihren Werten verkauft werden. Andrerseits unterliegt es keinem Zweifel, daß in der Wirklichkeit, von unwesentlichen, zufälligen und sich ausgleichenden Unterschieden abgesehn, die Verschiedenheit der durchschnittlichen Profitraten für die verschiednen Industriezweige nicht existiert und nicht existieren könnte, ohne das ganze System der kapitalistischen Produktion aufzuheben. Es scheint also, daß die Werttheorie hier unvereinbar ist mit der wirklichen Bewegung, unvereinbar mit den tatsächlichen Erscheinungen der Produktion und daß daher überhaupt darauf verzichtet werden muß, die letztren zu begreifen.

<163> Aus dem ersten Abschnitt dieses Buchs ergibt sich, daß die Kostpreise dieselben sind für Produkte verschiedner Produktionssphären, in deren Produktion gleich große Kapitalteile vorgeschossen sind, wie verschieden immer die organische Zusammensetzung dieser Kapitale sein möge. Im Kostpreis fällt der Unterschied von variablem und konstantem Kapital für den Kapitalisten fort. Ihm kostet eine Ware, zu deren Produktion er 100 Pfd. St. auslegen muß, gleich viel, lege er nun 90c + 10v oder 10c + 90v aus. Sie kostet ihm stets 100 Pfd. St., weder mehr noch weniger. Die Kostpreise sind dieselben für gleich große Kapitalauslagen in verschiednen Sphären, so sehr auch die produzierten Werte und Mehrwerte verschieden sein mögen. Diese Gleichheit der Kostpreise bildet die Basis der Konkurrenz der Kapitalanlagen, wodurch der Durchschnittsprofit hergestellt wird.


Fußnoten

(20) Das Obige findet sich schon kurz entwickelt in der dritten Auflage des ersten Buchs, S.628, am Anfang von Kapitel XXIII <Siehe Band 23, S. 640>. Da die beiden ersten Auflagen jene Stelle nicht enthalten, war ihre Wiederholung hier um so mehr geboten. - F. E. <=

(21) {Wie aus Kap. IV folgt, ist das Obige nur richtig für den Fall, daß die Kapitale A und B verschiedne Wertzusammensetzung haben, daß aber ihre prozentigen variablen Bestandteile sich verhalten wie ihre Umschlagszeiten, resp. umgekehrt wie ihre Umschlagszahlen. Kapital A sei prozentig zusammengesetzt aus 20c fix + 70c zirkulierend, also 90c + 10v = 100. Bei einer Mehrwertsrate von 100% erzeugen die 10v in einem Umschlag 10m, Profitrate für den Umschlag 10%. Kapital B dagegen sei = 60c fix + 20c zirkulierend, also 80c + 20m = 100. Die 20v erzeugen bei einem Umschlag bei obiger Mehrwertsrate 20m, Profitrate für den Umschlag 20%, also die doppelte gegen A. Schlägt aber A zweimal um in einem Jahr und B nur einmal, so ergibt es für das Jahr ebenfalls 2 * 10 = 20m, und die Jahresprofitrate ist bei beiden gleich, nämlich 20%.- F. E.} <=